Das Geburtstagsgeschenk
davon versprach, hätte ich nicht sagen können, ich hatte einfach das Gefühl, dass ich mit ihm sprechen musste. Das Adrenalin jagte durch meine Adern, wie es so schön heißt, für mich ein seltenes Gefühl.
Ich dachte nicht groß darüber nach, warum die Presse vor Gerrys Haus abgezogen war. Weil ich von diesen Dingen nicht viel verstehe, glaubte ich, sie hätten aufgegeben, weil es spät war, ein Samstagabend, und sie nichts Neues erfahren hatten. In meiner Wohnung machte ich sofort den Fernseher an und kriegte noch das Ende der Nachrichten mit – zwei Minuten über den Unfall, die Entführung und den ernsten Zustand von Dermot Lynch. Sie zeigten ein Bild von Gerry vor der Haustür mit einem heulenden Justin auf dem Arm und eins von mir, wie ich mit dem Tuch vor dem Gesicht zum Haus renne.
Das Telefon läutete zweimal innerhalb von zehn Minuten. Ich ging nicht hin, vermutlich war es Mummy. Das ist auch so eine Vorahnung – ich weiß immer, wann es Mummy ist. Sie hinterließ keine Nachricht – klar, sie wollte mich persönlich sprechen und stundenlang über die Entführung reden, und das konnte sie nur, wenn das Gespräch auf ihre Kosten ging. Nachdem ich mir ein Glas Wein eingeschenkt und etwa ein Drittel getrunken hatte, nahm ich mir das Telefonbuch vor und suchte ohne viel Hoffnung nach Ivor Tesham. Er wird eine Geheimnummer haben, dachte ich, aber da war er schon: I. H. Tesham, 140b Old Pye Street, SWI.
Das war schnell gegangen. Bis ich mich dazu durchrang, tatsächlich anzurufen, dauerte es länger. Das Adrenalin war wieder dahin verschwunden, wo es hergekommen war, also trank ich noch einen Schluck Wein, holte tief Luft und wählte. Wahrscheinlich ist er gar nicht zu Hause, sagte ich mir, es war schließlich Samstagabend. Ich würde eine Nachricht hinterlassen, und er würde anstandshalber irgendwann zurückrufen. Er meldete sich sofort.
Nicht mit seiner Nummer oder seinem Namen, nicht mit »Hallo!«, sondern mit einem coolen »Ja?«.
Ich holte noch mal tief Luft. »Mr. Tesham, mein Name ist Jane Atherton. Hebe war meine Freundin. Ich war den ganzen Tag mit ihrem Mann zusammen. Jetzt bin ich zu Hause und … Sie haben doch veranlasst, dass Hebe gestern Abend abgeholt wird, nicht? Da habe ich gedacht, dass Sie vielleicht das eine oder andere wissen möchten.«
Stille. So lange, dass ich schon dachte, Hebe hätte sich die ganze Geschichte nur ausgedacht. Sie hat sich ständig so Sachen zusammengesponnen. Vielleicht hatte sie einen anderen Liebhaber, einen ganz gewöhnlichen Typen, und hatte mir nur weisgemacht, sie wäre mit diesem Parlamentarier zusammen, damit ich grün vor Neid werde. Die Perlen waren falsch, die Kette hatte sie aus einem Kaufhaus.
»Mr. Tesham?«
Endlich! »Dann waren Sie ihr Alibi?«
»Ja.«
»Mir fehlen die Worte, und das passiert mir selten.«
»Ich will Sie nicht beunruhigen.« Ich dachte an das Mitleid, von dem Mrs. Furnal gesprochen hatte. Von allein kommt das bei mir nicht.
Er lachte. Es klang nicht heiter. »Was gedenken Sie zu unternehmen?«
»Ich – ich verstehe nicht recht …“
»Nein? Dann will ich deutlicher werden. Haben Sie Informationen, die Sie an die – äh – Behörden weitergeben möchten? Oder an Mr. Furnal? Vielleicht sind Sie so freundlich, mich dahin gehend aufzuklären.«
Ich tappte völlig im Dunkeln. Glaubte er, dass ich ihm drohte? Meine Aufregung war mit einem Schlag weg, und die Tränen, die nicht kommen wollten, als Gerry geweint hatte, brannten mir jetzt unter den Lidern. Ein kalter Tropfen rollte mir über die Wange. Wenn es um mich ging, konnte ich weinen.
»Ich werde niemandem was sagen«, beteuerte ich. »Ich wüsste auch nicht, wem und was. Ich weiß nur, dass Sie gestern Abend einen Wagen losgeschickt haben, der Hebe aufgreifen sollte.«
»Ich glaube, da haben Sie was durcheinandergebracht, Miss Atherton. Mit dem Wagen, der gestern Abend Hebe aufgegriffen hat, wie Sie sagen, hatte ich nichts zu tun. Die beiden Männer, die in jenem Wagen saßen, wollten sie entführen. Sehen Sie jetzt klarer?«
Damit hatte er mich gründlich verunsichert, aber gut aussehende, weitläufige Männer verunsichern mich sowieso, auch wenn ich sie nur am Telefon höre. »Ja, danke«, sagte ich. »Entschuldigen Sie bitte.«
Und dann fing ich ernstlich an zu weinen, ich schluchzte, dass es mich schüttelte. Ich hatte mich lächerlich gemacht. Von dem Hoch, auf dem ich den ganzen Tag geschwebt hatte, war ich innerhalb der drei Minuten in ein Tief
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