Das Geburtstagsgeschenk
Gespräche führen, und Gerry würde mit seinem Sohn reden können, denn deshalb lässt er ihn ja angeblich abends länger aufbleiben. Notfalls könnten wir sogar Radio hören. Aber es kam anders. Der Mann vom Fernsehservice sagte, er müsse den Kasten mitnehmen, und die Reparatur werde mindestens eine Woche dauern. Das war der reinste Weltuntergang! Dann müssten wir eben das Schwarzweißgerät aus der Küche holen, sagte Gerry. Dass ich dann keinen Fernseher mehr habe, auf dem ich mir tagsüber was ansehen oder auf den ich abends ausweichen kann, war ihm egal.
Warum ich ihnen dann dieses Angebot gemacht habe, weiß ich nicht. Das heißt, ich weiß es schon, ich weiß es nur zu gut. So bin ich eben. Um es rundheraus und schonungslos zu sagen: Ich will, dass die beiden mich lieben oder dass sie mich wenigstens mögen, denn mehr kann ich sowieso nicht erwarten. Es hat nicht sollen sein. Kein Wunder, wenn Gerry seinem Sohn ständig von seiner Mutter vorschwärmt, ihm Fotos von ihr zeigt und ihm rührselig vorgaukelt, dass sie im Himmel ist, ihn liebt und über ihn wacht. Die Hoffnung, dass Gerry sich mal in mich verlieben könnte, habe ich längst aufgegeben, aber ich hatte zumindest auf ein bisschen Nettigkeit gehofft, dass er mir gesagt hätte, wie unentbehrlich ich bin. Eben weil ich mir so sehr wünschte, dass sie mich gern haben, war ich so blöd, ihnen meinen Fernseher anzubieten.
Der stand in meiner Wohnung, in dem großen Schrank, in dem auch der Koffer mit Hebes Zeug liegt, denn Pandora hat sich ein schickes neues Gerät angeschafft, das hatte ich gesehen, als ich zum ersten und einzigen Mal wieder in der Wohnung war, um ein Buch von mir zu holen.
So hatte ich Gerry noch nie erlebt: Dieses strahlende Lächeln – danach habe ich mich gesehnt, seit ich ihn kenne. Wir standen im Wohnzimmer vor dem kaputten Teil und warteten auf den Fernsehtechniker, da nahm Gerry meine Hände, alle beide, und sagte, wie dankbar er sei, ja geradezu überwältigt von meiner Hilfsbereitschaft.
Das nächste Problem war, den Kasten zu Gerry zu schaffen. Er würde mir helfen müssen, ihn aus dem Kofferraum ins Haus zu tragen, sagte ich, vorher würde ich aber Pandora anrufen und mich anmelden. Wenn ich sie anrufe, was selten genug vorkommt, ist sie fast nie da, und ich muss was auf ihren Anrufbeantworter sprechen. Diesmal war sie gleich dran.
»Geht in Ordnung«, säuselte sie, »ich bring ihn bei euch vorbei. Bin sowieso in der Gegend. Irving Road, nicht? Ich hab eine Freundin in der Herbert Road, die ich sowieso mal besuchen wollte. Michael kann mir helfen, ihn in den Wagen zu stellen.«
Michael ist der Mann, der mir nach Weihnachten wegen der Sachen in dem Müllbeutel so dumm gekommen war. Ich hatte seither kein Wort mehr mit ihm gewechselt und wollte ihn nicht im Haus haben und Pandora eigentlich auch nicht. Nach meinen Erfahrungen erwarten Leute, die ins Haus kommen – selbst wenn sie nur was holen oder bringen –, immer ein kaltes Getränk, einen Tee oder sogar was zu essen. Wenn Grania und Lucy nach der Arbeit oder an einem Samstagnachmittag »mal eben vorbeischauen«, heißt es: »Ich bin halb verdurstet« oder »Mir klebt die Zunge am Gaumen«, und ich muss springen. An jenem Samstag aber goss es in Strömen, und ich war froh, dass ich mich nicht nach Kilburn quälen und mich nass regnen lassen musste, um den schweren Kasten ins Auto zu bugsieren.
Kurz vor Pandora kreuzte Wendy auf. Ich weiß wirklich nicht, warum sie kommen und was sie sich davon versprechen. Sie bringen nichts mit, sie tun nichts und erzählen nur langweiliges Zeug. Das heißt, natürlich weiß ich, warum sie kommen. Sie sind hinter Gerry her. Er ist jung, sieht ganz gut aus, ist wieder zu haben und verdient ganz ordentlich, auch wenn er ziemlich geizig ist, da bilden die sich wohl ein, sie könnten ihn sich schnappen. Ich glaube ja nicht, dass sie große Chancen haben, da wären eine Zeit lang sogar meine Chancen noch besser gewesen. Er ist so ein Trottel, dass er die nächsten zwanzig Jahre Hebes Erinnerung treu bleiben wird. Eigentlich müsste ihnen klar sein, dass es reine Zeitverschwendung ist, mit Justin herumzuschmusen und ihm Geschenke mitzubringen.
Wendy hatte ein Kleid an, das aussah wie eine Schulmädchenuniform, und die Haare zu Zöpfen geflochten, dabei ist sie für so was gute zehn Jahre zu alt. »Ich hatte mittags keine Zeit zum Essen«, meinte sie, »und jetzt habe ich einen Mordshunger.«
Gerry tat ein paar Reste von unserem
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