Das Geburtstagsgeschenk
Essen auf einen Teller und sagte zu mir, ob ich wohl »so nett wäre«, ihr eine Tasse Tee zu machen. Sie hatte sich gerade an den Küchentisch gesetzt, um den Tee zu trinken, da kam Pandora. Sie ist, wie gesagt, der gleiche Typ wie Hebe, groß, schlank, langes blondes Haar, ist ihr aber sonst, finde ich, überhaupt nicht ähnlich. Sie hat diese komisch belegte Stimme, als wenn sie eine Halsentzündung hätte, und Hebe hat immer laut und deutlich gesprochen. Aber als sie das Haus betrat, passierte etwas Komisches. Es war ein trüber Tag, und in der Diele brannte kein Licht. Justin kam aus der Küche, wo er bei Wendy gesessen und Saft getrunken hatte, um ein Spielzeug zu holen, das er ihr zeigen wollte, und als er Pandora sah, blieb er stehen und starrte sie an. Er sperrte den Mund auf, und dann ging ein Ausdruck der Enttäuschung, ja der Trostlosigkeit über sein Gesicht, der aus dem Vierjährigen einen kleinen alten Mann machte. Es war ganz spannend anzusehen. Dann drehte er sich um und lief ins Wohnzimmer zu Gerry, und ich hörte ihn schluchzen.
»Was ist denn?«, fragte Pandora. »Hab ich was falsch gemacht?«
»Keine Ahnung.«
Ich hütete mich, ihr zu sagen, dass Justin einen Augenblick gedacht hatte, seine Mutter sei wieder da. Ich knipste das Licht an, ging mit Pandora ins Wohnzimmer und machte sie mit Gerry bekannt. Er hatte Justin im Arm, der immer noch heulte und sich an ihn klammerte, so dass er nicht aufstehen und ihr die Hand geben konnte, aber er sagte hallo und bedankte sich dafür, dass sie den Fernseher gebracht hatte. Ich hatte fast damit gerechnet, dass er so reagieren würde wie Justin, aber ihm schien die Ähnlichkeit nicht aufzufallen. Weil er Justin nicht allein lassen konnte, gingen Pandora und ich den Fernseher holen, und Wendy kam mit, war aber nur im Weg.
Nachdem wir den Fernseher angeschlossen hatten, musste ich natürlich noch mal Tee machen, und Wendy entdeckte eine Dose Kuchen, der eigentlich für den nächsten Tag gedacht war, weil da Gerrys Mutter kommen wollte, aber es ist sinnlos, was zu sagen, sie tut, als wäre sie hier zu Hause. Justin hatte sich beruhigt und reagierte auf Pandora jetzt wieder wie auf alle anderen, er fremdelte ein bisschen, antwortete stockend, wenn sie ihn ansprach, und lief ein-, zweimal zu seinem Vater und versteckte sein Gesicht an dessen Knie. Gerry und Pandora verstanden sich auf Anhieb, ihr Gespräch drehte sich ausschließlich um Hebe und den schrecklichen Verlust, den ihr Tod für ihn bedeutete. Pandora hatte noch nie von Hebe gehört, aber sie machte ständig beipflichtende Geräusche, was Wendy sichtlich ärgerte.
Als die beiden weg waren, fragte Gerry, warum ich ihm nie von dieser netten Freundin erzählt hätte.
»Sie ist nicht meine Freundin«, sagte ich. »Sie hat meine Wohnung gemietet.«
Er blieb beim Thema. Sie sei doch wirklich sehr sympathisch und so was von hilfsbereit, er konnte sich gar nicht mehr einkriegen. Man hätte denken können, es wäre ihr Fernseher und nicht meiner. »Ein bisschen hat sie mich an Hebe erinnert«, sagte er.
»Ach ja? Kann ich nicht finden.«
Justin kann – genau wie Hebe, wenn sie ihren Willen nicht durchsetzen konnte – sehr grantig werden. Dass ich das, was ich ihm an Liebe gab, nie zurückbekommen würde, das war mir mittlerweile klar. Trotzdem hatte mich nichts auf den Wutanfall vorbereitet, einen richtigen Koller, den er sich an jenem Abend leistete. Er schrie und brüllte aus Leibeskräften und warf sich im Bett herum. Ihm was auf den Hintern zu geben hätte wohl geholfen, so hätte Mummy es gemacht, aber ich konnte schon die Vorwürfe hören, die Gerry mir machen würde, und seine Drohung, mich rauszuschmeißen, dabei findet er eine wie mich so schnell nicht wieder. Also schloss ich Justin nur in seinem Zimmer ein und ließ ihn toben. Wie ich mir jemals hatte einbilden können, ich könnte ihn mal lieb gewinnen, ist mir schleierhaft.
Gerry war ausgegangen. Nach all dem Gerede, dass er den Fernseher brauchte, dass nur dieser Kasten ihn von seinen Erinnerungen ablenkt, hatte er ihn prompt stehen lassen, und war losgegangen, um auf irgendeiner Wohltätigkeitsversammlung eine Rede zu schwingen. Es war recht angenehm, das Haus für mich zu haben. Ich holte mir mein Album und blätterte es durch, von dem ersten Tesham-Foto auf Sandy Caxtons Beerdigung bis zu dem neuesten, auf dem »unser Held« (so nenne ich ihn bei mir) einem Oberleutnant der Luftwaffe irgendeinen Orden verleiht.
Justin war offenbar
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