Das Geburtstagsgeschenk
Bekanntenkreis hätte! Sie ist also schwanger. Da hat sie es aber eilig gehabt. Vier Schlafzimmer, sieh mal einer an. Er muss gut verdienen. Das waren so die Gedanken, die mir beim Lesen durch den Kopf schossen, aber dann konzentrierte ich mich auf das, was sie mir beigelegt hatte, und auf ihre Bitte. »Checken« … »Get-together …“ – na danke!
Der Zeitungsausschnitt mit dem Foto von Ivor Tesham in der Plastikhülle, den ich in der bewussten Schublade in Hebes Schlafzimmer gefunden und offenbar irgendwo hatte herumliegen lassen, war mir völlig entfallen – kein Wunder nach dem, was die beiden mir angetan hatten. Jetzt sah ich ihn mir noch mal ganz genau an. Tesham stand vor einem Mikrofon und reckte eine Faust in die Luft, 1988 war das gewesen, als er bei der Nachwahl den Sitz für Morningford gewonnen hatte. Zum ersten Mal drehte ich den Ausschnitt um. Am oberen Rand stand nicht in meiner, sondern in Hebes Schrift: Muss ihn beim nächsten Mal um ein richtiges Foto bitten.
Mein erster Gedanke war, auf den Brief nicht zu antworten oder aber Pandora die Meinung zu sagen. Das neue Farbband ist in Ordnung, aber lange wird es nicht mehr dauern, bis die Schreibmaschine ihren Geist aufgibt. Antworten oder nicht antworten? Ich war neugierig, ich wollte wissen, was sie mit mir checken wollte. Hatte es etwas mit dem zu tun, was Hebe auf den Zeitungsausschnitt geschrieben hatte? Aber sie dachte, es wäre meine Schrift. Hätte Gerry die Schrift auf dem Ausschnitt gesehen, hätte er sie sofort erkannt. So wie es aussah, hatte sie ihm nichts erzählt. Anrufen konnte ich sie nicht, sie hatte keine Telefonnummer angegeben, und im Telefonbuch standen sie sicher noch nicht unter der neuen Adresse. Also schrieb ich ihr einen Brief und lud sie zum Tee ein. Ich hatte mich für den 14. Mai entschieden, kurz vor Hebes viertem Todestag. Auf einen Tee, nichts Alkoholisches, und zu einer Zeit, wo Gerry und Justin nicht zu Hause waren. Ich ahnte schon, dass Gerry nichts von unserer Verabredung wissen sollte, und das hat sich dann auch bestätigt.
Sie war im sechsten Monat, aber schon enorm dick. Ich finde ja, dass Frauen in der Schwangerschaft weite Sachen tragen sollten, aber Pandoras Bluse oder Tunika oder wie immer man das Teil nennen wollte, spannte über dem riesigen Bauch, und der Nabel drückte sich durch. Ich brachte Tee und Kekse, über die sie gierig herfiel.
»Ich habe immer Hunger«, sagte sie. »Ich esse für zwei.«
Ich lächelte höflich.
»Hoffentlich hast du dir meinetwegen nicht freigenommen«, fuhr sie fort. »Ich hatte schon Angst, du würdest das Wochenende vorschlagen, da wäre es schwieriger geworden.«
Nur keinen falschen Stolz, sagte ich mir. »Ich brauchte mir nicht freizunehmen. Nachdem dein Mann mich abserviert hat, habe ich keinen Job mehr gefunden. Wenn meine Mutter mir nicht unter die Arme greifen würde, hätte ich kein Dach über dem Kopf.«
»Das tut mir aber leid«, sagte sie verlegen. »Bestimmt ergibt sich bald was, du bist doch so gescheit.«
Ich schwieg. Die Pause dehnte sich. »Weswegen wolltest du mich sprechen?«, fragte ich schließlich.
Sie wurde ein bisschen lockerer. »Das ist eine komische Geschichte. Als wir umgezogen sind, bin ich durchs ganze Haus gegangen und habe sortiert, was wir behalten wollten und was entsorgt werden konnte, und – ja, da habe ich in unserem Schlafzimmer etwas ziemlich Merkwürdiges entdeckt.«
Ich habe was übersehen, dachte ich. Nicht nur Teshams Foto. Eine paillettenbesetzte Maske vielleicht oder ein schwarzes Spitzenkorsett. Aber nein:
»In einer Schachtel war eine Perlenkette, ich hatte sie schon mal beim Aufräumen gesehen, aber nicht weiter beachtet. Diesmal habe ich sie mir genauer angeschaut. Es seien Hebes Perlen gewesen, hat Gerry gesagt, sie habe sich die Kette selbst gekauft, bei Woolworth, Marks and Spencer oder so. Aber das kann nicht sein, Jane. Die Perlen sind nicht aus dem Kaufhaus, sie sind sehr wertvoll.«
Ich musste mich zusammennehmen, um nicht laut herauszulachen. Woher sie das wisse, fragte ich.
»Ich habe mal für eine Firma gearbeitet, die mit Perlen handelt.«
»Ich dachte, du hättest mal in der Werbung gearbeitet.«
»Ja, aber davor, mit Anfang zwanzig, war ich bei dieser Perlenfirma. Ich habe nie Perlen bewertet, war keine Fachfrau im engeren Sinne, aber ein bisschen was verstehe ich schon davon. Ich kann eine Woolworth-Kette von einer aus der Bond Street unterscheiden. Diese Perlen sind groß und ebenmäßig, die
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