Das gefallene Imperium 1: Die letzte Bastion (German Edition)
werden.
Vincent hätte sich selbst in den Hintern beißen können. Er galt innerhalb der Legion und des Feuertrupps Schneller Tod noch immer als Frischling – und das mit Recht.
Während des Kampfs in der Kommandozentrale war er nicht auf dem blutbesudelten Boden ausgerutscht. Er hatte versucht, sich das selbst einzureden.
Ohne Erfolg.
Er war über seine eigenen Füße gestolpert, als dieser Drizil ihn angriff, und er war sich sicher, dass Edgar es bemerkt hatte. Vincent verfluchte seine Tollpatschigkeit. Sein Leben lang hatte er sich nichts sehnlicher gewünscht, als Teil der 18. Legion zu sein, doch seit sich sein Traum erfüllt hatte, zweifelte er daran, dass er tatsächlich am richtigen Platz war.
Sobald er in die Gesichter seiner Teamkameraden sah, bemerkte er in deren Augen Spiegelbilder der eigenen Zweifel. Und sie hatten recht, ihm zu misstrauen. Der Kampf in der Kommandozentrale hatte es wieder einmal gezeigt.
Er war über seine Füße gestolpert, um Himmels willen! Wie lächerlich war das denn? So etwas erwartete man von grünen Rekruten der Miliz, nicht von einem gut ausgebildeten Legionär.
Mit knappen, wütenden Handbewegungen nahm er sein Nadelgewehr auseinander, um eine Fehlfunktion in der Munitionszuführung zu beheben. Als er die Waffe in seine Einzelteile zerlegt hatte, sah er das Problem.
Eines der Projektile war nicht sauber aus dem Magazin in den Lauf transportiert worden und hatte sich verklemmt. Mit derben Flüchen auf den Lippen bemühte er sich, das störrische Projektil zu entfernen. Ohne Erfolg.
»Probier’s mal damit«, sagte plötzlich eine über ihm aufragende Person. Vincent blinzelte im hellen Sonnenlicht und erkannte Becky, die ihm eines ihrer Kampfmesser hinhielt.
Peinlich berührt warf er einen Blick auf seinen Waffengürtel, der unberührt neben ihm lag und in dem seine eigenen Messer steckten. Darauf hätte er eigentlich selbst kommen können. Er konnte das angebotene Messer jedoch nicht mehr ablehnen, ohne dass es jetzt noch peinlicher für ihn werden würde. Mit einem gemurmelten »Danke« nahm er es an.
Becky setzte sich neben ihn, während er sein auseinandergenommenes Gewehr bearbeitete.
Sie saßen eine Weile schweigend nebeneinander. Becky starrte in den Himmel und Vincent arbeitete weiter, während er vorgab, nicht zu bemerken, welche Wirkung ihre Nähe auf ihn ausübte. Sie roch nach einer Mischung aus Schweiß, Waffenöl und Erde, doch das spielte keine Rolle. Ihr Duft brachte sein Blut in Wallung. Als hätte er nicht schon genug Probleme.
Vincent dachte schon, sie würde gar nichts sagen oder auch einfach aufstehen und wieder gehen, doch stattdessen entschied sie sich, ein Gespräch zu eröffnen.
»Du bist hier nicht am falschen Platz«, sagte sie ohne Einleitung.
Vincent sah perplex auf und fragte sich, ob sie Gedanken lesen könne. Seine Überraschung musste sich auf seinem Gesicht widergespiegelt haben, denn Becky lachte auf. Ein melodischer Klang, der so gar nicht in diese Umgebung zu passen schien.
»Nein, ich kann nicht Gedanken lesen«, erwiderte sie auf seine unausgesprochene Frage. Sie wurde unvermittelt ernst. »Deine Unsicherheit ist nur für jeden sichtbar, der Augen im Kopf hat.«
»Du hast doch gesehen, was vergangene Nacht passiert ist«, antwortete er, senkte den Kopf und arbeitete verbissen weiter an dem Problem seiner funktionsuntüchtigen Waffe.
»Ja, das habe ich. Du bist gestürzt.«
»Über meine eigenen Füße!«, brauste er auf. »Meine Füße .« Als mehrere Milizionäre in der Nähe bei seinem Ausbruch neugierig herübersahen, senkte er die Stimme wieder. »Ein toller Legionär bin ich.«
Becky lächelte. »Du bist ein Legionär. Ein Soldat der 18. Legion.«
»Dass ich ausgewählt wurde, muss ein Fehler sein«, beharrte er.
Becky lachte laut auf. Zu Vincents Überraschung lag kein geringer Grad an Erheiterung darin. »Was ist so komisch?«
»Du kennst doch Sergeant Flynn. Glaubst du, sie würde jemanden, der es nicht wert ist, auswählen, in die Legion aufgenommen zu werden? Du machst wohl Witze. Sie muss etwas in dir gesehen haben, das du selbst nicht siehst.« Sie legte ihm freundschaftlich die Hand auf die Schulter. »Und ich sehe das auch. Nun musst nur noch du es erkennen.«
Vincent senkte beschämt den Kopf. »Das kann ich irgendwie nicht glauben.«
»Es ist so«, blieb sie beharrlich.
Mit einem letzten entschlossenen Ruck löste sich das Projektil aus der Laufzuführung und fiel zu Boden. Vincent stieß
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