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Das Geflecht

Das Geflecht

Titel: Das Geflecht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Laudan
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mir!», bat Tia. «Wärmen Sie mich, damit ich Kraft für den nächsten Tauchgang sammeln kann.»
    «Aber Sie dürfen nicht mehr ins Wasser zurück!», ereiferte sich Dana. «Was soll aus uns werden, wenn Sie erfrieren?»
    «Ich werde warten», versprach Tia. «So lange wie nötig, aber so kurz wie möglich.»
    Dana nahm sie in die Arme. Es war ein eigenartiges Gefühl für Tia: Noch vor wenigen Stunden war sie selbst es gewesen, die das Mädchen getröstet und gewärmt hatte. Nun waren die Rollen vertauscht. Zweifellos fror auch Dana, doch ihre Haut war immerhin ein paar Grade weniger kalt, und Tia zog sie dankbar an sich.
    «Es hat seine Vorteile, wenn man üppig gebaut ist», flüsterte sie, den Kopf an Danas Schulter gelegt. «Nichts isoliert besser als subkutanes Fett.»
    Dana klang kein bisschen gekränkt, als sie antwortete. Im Gegenteil: Sie schien zu lächeln. «Zu irgendetwas muss es schließlich gut sein.»

••• 03   :   02 ••• CAROLIN •••
    Carolin schreckte hoch und sah auf ihre Armbanduhr: Drei Uhr durch.
    Sie hatte ein wenig vor sich hin gedämmert und war dabei fast eingeschlafen. Kein Wunder: Im Innern des Wagens war es warm und beinahe gemütlich, sodass sie nur mit Mühe der Versuchung widerstanden hatte, die Rückenlehne nach hinten zu klappen und sich auszustrecken. Jürgen Traveen, der neben ihr auf dem Beifahrersitz saß, schnarchte bereits. Es klang besorgniserregend, fast wie ein Röcheln, wahrscheinlich aufgrund seiner Lungenerkrankung.
    Carolin spähte nach draußen. Der Vorplatz des Bergwerks sah aus wie zuvor, die Standlichter der Einsatzfahrzeuge schimmerten in der Dunkelheit. Der Regen hatte aufgehört, doch kein Mensch bewegte sich im Freien. Offenbar hatte sich nichts von Bedeutung ereignet.
    Vielleicht sollte ich endlich nach Hause fahren und ins Bett gehen, dachte Carolin. Sie war seit zweiundzwanzig Stunden auf den Beinen, würde wahrscheinlich das ganze Wochenende verschlafen, sich den Teint verderben und sich am Montag wie gerädert fühlen. Warum harrte sie hier eigentlich aus? Alles nur wegen einer Story?
    Es war schon lange her, dass sie zum letzten Mal eine Nacht durchgemacht hatte – und damals war der Grund nicht ihr Beruf gewesen, sondern eine kurze, heftige Affäre mit einem zehn Jahre jüngeren Kollegen. Carolin nahm ihre Arbeit sehr ernst, aber ihr Engagement kannte Grenzen. Um sie bis zum frühen Morgen wach zu halten, bedurfte es schon mehr als der Aussicht auf einen spektakulären Zeitungsartikel. Sie musste emotional berührt sein.
    Und das
war
sie, wie sie erstaunt feststellte. Der Grund dafür war ihr rätselhaft, zumal sie nur durch Zufall in die Sache verwickelt worden war und keinem der Beteiligten nahestand. Vielleicht lag es daran, dass sie Stunden damit zugebracht hatte, der Mutter des verunglückten Mädchens Trost zuzusprechen. Aber es lag auch an der Person Tia Traveens. Carolin fand diese junge Frau faszinierend. Sie brachte es fertig, trotz ihrer Behinderung ein selbstbestimmtes Leben jenseits aller Konventionen zu führen. Das imponierte Carolin, die selbst großen Wert auf ihre Unabhängigkeit legte. Fast beneidete sie Jürgen Traveen ein wenig.
    Auf so eine Tochter wäre ich auch stolz, dachte sie.
     
    An den bewaldeten Berghängen im Osten flammten Lichter auf. Mehrere Männer mit Taschenlampen näherten sich dem Vorplatz des Bergwerks. Carolin setzte sich auf und rüttelte Jürgen Traveen an der Schulter. Der alte Mann erwachte mit einem seltsamen Geräusch, halb Schnarchen und halb Keuchen, blinzelte verwirrt und schien erst nach einigen Sekunden zu begreifen, wo er sich befand.
    «Was ist los?», stammelte er.
    «Wachen Sie auf! Die Suchmannschaft ist zurück!»
    Carolin hatte bereits die Fahrertür geöffnet und stieg aus, als die Lichtkegel der Taschenlampen sich unweit des Notarztwagens sammelten. Rasch lief sie hinüber, ohne auf Traveen zu warten, der langsam hinterdreinschlurfte. Sie erkannte Schultze, den Leiter der Höhlenrettungstruppe, und mehrere seiner Männer.
    «Keine Spur», sagte Schultze eben zu den wartenden Rettungskräften. «Nicht die geringste. Natürlich suchen wir weiter, aber wir könnten einen Ortskundigen gebrauchen. Hat jemand den Ingenieur gesehen, diesen Bringshaus?»
    «Ich dachte, er wollte zu Ihnen stoßen», sagte Carolin, die sich eilig zu ihm durchdrängte. «Das hat er jedenfalls gesagt.»
    «Wer sind Sie denn?», fragte Schultze erstaunt.
    Carolin zückte ihren Presseausweis. «Frey, vom

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