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Das gefrorene Lachen

Das gefrorene Lachen

Titel: Das gefrorene Lachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ueberreuter
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Winzigkeit zu bewegen. Seine Stimme schien direkt in ihrem Ohr zu sprechen. »Und kein Zauberer verrät seine Tricks.«
    »Mein Vater zeigt mir immer alles«, widersprach sie.
    »Dein Vater – das ist bestimmt der aufgeregte Herr, der dort drüben gerade auf die Bühne zueilt.«
    »Philippa, komm sofort herunter«, hörte sie ihren Vater sehr ruhig sagen.
    Der Magier lachte. Er schwenkte seinen Mantel in einem atemberaubenden Wirbel um Pippa herum und die Welt versank in Schatten. Sie stand erstarrt, ohne zu blinzeln, und hörte in weiter Ferne jemanden reden.
    Also ist er doch ein echter Zauberer, dachte sie, nicht nur ein Taschenspieler. Der Gedanke trieb träge durch ihr Bewusstsein. Sollte sie nicht eigentlich Angst verspüren?
    »Ich weiß nicht, was du bezweckst«, hörte sie ihren Vater sagen. »Aber lass sie gehen. Sie ist nicht dein Ziel.«
    Der Zauberer schnalzte mit der Zunge. »Mein lieber Freund und geschätzter Kollege«, sagte er ironisch. »Wie schön, dass wir uns endlich einmal wieder von Angesicht zu Angesicht statt per Taubenpost unterhalten dürfen. Wie du siehst, habe ich dafür gesorgt, dass die anderen uns nicht stören können.«
    Pippa gefiel das nicht. Sie konnte sich nicht bewegen, sie konnte nicht sehen, was geschah, und ihr Denken schien langsamer zu laufen als gewöhnlich. Mit einem geistigen Ruck, der ihr fast das Gehirn zu Mus quetschte, brach sie den betäubenden Zauberbann so weit, dass sie wenigstens hören und sehen, wenn auch noch nicht wieder sprechen oder sich bewegen konnte. Sie atmete tief ein und zwang die Übelkeit hinunter, die ihr brachialer Einsatz ihr verursacht hatte.
    In dem Teil ihrer Umgebung, den sie sehen konnte, bewegte sich nichts außer den beiden Zauberern, die dicht voreinander standen. Anscheinend waren alle anderen ebenso verzaubert worden wie sie selbst.
    »Was willst du, Ostwind?«, fragte ihr Vater.
    Der fremde Zauberer reckte das Kinn empor. »Du hast mich verraten und gedemütigt«, sagte er. »Ich will Satisfaktion. Genugtuung. Rache. Nenn es, wie du willst.«
    Laurentio schüttelte den Kopf. »Ich habe dir nichtsgetan«, erwiderte er scheinbar ruhig, aber Pippa hörte das leichte Beben in seiner Stimme.
    Der andere lachte laut und böse. »Du hast mich, deinen Lehrer und Freund, bösartig und heimtückisch verleumdet und so dafür gesorgt, dass ich von der Akademie verwiesen wurde – und dies nur, weil du mir meinen Erfolg und meine Stellung geneidet hast. Und um mich zu verhöhnen, schlägst du seit Jahren meine Duellforderungen aus. Was erwartest du – dass ich diese Kränkung noch länger hinnehme?«
    Das Duell. Der Brief, der Laurentio so geärgert hatte, stammte von diesem Zauberer? Philippa hätte die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen, wenn sie nicht immer noch gebannt gewesen wäre.
    Der fremde Zauberer ließ erneut seinen Mantel wehen, Blitze zuckten und Donner grollte. »Rührt euch«, rief er, und das Leben kehrte zurück in die erstarrte Menge. Niemand schien etwas von dem bemerkt zu haben, was vor sich gegangen war. Philippa schüttelte sich und lief zu ihrem Vater, der ihr seine Hand auf die Schulter legte, ohne den Blick von Zauberer Ostwind zu lassen.
    »König Ferdinand, dein Zauberer hat eingewilligt, sich mit mir zu messen – im Magischen Duell«, rief Ostwind.
    »Was habe ich?«, murmelte Laurentio. Seine Finger drückten ihre Schulter so fest, dass Pippa leise jammerte.
    »Was hat er?«, rief der König und erhob sich. »Was soll das heißen – magisches Duell?«
    »Ich habe ihn gefordert«, erwiderte Ostwind. »Er hat meine Forderung in den Wind geschlagen und mit Füßen getreten. Dann hast du der Kränkung die Krone aufgesetztund mich nicht zu dieser Feier eingeladen. Das trifft meine Ehre als Magier und König meines Landes doppelt. Ich verlange Genugtuung oder es herrscht ab sofort Krieg zwischen unseren Reichen.«
    Die Gäste der Feier hatten alldem gelauscht, und aus den anfänglich lächelnden und erwartungsvollen Mienen wich nach und nach die Freude und machte Stirnrunzeln, Befremden und Sorge Platz.
    »Was geht hier vor?«, rief ein Mitglied der königlichen Familie von Siebenberg. Es war einer der Söhne des alten Königs und er war wie all seine Brüder so klein gewachsen, dass er auf seinen Stuhl steigen musste, um seinem Gastgeber über die anderen Gäste hinweg ins Gesicht sehen zu können. »Eure Majestät, gehört das noch zum Schauspiel?«
    »Ich fürchte, nein«, erwiderte König Ferdinand und

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