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Das gefrorene Lachen

Das gefrorene Lachen

Titel: Das gefrorene Lachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ueberreuter
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einfügen)«, fuhr der König fort. Die Königin, deren Augenlider sich unaufhaltsam nach unten bewegt hatten, schreckte hoch und begann ihn am Ärmel zu zupfen.
    »Mit sechs Jahren hast du dann deinen ersten Hauslehrer bekommen. Du wusstest schon früh, was du einmal werden wolltest … Ja, meine Liebe?«
    Königin Joséphine hatte inzwischen Laurentio, der sich in einen frischen Teller mit Lachsschnittchen versenkt und nicht zugehört hatte, dazu gebracht, die magische Stimmverstärkung rückgängig zu machen. Sie nahm dem König den Spickzettel ab und flüsterte eine Weile mit scharfem Zischeln in sein Ohr. König Ferdinand schaute zuerst beleidigt drein, aber dann begann er den Kopf einzuziehen und »Ja, Liebes. – Sicher, meine Gute. – Aber ja doch, mein Schatz«, zu murmeln.
    Die Königin setzte sich wieder gerade hin, gab Laurentio einen ungeduldigen Wink, der Zauberer erneuerte den Verstärkungszauber, und die Königin sagte: »Also, ihr Lieben, ich hoffe, ihr amüsiert euch. Wenn ihr etwas vermisst, wendet euch doch bitte ans Personal, das angewiesen wurde, euch jeden Wunsch von den Augen abzulesen. Nach dem Essen wird es ein Spektakel im Innenhof geben. Wir freuen uns, euch zur Zerstreuung und zum Pläsier die Truppe des Unvergleichlichen Spinelliengagiert zu haben. In den letzten Tagen sind sie bereits mit großem Erfolg in der Umgebung und hier in der Residenz aufgetreten und heute bieten sie uns ihr Stück ›Das Gewitter‹ dar.« Sie holte Luft, sah Ferdinand beschwörend an und fuhr fort: »Mein Gatte, der König, möchte uns allen nun noch etwas Erfreuliches verkünden.«
    »Hrrm«, räusperte sich der König. »Ihr wisst, dass, noch bevor dieser Tag zu Ende geht, mein Sohn von mir offiziell als Thronfolger eingesetzt wird.« Er hob die Hand, um den aufbrandenden Applaus und die Jubelrufe zu unterbinden. »Es ist mir ein besonderes Vergnügen, jetzt schon ein weiteres großes Ereignis verkünden zu dürfen: Die Verlobung des Kronprinzen mit Ihrer Großherzoglichen Hoheit Prinzessin Mirabelle.«
    Jubelrufe, großer Applaus. Pippa stand wie vom Donner gerührt, während Augustin sich verneigte und dabei die Hand der Blondgelockten hielt, die lächelnd Kusshände warf.
    »Das darf er nicht«, sagte Pippa empört. Sie schob sich an ihrem Vater vorbei und hinaus durch die lachende, gratulierende, Sektgläser schwenkende Menge, die nun heranströmte, um dem Prinzen und seiner Verlobten die Aufwartung zu machen.
    Pippa stand in der Dämmerung am Schwanenteich und warf Brotbröckchen ins Wasser. Die aufgeweichten Brocken schwammen sich auflösend langsam davon, hier und da wurde eins von einem Fisch geschnappt und unter Wasser gezogen. Sie fühlte sich wie das Brot – zerrupft,aufgeweicht, in einem tiefen, dunklen Teich versenkt und von den Fischen gefressen. Sie seufzte.
    »Wen fütterst du da?«
    Pippa drehte sich nicht um, obwohl Augustins Stimme sie hatte zusammenzucken lassen. »Den Nöck«, sagte sie. »Warum bist du nicht beim Fest? Die Aufführung beginnt doch gleich.«
    »Wir haben auch einen Nöck? Das wusste ich nicht.« Augustin stellte sich neben sie, und sie spürte seinen Blick. »Hast du was?«, fragte er.
    Pippa warf die letzten Krümel ins Wasser und rieb die Hände ab. Was sollte sie ihm sagen? Dass sie ihn liebte und sich von ihm zutiefst verletzt, verraten und verkauft fühlte? Er hätte seinen Eltern sagen müssen, dass er diese Mirabelle nicht liebte und nicht heiraten wollte. Dass sie allein es war, die er liebte und … ja, was? Sie heiraten wollte? Die Tochter eines Bediensteten?
    »Nein«, erwiderte sie kurz und machte Anstalten, ihn stehen zu lassen.
    »He«, sagte Augustin und hielt sie am Arm fest. »Ich bin nur wegen dir hergekommen. Du musst mir jetzt sagen, was los ist.«
    Pippa biss die Zähne zusammen, um ein Schluchzen zurückzuhalten. Dann fingerte sie an dem Kettchen herum, das um ihren Nacken hing, und zog es über den Kopf. Ein schmaler goldener Ring baumelte daran, den sie Augustin vorwurfsvoll entgegenhielt. »Weißt du, was das ist?«, fragte sie und fuhr fort, ohne seine Antwort abzuwarten, und obwohl sie selbst wusste, wie kindisch das war: »Wie kannst du dich mit einer anderen verloben? Du bist verlobt!«
    »Was?«, rief Augustin und starrte den Ring an. »Wieso – was ist das?«
    Pippa zischte: »Kehr dich um!« Der goldene Ring verlor sein Schimmern und schrumpelte zu einem bräunlichen Etwas zusammen, das mit ein wenig Mühe als ein uralter Reif aus

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