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Das gefrorene Lachen

Das gefrorene Lachen

Titel: Das gefrorene Lachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ueberreuter
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kalt auf, dann fiel es zu Boden und Laurentio war verschwunden.
    »Papa!«, schrie Philippa und hoffte, wie zuvor seine Stimme aus der Luft erklingen zu hören. Aber es blieb still, nur das triumphierende Lachen des bösen Zauberers war zu hören.
    Der Ifrit seufzte, wodurch der demolierte Bretterboden zu beben begann. Sein Meister drehte sich nicht zuihm um, sondern befahl nur: »Töte den König und seine Familie. Und das Zauberermädchen. Vernichte das Schloss. Tu es JETZT.«
    Der Ifrit wuchs noch ein Stückchen weiter in die Luft. Philippa schloss die Augen. Sie hörte den König wütend nach seiner Wache brüllen und die Königin spitz aufschreien. Dann legte sich eine Glocke aus Stille über sie. Jemand flüsterte sacht in ihr Ohr: »Es tut mir so leid, Philippa Saffronia«, und dann wurde alles dunkel.
    *
    Die Geburtstagsgäste erwachten aus ihrer Verzauberung und sahen sich entsetzt um. Sie fanden sich auf einer öden, mit Geröll und Disteln übersäten Ebene wieder. Weit und breit war nichts von dem Königsschloss oder seinen Bewohnern zu sehen.
    Ein Pferd schnaubte. Der Großherzog, der als Erster aus seiner Schreckstarre erwachte, rief: »Meine Chaise« und lief auf die Motorchaise zu, die neben den angespannten Kutschen der anderen Gäste zwischen Brennnesseln, Disteln und Brombeerbüschen stand.
    Damit setzte eine wilde Flucht ein. Die verwirrten, verängstigten Gäste rannten wie um ihr Leben auf ihre Kutschen zu. Peitschen knallten, Pferde wieherten, eine Dampfpfeife schrillte. Türen knallten und Räder begannen zu rollen. Innerhalb weniger Augenblicke leerte sich der Platz, und zurück blieben nur die wüste Ebene, zertrampelter Boden, Spuren von Rädern und Hufenund eine große Staubwolke, wo früher ein prachtvolles Schloss mit herrlichen Bäumen und Gärten gestanden hatte.

5
    Wann Wolken ziehn, nimmt man den Mantel um,
Wann Blätter fallen, ist der Winter nah;
Wer harrt der Nacht nicht, wann die Sonne sinkt?
    Richard III.
    Als die Bürger der Residenz bemerkten, dass sie keinen König, keine Königin und kein Königsschloss mehr besaßen, hatte sich bereits der Wind gedreht. Er wehte nun scharf und kalt von Osten.
    Ein Lieferjunge war es, der als Erster außer Atem und mit fuchtelnden Händen in die Marktschenke gestürzt kam und ausrief: »Sie sind alle weg! Es ist vollkommen verschwunden! Nur Unkraut und Steine, Maulwürfe und Taubendreck!«
    Sie legten ihm einen kalten Wickel in den Nacken und gaben ihm Branntwein zu trinken, auf dass er sich erhole, und dann, als sich sein Gerede nur noch wirrer und wahnwitziger anzuhören begann, machten sich zwei kräftige Fuhrleute und ein dienstfreier Gendarm auf, um den Ort des Schreckens – das Königsschloss und seinen Park – aufzusuchen und zu überprüfen, ob sich dort irgendwelche seltsamen Dinge ereigneten.
    Der Park sah fremd aus. Wo vorher breite Alleen unter freundlichen Kastanienbäumen und hohen Buchen vorbeian sonnenbeglänzten Rasenflächen geführt hatten, auf denen Pfauen ihr Rad schlugen und Wasserspeier auf Tauben lauerten, überschatteten jetzt düstere Zypressen und Tannen einen moosig feuchten, nebelglänzenden Grund. Schatten nisteten zwischen den Bäumen, und im Unterholz knackte und raschelte es unheimlich. Rot glühende Augen und heiseres Hecheln folgten den Männern, die sich unwillkürlich enger aneinanderdrückten. »Was ist das für ein Zauberwerk?«, flüsterte der Gendarm und knöpfte seine Uniformjacke zu. Er tastete nach seinem Säbel und lockerte ihn in seiner Scheide.
    »Der Zauberer hat wahrscheinlich die Hebel an einer seiner Apparaturen verwechselt«, versuchte der jüngere Fuhrmann einen Witz, aber sein eigenes Lachen klang ihm so ängstlich meckernd in den Ohren, dass er schnell wieder verstummte.
    Ein Käuzchen rief und dann erklang ein unheilvolles Heulen, das den Männern die Haare zu Berge stehen ließ. »Was ist das?«, schrie der ältere der beiden Fuhrmänner und wandte sich zur Flucht. Der Gendarm, der von Berufs wegen ruhig Blut bewahren musste, hielt ihn am Gürtel fest. »Nur eine Banshee«, sagte er scheinbar ungerührt, aber seine Lippen zitterten ein wenig bei diesen Worten und das Blut wich aus seinen Wangen.
    »Eine Todesfee?«, schnatterte der jüngere Fuhrmann und wollte davonrennen, aber auch ihn hielt der Gendarm eisern fest.
    »Ungefährlich«, sagte er knapp. »Außerdem haben wir sie schon gehört, damit ist das Schlimmste vorüber.«
    Sie gingen mit schlotternden Knien weiter. Der

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