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Das gefrorene Lachen

Das gefrorene Lachen

Titel: Das gefrorene Lachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ueberreuter
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Gendarmhielt seine beiden Begleiter eisern fest, obwohl ihre Zähne noch lauter klapperten als ihre eisenbeschlagenen Absätze auf dem steinigen Boden.
    Sie erreichten das Ende des Weges und es bot sich ihnen ein Anblick, der noch schreckenerregender war als der Schrei der Banshee. Finstere Mauern wuchsen vor ihnen aus dem steinigen Boden, von spitzen Türmen gekrönt, die in einen gewitterschwarzen, mit sturmzerrissenen Wolken bedeckten Himmel ragten. Lautlose Blitze zuckten über das sonnenlose Firmament, und Raben – hoffentlich waren es wirklich nur Raben! – zogen ihre Kreise über dem schrecklichen Bauwerk.
    Der ältere Fuhrmann ließ seinen Knüppel fallen und sank auf die Knie, der jüngere schlug hastig ein Kreuz und wankte rückwärts wieder auf den unheimlichen Wald zu.
    Der Gendarm zog kurz entschlossen seinen Säbel blank und marschierte voran. Er blieb vor dem eisernen Portal stehen, das, in wuchtig dunkles Mauerwerk eingelassen, hoch über seinen Kopf aufragte. Er hob seinen Säbel und klopfte mit dem Knauf gegen die Tür. Das donnernde Geräusch, das daraufhin durch endlose Gänge aus totem Stein zu hallen schien, zerriss ihm beinahe das Trommelfell. Er ließ den Säbel fallen und presste die Hände gegen die Ohren. In seinem Rücken gaben die Fuhrleute Fersengeld, nur der Jüngere wandte sich noch einmal um und sah zurück.
    In der Marktschenke drängten sich verängstigte Bürgerinnen und ungläubige Kaufleute um den Tisch, an demdie beiden Fuhrleute hockten. Dem Älteren klapperten die Zähne noch immer so sehr, dass sie in schnellem Takt gegen den Rand seines Bierkruges schlugen, den der mitleidige Wirt ihm hingeschoben hatte. Der Jüngere starrte mit glasigem Blick ins Leere, und das Schankmädchen, das mit ihm verlobt war, saß neben ihm, hielt seine Hand und konnte den Blick aus aufgerissenen Augen nicht von den schlohweiß gewordenen Locken des jungen Fuhrmanns wenden.
    »Und?«, drängte der Wirt.
    Der ältere Fuhrmann rieb sich mit der großen Hand über die Augen. »Dann hab ich Hubert am Kragen gepackt und wir sind gerannt, als wären tausend Teufel hinter uns her«, gab er zu.
    Der Jüngere erwachte aus seiner Starre und stöhnte mit Grabesstimme: »Die Zunge! Und die Zähne!«
    Das Schankmädchen ließ seine Hand los und rückte von ihm ab. »Hu«, machte eine mollige Marktfrau und zog das Schultertuch enger um sich. »Was mag denn bloß da oben passiert sein, Jasper?«
    »Das Schloss ist verhext, so viel steht fest.« Der Fuhrmann trank einen großen Schluck von seinem Bier und stellte den Humpen hart auf den Tisch. »Schaut hinaus: das allerschönste Sommerwetter. Über dem verhexten Schloss war Gewitter und Sturm!«
    »Laurentio«, murmelte der Fischhändler, der in seiner schuppenglänzenden Schürze neben dem Tisch stand. Rund um ihn war ein kleiner freier Platz. »Der Zauberer ist schuld. Ich habe ihm nie über den Weg getraut. Diese roten Haare und seine falschen Katzenaugen,da steckt nur Heimtücke und Verschlagenheit dahinter!«
    »Na, na«, sagte eine rothaarige Dienstmagd pikiert.
    »Nein, das glaube ich nicht.« Der Wirt verschränkte die Arme vor der Brust und sah den Fischhändler ärgerlich an. »Er ist ein feiner Mann, der Herr Hofzauberer. Er verkehrt regelmäßig bei mir. Ein feiner Herr!«
    Die Leute begannen zu debattieren und durcheinanderzurufen.
    Die Fensterläden schlugen in einer plötzlichen Böe gegen die Hauswand. Dunkle Wolken zogen auf.
    »Ostwind?«, murmelte die Wirtin und ging, um die Läden zu schließen. »Was für ein seltsames Wetter um diese Jahreszeit!«
    Sie kam an der Tür vorbei und die flog auf und ließ einen Schwall kalter Luft und einen Mann ein.
    »Mathis«, rief Jasper, der ältere Fuhrmann, erleichtert aus. »Was für ein Glück! Ich befürchtete schon, dir wäre etwas passiert!«
    Der Gendarm marschierte mit lauten, festen Schritten zum Tisch und blieb dort stehen. »Der – Bürgermeister«, sagte er und blickte starr über die Köpfe der Menschen zur Wand.
    »Ja, Mathis?«, fragte der Wirt. »Was ist mit dem Herrn Bürgermeister?«
    »Der – Bürgermeister – soll – kommen.«
    »Mathis, geht es dir gut?«, fragte Jasper beklommen. Der Gendarm rührte sich nicht. Er stand da und starrte die Wand an.
    »Hrrrm«, räusperte sich der Wirt nach einer Weileunbehaglich. »Lene, lauf, hol den Herrn Bürgermeister her.«
    Das Schankmädchen sprang auf, riss ihr Schultertuch vom Haken und rannte zur Tür hinaus, die weit aufschwang und

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