Das gefrorene Lachen
Kätzchen, das Sahne wittert. »Doch«, sagte sie unerwartet. »Ich habe früher …« Sie stockte und runzelte die Stirn. »Mein Vater hat mir manchmal …«, begann sie wieder und schüttelte den Kopf. »Entschuldige, Gustl, ich rede dummes Zeug.«
»Darf ich den beiden jungen Herrschaften ein Bier ausgeben?«, mischte sich überraschend der Lehrer ein. Er war aufgestanden und hatte sich neben den jungen Mann gestellt, wandte seinen Blick nicht von dem Mädchen. »Wenn es der jungen Dame doch schmeckt, warum sollen wir dann so unfreundlich zu fremden Gästen sein?«, wandte er sich an den Wirt. »Geh, Gustav, notiere das Bier auf meiner Karte. Ich trinke es ohnehin nicht.«
Der Fuhrmann jammerte laut, aber niemand beachtete ihn.
»Darf ich mich zu euch setzen?«, fragte der Lehrer. »Ihr gehört zum Theater, nicht wahr?«
Die beiden wechselten einen schnellen Blick, dannnickte der junge Mann und wies auf einen freien Stuhl. »August«, sagte er. »Und dies ist …«
»Philippa«, sagte der Lehrer so leise, dass niemand außer ihr und dem Jungen ihn hören konnte. »Philippa Saffronia mit den safrangelben Haaren.«
Das Mädchen riss die Augen auf. »Woher wissen Sie das?«, wisperte sie atemlos.
»Du hast bei mir Unterricht genommen«, sagte der alte Mann noch leiser. »Im Buckelhorn. Erinnerst du dich denn nicht an mich?«
»Was ist ein Buckelhorn?« Sie legte die Hand auf den Mund und schloss die Augen. »Ach, du lieber Augustin, ich verstehe gar nichts mehr.«
Der Lehrer wandte langsam den Blick von ihr und sah den jungen Mann an ihrer Seite an. »Augustin?«
»August«, stellte der richtig. »Nur August. Der andere Name ist ein Scherz von ihr.«
Der Wirt kam und stellte zwei Humpen vor ihnen ab. »Mein bestes Bier«, sagte er stolz. »Dunkel und süß und außergewöhnlich nahrhaft. Ich hoffe, es schmeckt euch.«
»Ui«, sagte das Mädchen. »Das ist aber eine große Portion.«
»Ich nehme dir gerne einen Schluck oder zwei ab«, bot sich der Fuhrmann an, der mit gespitzten Ohren in ihre Nähe gerückt war. Seine neugierig schnuppernde Nase hing beinahe im Krug des jungen Mannes.
Jetzt rückte auch der Krämer seinen Stuhl heran. »Vom Theater seid ihr?«, sagte er. »Dann könnt ihr mir sicher bei einer Angelegenheit helfen, die hier nicht ordentlich behandelt worden ist.« Ein vernichtender Blickin die Runde. »Tritt bei euch nicht ein Zauberer auf? Ein großer, bleicher Bursche mit roten Haaren? Er hat auch eine Tochter, so eine Hübsche, rothaa...« Er wurde leiser und verstummte schließlich, während er das Mädchen genauer ansah, das ihm gegenübersaß. Er starrte die Locke an, die sich unter ihrem Kopftuch hervorringelte, ihre feinen Züge, die lang bewimperten Augen und schluckte. »Das bist du, oder?«
Das Mädchen nickte stumm.
Der Krämer hielt ihr seine große Hand hin. »Leberecht«, sagte er. »Ich hatte früher die Ehre, die Schlossküche zu beliefern. Gemüse und Obst, feiner Tee aus dem Drachenland, geröstete Nüsse, Spezereien …« Er schluckte und wischte sich über die feucht gewordenen Augen. »Dein Vater war ganz verrückt nach meiner feinen Schokolade«, setzte er hinzu.
»Mein Vater«, erwiderte sie mit leiser Stimme.
»Der Herr Hofzauberer«, sagte der Lehrer. Er wandte seinen Blick nicht von August, den das sichtlich nervös machte.
»Ein feiner Herr, der Herr Hofzauberer«, sagte der Krämer eifrig. »Ein sehr feiner Herr. Nicht wahr, Gustav?«
Der Wirt kam mit einem Teller Brot und Käse heran, den er auf den Tisch stellte. »Einen schönen Gruß von meiner Frau«, sagte er verwundert. »Für das Fräulein Philippa?«
Das Mädchen hatte die Augen niedergeschlagen und die Hände fest ineinandergefaltet. »Danke«, flüsterte sie.
Der junge Mann schüttelte den Kopf. »Pippa, die kennendich alle«, sagte er. »Und deinen Vater anscheinend auch.« Er sah den Wirt an. »Du meinst doch den Herrn Lorenzo? Den Großen Lorenzo?«
»Laurentio, ganz recht«, mischte sich wieder der Krämer ein. »Ein sehr feiner Herr, der Herr Hofzauberer! Immer freundlich, immer gut gelaunt. Ein bisschen zerstreut manchmal, und was seine Apparaturen angeht …« Er lachte auf.
»Darf ich mit euch sprechen?«, fragte der Lehrer. »Unter vier Augen? Ich bitte untertänigst … Ich bitte sehr dringend darum.«
Die beiden jungen Leute wechselten einen verblüfften Blick. »Ja natürlich«, sagte das Mädchen matt, und der junge Mann nickte mit verblüffter Miene.
Der Lehrer stand auf
Weitere Kostenlose Bücher