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Das gefrorene Lachen

Das gefrorene Lachen

Titel: Das gefrorene Lachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ueberreuter
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und ging zur Theke. »Gustav, kann ich dein Hinterzimmer benutzen?«
    Der Wirt, der mit verschränkten Armen an seinem Tresen lehnte, zog eine säuerliche Miene. »Du weißt, dass alle Hinterzimmer verboten worden sind, Ludwig. Wegen der Gefahr konspirativer, staatsgefährdender Treffen.«
    Der Lehrer sah ihn nur an. Der Wirt knurrte und fischte einen Schlüssel aus seiner Schürze, den er dem Lehrer in die Hand drückte. »Aber pass auf«, sagte er. »Wenn ein Gendarm kommt, rufe ich in die Küche, dass Hubert noch einen Schlag Suppe möchte. Dann weißt du, dass ihr da drinnen die Luft anhalten müsst, bis ich euch Bescheid gebe, dass er weg ist.«
    Der Lehrer nickte. Er nahm den Schlüssel und fragte: »Ist die Hintertür auch abgesperrt?«
    »Der gleiche Schlüssel.« Der Wirt runzelte die Stirn. »Das wäre aber keine gute Idee, wenn die Gendarmerie hier herumschnüffelt.« Er warf einen Blick auf das junge Mädchen, das gerade einen winzigen Schluck von dem Bier probierte und den Krug dann lächelnd dem Jungen reichte. »Ist sie das wirklich? Die Tochter von unserem Zauberer?«
    Der Lehrer nickte, seine Miene war überaus nachdenklich. Der Wirt beugte sich vor. »Sei vorsichtig«, flüsterte er. »Es sind schon Leute wegen weniger … Ich möchte nicht, dass du auch so ein Ding im Rücken hast!« Die beiden sahen sich an, und die Sorge in den Augen des Wirts war ehrlich.
    Der Lehrer legte kurz seine Hand auf die Schulter des anderen. »Ich bin kein Leichtfuß. Ich möchte nur keine Lauscher – auch keine, die sich unabsichtlich verplappern.«
    Er nickte dem Wirt zu und kehrte an den Tisch zurück. »Darf ich bitten? Ich gehe voraus.«
    »Wo gehen sie denn hin?«, fragte der Krämer.
    »Sei still, Leberecht. Du hast nichts gesehen«, fuhr der Wirt ihm über den Mund. »Und du behältst deine Finger bei dir«, schnauzte er den Fuhrmann an, der begehrlich seine Hand nach den Humpen ausstreckte, die auf dem Tisch zurückgeblieben waren. »Das Bier gehört dem Herrn Lehrer!«
    Er wischte mit grimmiger Miene über den Tisch und räumte die Teller ab.
    Seine Frau, die ihm aus der Küche entgegenkam,nahm ihm das Geschirr aus der Hand und flüsterte: »Und? Was hat sie erzählt?«
    »Nichts.« Der Wirt ruckte mit dem Kopf und wies mit seinen Blicken auf die Tür zum Hinterzimmer, die wieder fest geschlossen war. »Ludwig«, sagte er.
    »Ah«, machte die Wirtin und wischte ihre Hände nervös an der Schürze ab. »Oh. Das ist aber nicht ungefähr...« Sie unterbrach sich, weil die Wirtshaustür aufsprang.
    Zwei düstere, in graue Uniformen gekleidete Gestalten traten ein. Ihre Schultercapes flatterten wild im Wind, der mit ihnen in die Gaststube drängte. Sie gingen unter den Blicken der Gäste im Gleichschritt zum Tresen.
    »Haben wir noch einen Nachschlag für Hubert?«, rief der Wirt laut in Richtung Küche und wandte sich dann erst den beiden Gendarmen zu. »Was kann ich für euch tun?«.
    »Deine Lizenz«, sagte der größere. Seine Stimme war so grau wie seine Uniform und so gleichförmig leblos wie das leise Ticken unter seinem Cape.
    Der Wirt zog die Schublade auf und reichte dem Gendarmen ein grünes Blatt Papier. »Kontrolliert ihr die jetzt jede Woche?«, fragte er knurrig. »Du weißt doch, dass ich eine Lizenz besitze, Jan.«
    »Es ist Vorschrift.« Der Gendarm nahm das Papier entgegen und studierte es gründlich. Dann gab er es zurück und erklärte: »Du musst bis zum Michaelsfest deine Stempel erneuern lassen. Vergiss es nicht, sonst müssen wir deine Wirtschaft schließen. Einen guten Tag noch.« Er drehte sich langsam um und musterte jeden derAnwesenden mit einem scharfen, gleichgültigen Blick. Dann nickte er knapp und marschierte mit dem zweiten, der die ganze Zeit stumm an seiner Seite gestanden hatte, wieder zur Tür hinaus.
    Der Wirt stieß die Luft aus, die er unwillkürlich angehalten hatte, und wischte sich übers Gesicht.
    »Verfluchte Tick-Tacks«, murmelte der Fuhrmann, und der Krämer spuckte angewidert aus.
    »Der Neffe meiner Frau«, sagte er und spuckte wieder. »Der verdammte Neffe meiner armen Frau!«
    »Jan kann so wenig dazu wie Mathis«, erwiderte der Wirt heftig. »Die beiden waren gute Gendarmen, bis das geschehen ist – nun ja, was eben geschehen ist.« Er schlug in ohnmächtigem Zorn auf den Tisch. »Warum lassen wir uns das nur alles gefallen?«
    »Schhhh, Gustav.« Die Wirtin legte besänftigend ihre Hand auf seinen Arm. »Sei ruhig. Willst du, dass sie zurückkommen und dich

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