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Das gefrorene Lachen

Das gefrorene Lachen

Titel: Das gefrorene Lachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ueberreuter
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und der Fuhrmann schrie: »In Versen! Er hat nie in Versen gesprochen!« Lene, die neben dem still dasitzenden jungen Fuhrmann Hubert mit den weißen Haaren saß und seine Hand streichelte, lächelte versonnen und wisperte: »Unser König, ach wäre das schön!«, und der Krämer murmelte beleidigt: »Also doch. Mit meinen eigenen beiden Augen!«
    Die Tür des Gastraums, die in diesen Tagen nicht mehr einladend offen stand, sondern immer fest geschlossen war, flog auf.
    Alle schwiegen erschreckt. Die Gendarmerie. Sie hatten von der guten alten Zeit und ihrem guten alten König Ferdinand gesprochen. Die Gendarmerie hatte Wind davon bekommen und jetzt waren sie gekommen, um sie alle zu holen!
    Ein junger Mann schaute sich fragend um und errötete ein wenig, als er all diese erschreckten Blicke auf sich gerichtet sah. »Guten Tag«, grüßte er höflich, und dasjunge Mädchen, das mit ihm eingetreten war, wiederholte den Gruß in verwundertem Ton.
    »Ist dies hier kein Gasthaus?«, fragte sie. »Wir glaubten – das Schild dort draußen – verzeihen Sie, wenn wir versehentlich eingedrungen sind.« Sie griff die Hand des jungen Mannes und zog ihn zurück zur Tür.
    »Nein, nein«, beeilte der Wirt sich, sie zurückzurufen. »Bitte kommen Sie herein. Wir dachten nur, es wäre jemand anderes … Nehmen Sie Platz. Was darf ich Ihnen bringen?«
    »Was trinkt man denn hier?«, fragte der junge Mann und sah zu den anderen Tischen. »Wir sind viel herumgelaufen und haben schrecklichen Durst. Tee? Wasser?«
    »Wie Sie wünschen«, erwiderte der Wirt. »Wir sind ein Gasthaus mit voller Ausschanklizenz. Wenn Sie mir Ihre Verzehrkarte geben, kann ich sehen, ob Sie noch bierberechtigt sind, ansonsten hätten wir schönen Pfefferminztee«, er warf einen strafenden Blick zu Jasper, der laut stöhnte, »und natürlich frisches, kaltes Wasser aus dem eigenen Brunnen, sehr schmackhaft. Oder einen schönen Saft aus Äpfeln oder Birnen, Traubensaft hätte ich auch anzubieten.« Er sah die beiden jungen Leute erwartungsvoll an.
    »Verzehrkarte?«, fragte das Mädchen. Sie knotete ihr rutschendes Kopftuch auf und band es hinter dem Kopf wieder zusammen. Eine Strähne rotgoldenen Haars lockte sich darunter hervor.
    »Ihr seid nicht von hier, was?«, lachte der Fuhrmann.
    Lene beugte sich vor, um die beiden zu mustern, die ungefähr in ihrem Alter sein mussten. Sie betrachteteden jungen Mann in seinen schlichten, braunen Kleidern und den derben Schuhen, der sicherlich ein Gehilfe oder ein Handwerksbursche war. Jetzt nahm er seine Kappe ab, unter der ein schwarz gelockter Schopf zum Vorschein kam, und sah seine Begleiterin fragend an.
    Schöne Augen hat er, dachte das Schankmädchen und ließ den Blick ein wenig tiefer gleiten. Und breite Schultern. So schlank er ist, scheinen seine Muskeln doch kräftig zu sein, und die Hände sind Arbeit gewohnt. Doch eher ein Handwerker oder ein Fuhrmann. Keiner, der am Schreibtisch sitzt oder hinter der Ladentheke steht. Sie warf einen schnellen Blick auf das Mädchen und verzog das Gesicht. Eine Hübsche, dachte sie ein bisschen neidisch. Tut bescheiden in ihrer Wolljacke, dem geflickten Rock und den Pantinen, die nicht besser sind als meine. Aber schau dir das Gesicht an – ganz fein, ganz hell, mit ein paar Sommersprossen. Das ist kein Dienstmädchen und keine Magd. Das ist eine verkleidete höhere Tochter, die mit ihrem Stallknecht durchbrennt …
    Lene sank zurück auf die Bank und drückte Huberts Hand so fest, dass er aus seiner Starre erwachte. »Was ist, Lene?«, fragte er schleppend.
    »Nichts, nichts«, murmelte sie beruhigend und tätschelte seine Wange. Ihr Blick wanderte wieder zu den beiden Fremden. Sie reißt mit ihm aus, dachte sie träumerisch. Wie romantisch!
    Der Wirt und Jasper hatten sich inzwischen bemüht, den beiden jungen Leuten zu erklären, was eine Verzehrkarte ist.
    »Ich darf euch also kein Bier ausschenken«, sagte derWirt, der die fremden Gäste inzwischen zu duzen wagte, weil sie gar so jung, ein wenig hilflos und überhaupt nicht herrschaftlich wirkten. Er verspürte so etwas wie väterliche Gefühle, was ihm sonst eher fremd war. »Ihr müsstet euch zuvor eine solche Karte im Bürgermeisteramt abholen. Oder auf der Wache.« Er zuckte bedauernd die Schultern.
    »Ich mag ohnehin kein Bier«, erwiderte der junge Mann. Er warf seiner Begleiterin einen fragenden Blick zu. »Du, Pippa?«
    Sie leckte sich kurz mit einer zartrosa Zunge über die Lippen und sah dabei aus wie ein

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