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Das gefrorene Licht. Island-Krimi

Das gefrorene Licht. Island-Krimi

Titel: Das gefrorene Licht. Island-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yrsa Sigurðardóttir
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war?«
    Bergur zuckte die Achseln. »Ich weiß nicht die genaue Uhrzeit, falls du darauf hinauswillst. Ich habe keine Armbanduhr und auch nicht so ein Telefon.« Er zeigte auf þórólfurs Handy, das zwischen ihnen auf dem Tisch lag. »Ich hab die Sache bemerkt, kurz nachdem ich in den Stall gekommen war.« Bergur verstummte und schluckte hörbar.
    »Die Sache, hm?«, sagte þórólfur forsch. »Wie kommt es, dass du es direkt bemerkt hast? Der Ständer ist am hinteren Ende des Stalls. Gab es einen bestimmten Grund dafür, dass du geradewegs dorthin gegangen bist?«
    Bergur schluckte wieder geräuschvoll. »Ich füttere den Hengst immer zuerst. Er ist kaum gezähmt, ziemlich aufsässig und immer total nervös, wenn ich im Stall bin. Sobald er was zu fressen hat, gibt er Ruhe, und ich kann mich um die anderen Pferde kümmern.«
    »Verstehe«, sagte þórólfur. »Er steht in der größten Box mit dem höchsten Gitter, hab ich recht?« Bergur nickte stumm, und þórólfur sprach weiter. »Wie kommt das? Weil dieses Pferd so, tja, nervös und wild ist?«
    »Nein, nicht direkt. Hengste werden immer besser gesichert. Damit sie nicht zu den anderen Pferden können – das könnte ein Unglück geben.«
    »Dieser spezielle Hengst war also vielleicht gar nicht besonders schwierig?«, fragte þórólfur. »Ich meine, ist das immer so, dass Hengste für andere Pferde gefährlich werden können?«
    »Ja, Hengste sind angriffslustiger als Wallache und Stuten«, antwortete Bergur leise. »Aber dieser Junghengst ist aggressiver als normalerweise üblich. Das könnte ich beschwören, obwohl ich kein Pferdekenner bin.«
    »Gut«, sagte þórólfur, ohne etwas Besonderes damit zu meinen. »Du gehst also direkt zu diesem Ständer ...«
    »Zur Box«, fiel ihm Bergur ins Wort.
    »Dann eben zur Box«, sagte þórólfur unwirsch, » ... und siehst sofort, dass da ein Mann liegt oder was?«
    »Ja, eigentlich schon«, antwortete Bergur. »Mir kommt das alles so unwirklich vor. Es ist schwer, die Details zu beschreiben.«
    »Versuch es trotzdem.«
    »Ich glaube, ich hab zuerst den Fuchs gesehen, dann den Mann. Als Erstes hab ich Blut an der Boxenwand bemerkt und gedacht, das Pferd hätte sich verletzt. Dann hab ich den Fuchs gesehen und gedacht, das Blut wäre von ihm, aber dann ...« Bergur atmete heftig, während er versuchte, sich wieder in den Griff zu bekommen. »Es war schrecklich. Er lag da, und ich hab überlegt, ob er noch lebt, und als ich mich runtergebeugt hab, um besser sehen zu können, ist mir schlagartig klar geworden, dass er tot ist.« Er schnappte nach Luft und wiederholte: »Es war schrecklich. Und dann seine Füße. Du lieber Gott.«
    »Man gewöhnt sich also nicht daran?«, fragte þórólfur und trommelte leicht gegen die Tischkante.
    Bergur schaute irritiert, mit ängstlichem Gesicht auf. »Wie meinst du das?«
    »Das ist die zweite Leiche, die du innerhalb von ein paar Tagen zufällig findest. Ich dachte, beim zweiten Mal wäre es vielleicht weniger schlimm. Ein ziemlich merkwürdiger Zufall, findest du nicht?«
    Bergur sah auf und schaute þórólfur in die Augen. »Ich habe nichts damit zu tun, falls du das glaubst.«
    »Nein, nein. Vielleicht nicht. Trotzdem ist das bemerkenswert«, sagte þórólfur und erwiderte Bergurs Blick entschlossen.
    »Es muss ein Unfall gewesen sein«, sagte Bergur betreten. »Oder zweifelt da etwa jemand dran?«
    »Wie würdest du dir einen solchen Unfall erklären?«
    »Tja, ich weiß nicht«, antwortete Bergur und dachte nach. »Vielleicht war er Jäger und hat den Fuchs bis in den Stall verfolgt. Oder ein Perverser.«
    »Was meinst du damit?«
    »Es gibt Geschichten von Männern, die in Ställen ihre Bedürfnisse befriedigen. Vielleicht hatte der Mann das vor«, antwortete Bergur und errötete leicht.
    »Aber dann hätte er vermutlich einen Hocker oder eine Kiste oder so was zum Draufstellen mitgebracht, oder? Und was soll der Fuchs damit zu tun haben? Und die Stecknadeln?«, fragte þórólfur mit unbewegter Miene. »Deine Erklärungen sind ziemlich weit hergeholt.«
    Bergur richtete sich auf und saß kerzengerade da. »Ich untersuche den Fall ja auch nicht. Du hast mich gefragt, und ich hab geantwortet. Ich hab keine Ahnung, wie der Mann da hingekommen ist. Ich weiß nur, dass ich überhaupt nicht in der Nähe war.«
    »Gut, aber das ist deine Scheune und ...«
    »Pferdestall. In Scheunen wird Heu gelagert«, sagte Bergur gereizt. Sofort beruhigte er sich wieder und fügte

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