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Das Gegenkreuz

Das Gegenkreuz

Titel: Das Gegenkreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Warmhalteplatte stand eine Kanne mit Tee. Er bot uns von dem Getränk an. Eigentlich hätten wir jetzt gehen können, um uns das Boot zeigen zu lassen, aber Shuman schien noch etwas auf dem Herzen zu haben, sonst hätte er uns keinen Tee angeboten, den wir gern tranken.
    »Ich will ehrlich sein und Ihnen erklären, dass die Insel von uns Einheimischen gemieden wird.«
    »Warum?«, fragte Suko.
    »Man hat einfach Angst.«
    »Und vor wem?«
    »Die Menschen, die sich dorthin zurückgezogen haben, waren nicht geheuer. Keine normalen Menschen. Es ist durchgesickert, dass sie sich die toten Engel nannten, wie immer man das auch werten mag. Den normalen Menschen jedenfalls waren sie unheimlich. In den umliegenden Orten ging man davon aus, dass auf der Insel schreckliche Dinge geschahen, aber Einzelheiten kennt man nicht.«
    »Leben jetzt noch welche auf der Insel?«, fragte ich.
    Shuman trank Tee, dachte nach und hob schließlich die Schultern. »Das weiß niemand so genau.«
    »Aber sie müssen sich doch ernährt haben.«
    »Das schon. Manchmal fuhr ein Boot hin. Das stammte nicht aus Charlestown. Es kam von St. Austell rüber. Kann sein, dass Lebensmittel gebracht wurden. Ich habe keinen gefragt.«
    »Und sonst?«
    »Wieso?«
    Ich lächelte. »Sonst weiß niemand mehr über die Insel?«
    »Keine Ahnung. Wenn, dann gibt er es nicht zu. Die Leute wessen so viel wie ich.«
    Ich lächelte. »Dann werden wir mal hinfahren, wenn das Boot startklar ist.«
    »Eines halte ich immer bereit.«
    »Gut.«
    »Warten Sie.« Er öffnete eine kleine Tür, verschwand, kehrte schnell wieder zurück und trug jetzt eine schwarze, leicht glänzende Jacke, die innen gefüttert war.
    Ich hielt ihn noch auf, bevor wir losgingen. »Und Sie haben uns wirklich alles erzählt?«
    Shuman hob die Schultern. »Manchmal sagen die Leute hier, dass sich der Teufel persönlich die Insel als Stützpunkt ausgesucht hat.«
    »Warum nennt sie sich dann Insel der toten Engel?«
    »Denken Sie mal nach Mister... Sinclair, so heißen Sie doch, nicht?«
    »Ja.«
    »War der Teufel nicht auch mal ein Engel? Hat Luzifer nicht am Thron des Allmächtigen gerüttelt?«
    »Wenn Sie das so sehen, dann haben Sie schon Recht.«
    »Ich glaube, dass muss man so sehen.«
    »Okay«, sagte ich, »dann sollten wir nicht länger hier bleiben. Wir wollen am Abend wieder zurück sein.«
    »Ich wünsche Ihnen dazu alles Gute.«
    »Klar, danke.«
    Wir verließen das Haus, und Shuman schaute sich so scheu um, als hätte er Angst davor, dass er mit uns gesehen wurde. Auf dem Weg zum Anlegeplatz kam ihm eine Idee. Er blieb stehen und sprach sie aus.
    »Es ist am besten, wenn ich sie hinfahre.«
    »Und weiter?«, fragte Suko.
    »Dann kann ich Sie auch abholen. Es ist nicht einfach, am Ufer anzulegen. Sie geben mir Bescheid, wenn es so weit ist. Wir leben zwar am Ende der Welt, aber Handys gibt es hier auch. Mein Sohn hat mir eines geschenkt.«
    Die Idee war gar nicht mal schlecht. Shuman war der Skipper. Er kannte das Gewässer hier, und wenn er sagte, dass es nicht einfach war, die Insel vom Boot aus zu erreichen, dann mussten wir ihm einfach glauben.
    Bill ließ sich die Handynummer geben und programmierte sie ein, was auch Suko tat.
    Shuman war zufrieden. »Dann können wir ablegen«, sagte er nur, doch Begeisterung klang in seiner Stimme nicht mit...
    Ich habe schon erwähnt, dass uns Fahrten wie diese nicht neu waren, und sie spielten sich irgendwie immer gleich ab. Ein recht kleines Boot, das zum Spielball der Wellen geworden wäre, hätte es nicht einen starken Motor gegeben, der das verhinderte.
    Diesmal aber war es anders. Zwar lag das Meer auch jetzt nicht so glatt wie ein Spiegel vor uns, aber die Wellen sprangen nicht so hoch über Bord, dass wir nass geworden wären. Es regnete nicht, der Dunst hielt sich auch in Grenzen – er war an Land stärker als auf See –, und so kamen wir recht gut voran und hatten keine Probleme mit den Wogen.
    Shuman lenkte das Boot. Bill, Suko und ich hatten unsere Plätze unter Deck gefunden. Es gab hier so etwas wie eine Kabine, mehr lang als breit, auch mit zwei Schlafgelegenheiten ausgestattet und einer kleinen Kochstelle, um sich ein frugales Mahl zubereiten zu können. Die Sitzbänke in der Kabine waren festgeschraubt, und so rutschten sie unter uns auch nicht weg, wenn die Wellen mal wilder wurden und auch höher schlugen.
    Bill hatte sein Kinn gegen die Hände gestützt. »Was meint ihr? Gibt es auf der Insel noch Personen, die

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