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Das geheime Bild

Das geheime Bild

Titel: Das geheime Bild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eliza Graham
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beiseitetreten sollen, aber stattdessen machte Emily sich an der Wand schmal, um sie vorbeizulassen.
    »Danke«, hatte eine von ihnen über die Schulter gesagt. Die anderen schienen Emily gar nicht bemerkt zu haben. Ich wollte die Mädchen zur Rede stellen. Aber der kühle Blick Emilys hielt mich davon ab. Ich spürte, dass sie es mir nicht danken würde, wenn ich etwas sagte. Dennoch spürte ich ihren Groll. Und verstand ihn. Einige der Schüler hier trugen ein Anspruchsdenken zur Schau, das bei mir manchmal Sehnsucht nach den weniger selbstsicheren Schülern an der Staatsschule weckte, die ich verlassen hatte.
    Mein Vater musterte mich noch immer. »Manchmal sieht man einen Schüler oder eine Schülerin an, und irgendetwas macht einen stutzig. Dann wird dir klar, dass er oder sie dich an jemanden erinnert, den du vor vielen Jahren gekannt hast.« Er blinzelte und zeigte sich selbst überrascht über seine Worte.
    Die Glocke läutete, bevor ich ihn fragen konnte, welcher Schüler oder welche Schülerin das war, dessen oder deren Züge ihn nicht losließen. Ich warf einen Blick auf meine Uhr. Ich müsste lossprinten, doch rennen war innerhalb von Letchford verboten. Eine weitere der Regeln, die Vater hatte einführen müssen, als die Schule größer wurde. »Ich war der Auffassung, die Leute sollten sich in der Geschwindigkeit bewegen dürfen, die sie sich zutrauten, solange sie damit keinen anderen gefährdeten«, hatte er mir einmal erzählt. »Aber heutzutage sagt man uns, dass keiner rennen darf.« Dabei verschloss sich sein Gesicht, und ich wusste, dass er an die Prinzipien dachte, die ihm am Herzen lagen: Wahlfreiheit und keinerlei Autoritätsdruck, Ideen, die der Staat in seiner Heimat nicht zugelassen hatte. Seiner Wunschvorstellung nach sollte diese Schule ganz anders sein, aber nach und nach hatte sie die Werte absorbiert, die er ursprünglich verworfen hatte: Konformität, Konservativismus, Risikofeindlichkeit.
    »Ich werde Olivia zu Mittag ihr Tablett bringen und nach ihr sehen«, rief ich ihm über meine Schulter hinweg zu.
    »Würdest du das tun?«, fragte er dankbar. »Ich habe Cathy gebeten, mit ihr über diese … andere Sache zu sprechen.«
    Als ich um 12:30 Uhr das Gavin House erreichte, saß Olivia im Wohnzimmer und sah sich eine australische Soap an. »Ich bringe dir das Essen.« Vom Duft der Lasagne bekam ich selbst Hunger. Ein gutes Gefühl. In den vergangenen Monaten waren der Hunger und ich uns aus dem Weg gegangen.
    »Danke, Mrs. Cordingley.« Sie lächelte zaghaft. »Ich komme mit in die Küche, hier drin dürfen wir nicht essen.« Sie führte mich zur Küche und machte beim Gehen einen recht stabilen Eindruck. Auf ihre Wangen war wieder etwas Farbe zurückgekehrt. Die für das Gruppenhaus zuständige Lehrerin war nicht in der Küche, also stellte ich den Teller Lasagne selbst in die Mikrowelle, um sie aufzuwärmen, wobei ich mich allerdings fragte, ob nicht eine Gesundheits- und Sicherheitsanweisung festlegte, dass ungeschultem Personal die Benutzung der Schul-Mikrowelle verboten war.
    Sie aß ihre Mahlzeit mit gutem Appetit. »Ich bekomme immer glutenfreie Pasta«, sagte sie fast stolz. Als sie mit der Gabel ihre Lasagne zum Mund führte, rutschte ihr Ärmel zurück. Der Schnitt an ihrem Arm sah heute schon weniger rot aus.
    »Fühlst du dich denn besser?«, fragte ich sie.
    Sie nickte mit vollem Mund. »Morgen kann ich wieder zurück in die Klasse«, sagte sie, nachdem sie hinuntergeschluckt hatte.
    »Wir haben deine Tante angerufen.«
    Ihre Augen wurden schmal. »Ja.«
    »Du solltest wirklich zu Hause sein.«
    »Sie arbeitet.«
    »Du musst sie doch vermissen.«
    Sie zuckte mit den Achseln. »Für gewöhnlich kann sie sich in den Ferien ein paar Tage freinehmen. Dann fahren wir weg. Oder sie meldet mich in einem Ferienlager an. Tennis, Kunsthandwerk oder so. Das wird in den Herbstferien der Fall sein.« Sie sagte dies resigniert und ohne Begeisterung.
    Armes Kind: Wochenlang auf dem Internat und dann während der Ferien in ein Lager abgeschoben. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass Olivia der Aufenthalt in einem Ferienlager Spaß machte. Sie schien mir vielmehr der Typ Mädchen zu sein, der sich mit einem guten Buch zurückzog. Hoffentlich verriet mein Gesicht mein Mitleid nicht. »Sie lebt in der Nähe von Wokingham, nicht wahr?«
    Olivia nickte. »Das ist ein kleines Dorf.«
    »Ist es hübsch dort?«
    Ein Schatten huschte über ihr Gesicht. »Es ist ganz in Ordnung.« Sie spießte

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