Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das geheime Bild

Das geheime Bild

Titel: Das geheime Bild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eliza Graham
Vom Netzwerk:
als ich ihn fragte, ob er Samson nehmen würde. »Kein Problem. Dann muss ich raus, das wird mir guttun. Mir kommt das nur ein wenig überstürzt vor, Meredith. Ist denn alles in Ordnung?«
    »Ja. Nein.« Ich kratzte mich am Kopf. »Ich bin mir nicht sicher.«
    »Nun, wenn Charles findet, dass die Reise wichtig ist, dann sollten wir ihm da nicht widersprechen, denke ich.«
    »Nur noch eins.« Ich zögerte, weil ich nicht wusste, wie ich es formulieren sollte. »Wir versuchen, es nicht an die große Glocke zu hängen, dass wir in die Republik Tschechien fahren. Es ist eher ein privater Besuch. Du bist der Einzige, dem wir es gesagt haben.« Er wirkte erfreut.
    »Das Geheimnis ist bei mir sicher.«
    Und ein Geheimnis sollte es sein. Mein Vater hatte darauf bestanden, dass wir es keiner Menschenseele sagten. Ich hatte mich sofort ins Internet eingeloggt, um nach billigen Flügen zu suchen. Für den heutigen Abend war nichts mehr zu bekommen, deshalb hatte ich uns Plätze für den nächsten Morgen reserviert, Abflug um halb sieben von Stansted. Es war mir außerdem gelungen, für Prag einen Leihwagen zu mieten und uns für die Nacht von Samstag auf Sonntag Zimmer in einem Gasthof nahe der deutschen Grenze zu reservieren, am Flughafen würde ich mich dann noch mit Landkarten und Reiseführern eindecken. Jetzt hatte mich die Aufregung gepackt. Zum ersten Mal, seit Hugh an Schläuchen hängend in der riesigen Maschine nach Hause geflogen worden war, gab es etwas, das meinem Leben Antriebskraft gab. Ich machte mir klar, dass ich seit nunmehr anderthalb Jahren das Land nicht verlassen hatte. Das trübe herbstliche England hinter mir zu lassen konnte keine schlechte Idee sein.

25
    Charles
    I ch glaube, das ist das Hotel.« Charles spähte hoch zu dem hölzernen Schild über der Tür. Jetzt konnte er den Namen erkennen.
    Meredith parkte den Wagen vor der Pension. Eigentlich war es eher ein kleines Hotel, wie er erleichtert feststellte. Er hatte das arme Mädchen mit hierhergeschleppt. Sie war überrascht gewesen, als er ihr diese Reise vorschlug, hatte sich aber sofort bereit erklärt mitzukommen. Er konnte ihr nicht sagen, was ihn beschäftigte, was ihm Kopfzerbrechen bereitete. Er hatte es so viele Jahre, Jahrzehnte sogar, geheim gehalten. Aber Susan war tot, und er konnte ihr nicht mehr wehtun, indem er seine Erinnerungen zuließ. Er würde sie unter die Lupe nehmen und sehen, was sie bei ihm auslösten. Entscheiden, ob er schuldhaft gehandelt hatte oder nicht.
    Aber es musste hier getan werden, hier in Böhmen. In der Republik Tschechien. Der Tschechoslowakei. Ein Ort, so viele Namen. Genauso wie er andere Namen angenommen hatte. Karel Stastny war zu Charles Statton geworden. Aber jetzt forderte Karel eine Chance, wieder er selbst zu sein. Der junge Künstler forderte den verantwortungsbewussten, biederen Schuldirektor heraus, und er hatte keine Ahnung, wer gewinnen würde. Manchmal dachte er, der in ihm tobende Kampf müsse sich auch äußerlich manifestieren. Gut möglich, dass es Merry auffiel. Womöglich hatte er Zuckungen im Gesicht. Seine Hand zitterte, das wusste er genau.
    Er stieg aus dem Wagen. Die Kälte umhüllte ihn wie ein eisiges Cape, als er seine und Merediths Tasche herausholte. In der Wärme der Rezeption atmete er erleichtert aus. Überall Dielenböden aus Holz und viel Glas. Gut. Das würde Meredith gefallen. Unbelastet von Gegenständen, hatte sie sich in diesem Apartment in den Stallungen eingerichtet. Minimalistisch. Sie behauptete, es gefalle ihr so, aber er hatte da seine Zweifel. Als sie und Hugh frisch verheiratet waren, hatten sie ihre Wohnung mit persischen Teppichen und Keramik eingerichtet, die von ihren Reisen oder von Hughs Stützpunkten stammten. Damals hatte seiner Jüngsten überhaupt nichts Minimalistisches angehaftet. Sie tat ihm unendlich leid.
    Die Dame vom Empfang begrüßte ihn auf Englisch, und eine Sekunde lang wäre es ihm leichter gefallen, in derselben Sprache zu antworten, aber er zwang sich, ihr auf Tschechisch zu sagen, dass sie gestern online Zimmer reserviert hatten. Sie reagierte auf seine Antwort mit einem überraschten Zwinkern und widmete sich dann ihrem Computer. Seiner Mutter hatte er Briefe auf Tschechisch geschrieben, aber seit er das Flüchtlingslager in München verlassen hatte, hatte er kein Wort mehr in seiner Muttersprache gesprochen. Er fragte sich, ob er sich womöglich altmodisch und gestelzt anhörte. Vermutlich. Sprachen entwickelten sich heutzutage

Weitere Kostenlose Bücher