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Das geheime Kind

Das geheime Kind

Titel: Das geheime Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Kastura
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Kontakt zu meiner Familie.«
    »Aus einem besonderen Grund?«, fragte Raupach weiter. »Gab es Streit?«
    »Nein.« Die Antwort kam widerwillig.
    »Hat es Sie gestört, dass Wintrich bei Ihnen zu Hause einzog?«
    »Nein! Otto war schon in Ordnung.«
    »Brachte er nicht Ihre Eltern auseinander? Vor zehn Jahren?«
    Ein überraschter Blick, Corinnes Gedanken wanderten in der Zeit zurück. »Seh ich nicht so. Aber was geht Sie das an?«
    »Wir müssen alles wissen.« Raupach kam es so vor, als redete er mit einem frühreifen Kind. »Alles, was wichtig sein könnte.«
    »Ach so.«
    »Ihr Vater war sicher nicht gut auf Wintrich zu sprechen.«
    »Was hat denn Papa damit zu tun?« Corinnes Ablehnung wuchs. Zugleich wirkte sie erschöpft, als würde sie jede Frage ermüden.
    »Wie verstehen Sie sich denn mit Ihrem Vater?«
    »Wir haben uns schon seit längerem nicht gesehen.«
    »Um Nicolas kümmert er sich aber.«
    »Hoffentlich.«
    »Sie bleiben lieber für sich, wie? Endlich eine eigene Wohnung, raus aus dem alten Jugendzimmer.« Raupachs Blick fiel wieder auf die Tierposter.
    »Ich bin gern allein.« Corinne hielt inne. »Ich mag das.«
    »Ihr kleiner Bruder ist ausgerastet, als er von dem Mord erfahren hat. Er wurde aggressiv.«
    »Wirklich?«, fragte Corinne, für einen Augenblick besorgt.
    »Er hing wohl sehr an Otto.«
    »Nicolas ist … Wenn er jemanden mag, dann richtig.«
    »Thorben war da. Er hat sich um ihn gekümmert.«
    Staunen. Dann, mechanisch: »Wir waren gestern im Kino, Thorben und ich.«
    »Der neue Film mit Brad Pitt?«, half Raupach und nahm die Antwort absichtlich vorweg.
    »Genau.«
    »Welcher Film?«
    »Irgendwas mit einem englischen Titel.«
    »Gehen Sie oft ins Kino?«
    »Wann kommt man schon dazu? Hat sich so ergeben.«
    Nichtssagend, fand Raupach, bloß kein Wort zu viel. Corinne machte es sich zu einfach. Damit er sie möglichst schnell in Ruhe ließ und wieder verschwand.
    Es wurde Zeit, dem Mädchen auf den Zahn zu fühlen. »Haben Sie Beruhigungsmittel genommen?«
    Große Augen. »Und wenn schon?«
    »Die Sache nimmt Sie mit. Mehr, als Sie zugeben wollen.«
    »Warum sind Sie hier? Um mir zu sagen, dass alles nicht so tragisch ist?«
    »Was denn?«
    »Na, der Tod. Bestimmt haben Sie eine ganze Sammlung von klugen Sprüchen auf Lager, für die Hinterbliebenen.« Corinne gab ihre Zurückhaltung auf. Als habe sie ihre Lethargie abgestreift wie einen Schlafanzug, der beim Waschen eingelaufen war. »Legen Sie mal los! Schrecklicher Schicksalsschlag – wie wär’s damit?«
    »Stimmt.«
    »Unerklärlich, das kommt noch dazu. Sonst würden Sie mich nicht mit Fragen bombardieren.«
    »Das ist mein Job.«
    »Und der Täter? Muss ein Monster sein, oder? Der Spatenkiller. Ein Irrer. Stellt die Polizei vor ein Rätsel. Schlägt vermutlich bald wieder zu.« Sie blickte zur Tür. »Deswegen sollte ich besser aufpassen, wen ich zu mir in die Wohnung lasse.«
    »Sie lesen zu viele Romane«, wandte Raupach ein.
    »Von Büchern haben Sie doch keinen blassen Schimmer.«
    »Na ja …«
    Corinne nahm einen ihrer Historienschinken in die Hand. »Was da drin steht, ist alles logisch aufeinander aufgebaut. Darauf kann man sich verlassen. Wenn da jemand stirbt, hat das einen guten Grund. Es muss einen haben, sonst liest man nicht weiter.«
    »Diese Geschichten leben von der Vergangenheit. Einer Vergangenheit, wie die Autoren sie uns ausmalen.«
    »Gut, dass sich wenigstens ein paar Leute Gedanken darüber machen.«
    Raupach war es gewohnt, dass man sich an ihm abreagierte. Manchmal fühlte er sich wie ein Crashtest-Dummy. Doch Corinnes plötzliche Renitenz hatte große Ähnlichkeit mit Nicolas’ Verhalten. Und mit Thorben teilte sie ihre Skepsis gegenüber der Polizei. »Dafür, dass Sie zu Otto Wintrich angeblich kein nennenswertes Verhältnis hatten, sind Sie ganz schön neben der Spur.«
    »Schon mal was von Mitleid gehört? Oder meinen Sie, es geschah Otto ganz recht, einfach so totgeschlagen zu werden?«
    Auf diese Weise kamen sie nicht weiter. Raupach versuchte es anders. »Erinnern Sie sich an den weißen Stoffbären, den Sie früher mal hatten?«
    Sie starrte den Kommissar an, als hätte er ihr eine Ohrfeige verpasst, Corinne, dem kleinen Mädchen, das sich eingeschüchtert und voller Unverständnis wunderte, warum seine Backe brannte wie Feuer.
    »Numi?«, brachte sie schließlich hervor. »Wie kommen Sie denn auf den?«
    »Ist das sein Name? Numi, der Eisbär?«
    »Ja, der gehört mir! Wo ist er?«
    »Otto

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