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Das geheime Kind

Das geheime Kind

Titel: Das geheime Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Kastura
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Wintrich hat ihn beim Trödler eingetauscht. Gegen ein Schachspiel für Nicolas.«
    »Otto?« Corinne schien gar nichts mehr zu verstehen. »Otto hat Numi weggegeben? Wie konnte er das tun?«
    »Vielleicht wusste er nicht, wie viel Ihnen Numi bedeutet«, schlug Raupach vor.
    »Kann sein«, sagte sie entgeistert. »Ja, das wusste er nicht.«
    »Wenn Sie ihn wiederhaben möchten, gebe ich Ihnen die Adresse.«
    Plötzlich schlang Corinne die Arme um ihren Oberkörper und kippte zur Seite. Sie begann, stumm in die Polsterung des Sofas zu weinen.
    »Was ist los? Alles in Ordnung?«
    Sie zog die Beine an und krümmte sich zusammen.
    Raupach war ratlos. »Hängen so viele Erinnerungen an dem Stofftier?« Er legte die Hand auf ihre Schulter und sprach wie mit einem Kind. »Keine Sorge. Eisbären legen manchmal weite Strecken zurück. Irgendwann tauchen sie wieder auf.«
    »Gehen Sie weg«, kam es mit erstickter Stimme zurück. Dann, schärfer: »Und fassen Sie mich nicht an!«
    »Schon gut.«
    Schweigen. Wieder Weinen.
    Raupach beobachtete sie noch eine Weile und fragte sich, ob dieser Heulkrampf echt oder nur gespielt war. Er kam zu keinem Schluss.
    Schließlich stand er auf und verließ die Wohnung, vermied es, dabei unnötige Geräusche zu machen. Vielleicht hatte er Corinne zu viel zugemutet?
    Warum war er nicht zusammen mit Photini hergekommen? Das wäre besser gewesen, zwei Frauen. Stattdessen war er mit all seiner Bullenautorität hier anmarschiert und hatte keinen Zugang zu dem jungen Ding gefunden. War ihm sein Einfühlungsvermögen abhanden gekommen? Woran lag es, dass die Leute bei ihm in letzter Zeit so schnell in die Defensive gingen?
    Unten auf der Straße waren die Jugendlichen verschwunden. Raupach warf noch einen Blick hinauf zu Corinnes Wohnung. Der Lichtschein war in Bewegung, eine Gestalt huschte am Fenster vorbei. Anscheinend hatte sie sich wieder gefangen.
    Ein bisschen Ablenkung konnte ihr jetzt nicht schaden, fand er. In Corinnes Alter war er mit seinen Kumpels dauernd um die Häuser gezogen. Was sie jetzt wohl machte?
    Jedenfalls war es kein Wunder, dass sie in diesem tristen Zimmer Depressionen bekam. Mit neunzehn Sedativa einwerfen und Todesgedanken wälzen, da reichte schon ein verlorengegangenes Stofftier, um das Fass zum Überlaufen zu bringen. Dabei schien Corinne recht intelligent. Wären ihm doch ein paar aufmunternde Worte eingefallen.
    Raupach stieg in den Wagen und fuhr los. Was für eine Sorte Bulle war er eigentlich? Die Frage der alten Havemann hatte ihre Berechtigung. Ein netter? Ein ekliger?
     
    PATRICK PROTESTIERTE LAUTSTARK. Photini beschwichtigte ihn mit ein paar Zärtlichkeiten, halbherzig, die Luft war raus aus dem Schäferstündchen.
    »Ich muss noch mal weg. Echt. Tut mir leid.«
    »Um diese Zeit?« Es klang wie Miauen, Patrick versuchte sich als Photinis imaginäre Katze.
    Sie hüpfte aus dem Bett und klaubte ihre Pantys vom Boden. Der Gummizug war gerissen. »In deinem Job ist das doch sicher auch so. Dringender Termin für ein Fotoshooting, die Models warten schon …«
    »Kein Vergleich.«
    »Häh?«
    »Neben dir sehen die wie überzüchtete Hühner aus. Die haben einfach nicht deine Klasse.«
    Das ging runter wie Öl. Photini stellte ein Bein nach vorn und sah an sich herab. Bemerkte, dass sie völlig nackt war. Sie holte ein Badetuch aus dem Wäscheschrank und schlang es sich um den Körper.
    »Models sind sterbenslangweilig. Mit denen kann man kein vernünftiges Wort wechseln.«
    »Zum Reden sind wir bisher auch kaum gekommen.« Sie lächelte hintergründig.
    Patrick schwang sich auf die Bettkante. Im Sitzen war er genauso groß wie Photini. Die Höckerlandschaft an seinem Bauch erinnerte an einen Saurierpanzer. Ansonsten war der Oberkörper nicht auftrainiert. Ein bisschen schlaksig, wie Photini es mochte.
    Er dimmte das Licht hoch, fühlte sich wie zu Hause.
    »Wie ist das wirklich als Fotograf?« Sie lehnte sich an den Schrank. »Der pure Stress oder mehr so Party?«
    »Man muss im richtigen Moment abdrücken.«
    »Bist du nicht am Dauerknipsen, wenn die Mädchen posieren? Damit du dir am Ende die beste Aufnahme raussuchen kannst?«
    »Nein. Man muss warten. Bis alles stimmt.« Patrick ging zu seiner Jacke und nahm eine kleine Digitalkamera heraus.
    Photinis Blicke folgten ihm. Er genoss es.
    »Das Bild wird am besten, wenn das Motiv an gar nichts denkt.«
    »Was machst du da?«, fragte sie.
    Er ging in die Hocke und visierte sie durch den Sucher an. Strich sich

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