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Das geheime Kind

Das geheime Kind

Titel: Das geheime Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Kastura
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seine rotblonden Zotteln aus dem Gesicht. »Das Tuch muss weg.«
    »Und ich muss gleich los. Hast du sie noch alle?«
    »Nur eine Aufnahme. Eine einzige.« Ein bittender Blick – dem sie einfach nicht widerstehen konnte.
    »Ich soll an gar nichts denken, während du hier splitternackt … rumhängst?«
    Patrick schnappte sich ihr weißes T-Shirt und stopfte es sich zwischen die Beine. »Besser so?«
    In ihrer neuen Beziehung gab es noch einiges zu klären, fand Photini.
    Na dann, warum nicht? Sie schüttelte das Handtuch ab.
    »Wow!« Er stellte die Kamera ein.
    »Was soll ich tun?« Sie drehte sich leicht und blickte über die Schulter, stolz auf ihren makellosen olivenfarbenen Teint.
    »Hast du eine Dienstwaffe?«
    »Klar.«
    »Her damit!«
    Photini nahm ihre Walther P99 aus der Nachttischschublade. Klickte das Magazin heraus.
    »James Bond hat die gleiche, oder?«, meinte Patrick.
    Sie stellte sich seitlich hin und hielt die Pistole neben ihr Gesicht, der Lauf zeigte nach oben. Mit der anderen Hand stützte sie den Ellbogen ab.
    »Heilige Scheiße!« Er pfiff durch die Zähne. »Nimm sie noch ein paar Zentimeter runter.«
    »So?«
    Die Kamera machte allerhand Geräusche.
    »Das war’s.« Photini legte die Pistole weg und hüllte sich wieder in ihr Badetuch. »Zeig mal.«
    Viel war auf dem winzigen Display der Kamera nicht zu erkennen. Die Aufnahme sah trotzdem verteufelt gut aus. Photini und ihre Walther, zwei zum Verlieben.
    »Ich benutze das Ding nur für unterwegs. Hat ’ne super Bildauflösung.« Patrick nahm seine Freundin in den Arm und küsste sie.
    Ein bisschen zu lang. »Schluss für heute.«
     
    ALS SIE AUS DER DUSCHE KAM. war ihr Lover verschwunden. Taktvoller Rückzug oder eingeschnappter Abgang?
    Anziehen, Waffe überprüfen, und los. Um ihr Aussehen leicht zu verfremden, setzte sie eine Military Cap à la Fidel Castro und eine leicht getönte Brille auf. Zog sie Mörder Liebhabern vor? Gut möglich.
    Während sie die Treppe hinunterging, rief sie über Handy Reintgen an und erkundigte sich nach Plavotic und seinem Taxi.
    Stille in der Leitung.
    »Hören Sie mich?«, fragte sie.
    »Ähm …, wir haben ihn verloren«, sagte Reintgen kleinlaut. Man konnte förmlich spüren, wie er sich auf seinem Sitz zusammenkauerte.
    »Verloren.« Photini blieb stehen.
    »Vor einer halben Stunde, am Zoo. Er hat plötzlich Gas gegeben, ist scharf abgebogen, und weg war er.«
    »Wo haben Sie eigentlich Autofahren gelernt?«
    »Hilgers saß am Steuer. Der hat’s verbockt.«
    Im Hintergrund hörte man lautstarken Protest. Hilgers war anderer Meinung.
    »War das schlicht und einfach Unfähigkeit?«, fragte Photini. »Oder hat Plavotic bemerkt, dass er beschattet wird?«
    »Schwer zu sagen.«
    »Schlechte Antwort, Reintgen. ›Schwer zu sagen‹, das heißt so viel wie: ›Keine Ahnung. Bin überfordert. Kann das nicht ein anderer machen?‹«
    »Vielleicht hat er einen neuen Fahrauftrag bekommen und musste sich beeilen.«
    »Vielleicht gewinne ich morgen im Lotto. Dann muss ich mir nie mehr Ihre Kaffeesatzleserei anhören.« Photini ging durch den Hausflur nach draußen und knallte die Tür ins Schloss. »Sind Sie noch dran?«
    »Seit Stunden schleichen wir jetzt diesem Taxi hinterher, oder wir parken irgendwo in der Nähe, damit es nicht auffällt. Der Typ fährt einen Mercedes Kombi, C-Klasse, der Stern auf der Heckklappe und das verfluchte Nummernschild verschwimmen mir schon vor den Augen. Außerdem hat er so einen Köln-Aufkleber mit der Skyline hintendrauf, davon werd ich die ganze Nacht träumen. Dann passen wir einmal nicht richtig auf, ein einziges Mal, und Sie blöde Kuh scheißen uns zusammen wie zwei Chorknaben.« Reintgen machte seinem Ärger Luft. Das kam selten vor. Normalerweise fraß er die kleinen und großen Demütigungen des Tages in sich hinein und reagierte sie mit vollem Einsatz beim Fußball ab, Kreisliga B, Innenverteidigung. Seine Ex-Freundinnen hielten ihn für ein Kind, das immer schon schwierig gewesen war.
    »Fertig?«, fragte Photini.
    »Na los! Hängen Sie mir wegen der Kuh ’ne Dienstaufsichtsbeschwerde an.«
    »War es nicht blöde Kuh?«
    »Ich hab mich noch zurückgehalten.«
    Bisschen einfallslos, fand Photini, Reintgens Beschimpfungen wiesen gewisse Reifedefizite auf.
    Doch ihre Enttäuschung über die vermasselte Observation legte sich, je mehr sie sich darüber aufregte. Photini war ein Gewitter, das schnell vorüberzog. »Ich hab auch einen langen Tag hinter mir«, lenkte sie

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