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Das geheime Kind

Das geheime Kind

Titel: Das geheime Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Kastura
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Lakens bedeckte die interessanten Stellen.
    Nicolas entschied sich für Lara, die wirkte am jüngsten, unverbraucht. Sie hatte tolle Brüste. Das Gesicht konnte er auf dem Bildschirm kaum erkennen, war auch nicht so wichtig. Die schwarzen Haare, die helle Haut, der unschuldige Blick zogen ihn an. Irgendwie kam ihm Lara bekannt vor. Ein Mädchen aus der Nachbarschaft, aufgestylt fürs Internet?
    »Wenn du Lara kennenlernen willst, klicke hier für den Live-Video-Chat«, hieß es auf dem Bildschirm.
    Er bestätigte und gelangte über einen Gastzugang in Laras »Schlafzimmer«. Es dauerte eine Weile, dann erschien ihr Gesicht, in Echtzeit. Sie war stark geschminkt und trug ein dünnes Trägerhemdchen. Lara saß auf einem Sofa, im Hintergrund hing ein rotes Seidentuch an der Wand. Sie guckte an der Kamera vorbei auf einen Monitor. Der war nicht im Bild, nur der Rand einer Tastatur direkt vor ihr.
    Das Dialogfenster unter der Live-Cam-Anzeige wies noch keine Einträge auf. Lara wartete also auf Internet-Besucher, ausdruckslos, gelangweilt, schläfrig, als sei sie gerade erst aufgestanden und machte sich auf eine lange Nacht gefasst.
    Nicolas konnte Lara sehen, aber nicht umgekehrt. Wie bei diesen Scheiben, die nur in einer Richtung durchsichtig waren, Einwegglas. Bei der Polizei gab es so etwas, bei Gegenüberstellungen, damit verdächtige Personen nicht merkten, von wem sie identifiziert werden sollten.
    Plötzlich verriet ihr Blick, dass auf ihrem Bildschirm eine Meldung hereingekommen war. Jetzt sah er es auch: »Gast 159 angemeldet«.
    Das war er. Toll. Da saß dieses Mädchen, angeblich irgendwo in Köln, und wusste, dass sie über irgendeinen Computer beobachtet wurde. Begutachtet. Ob sie hübsch war und irgendwie den Vorlieben von Gast 159 entsprach. Dem Unsichtbaren.
    Nicolas musste jetzt etwas eingeben.
    »Hallo, du siehst gut aus«, fing er an.
    Kurz darauf konnte sie seinen Eintrag in dem Dialogfenster lesen.
    Lara zeigte kein Lächeln oder so etwas. Fühlte sie sich nicht geschmeichelt? Sie beugte sich vor und tippte.
    »Was magst du am liebsten?«, schrieb sie.
    Erkundigte sie sich nach seinen Hobbys? Wohl kaum, Lara kam sofort zur Sache. Sie wollte wissen, was für eine Art Geschlechtsverkehr er bevorzugte.
    Nicolas kannte Sexdarstellungen nur aus dem Netz. Ein ziemlicher Hammer, wie die sich da verrenkten und ihre Körper auf eine Weise verbogen, die zwar nicht unnatürlich wirkte, aber fremd, wie eine Sportart für Außerirdische.
    Was reizte ihn besonders? Er hatte keine Ahnung. Hauptsache, es machte Spaß.
    Und was machte Spaß, ohne dass ihm jemand, den er überhaupt nicht kannte, zu nahe kam?
    Das ging ihm zu schnell. Wie sollte er die Frage beantworten? Er beschloss, so zu tun, als führte er eine ganz normale Unterhaltung.
    »Spielen«, gab er ein.
    Jetzt schaute Lara ein bisschen genervt. »Okay.«
    Sie lehnte sich zurück und strich über ihre Beine, die in einer enganliegenden kurzen Hose steckten. Fuhr über die Innenseite ihrer Oberschenkel. Schloss die Augen, als würde sie es genießen.
    Lara spielte mit sich selbst, mit ihrem Körper.
    Stopp! So hatte Nicolas das nicht gemeint, als Aufforderung, mit einer Peep-Show loszulegen.
    Andererseits konnte es via Internet wohl nur so funktionieren. Er befahl ihr, was sie zu tun hatte, und sie gehorchte, wie eine Sklavin.
    Nicolas fühlte sich nicht gut dabei. Aber jetzt konnte er nicht mehr zurück. Und wenn Lara herausfand, dass er kein richtiger Kunde, sondern nur ein neugieriger Junge war, würde sie den Kontakt sofort abbrechen.
    Seine Finger verharrten über der Tastatur. Was war der nächste Schritt? »Du machst mich an«? »Zieh dich aus«?
    Bloß nichts Falsches schreiben.
    Lara hörte auf, sich zu befummeln, und beugte sich wieder vor zu ihrem Computer. Gast 159 hatte noch nicht reagiert.
    »Gefällt dir das?«, half sie nach.
    Ein schelmisches Grinsen schlich sich auf ihr Gesicht, das allerdings gar nicht zu ihr passte. Es wirkte gezwungen, schlecht einstudiert.
    »Mehr!«, tippte Nicolas, schickte die Antwort aber noch nicht ab. Er sah genauer hin.
    Lara hatte gerötete Augen.
    Woher kannte er sie bloß? Eine Verkäuferin vom Supermarkt?
    Das wollte er jetzt genau wissen. Es würde die Spannung erhöhen, wenn die Aussicht bestand, Lara demnächst beim Einkaufen über den Weg zu laufen und sie nicht wusste, dass er Gast 159 gewesen war.
    Außerdem interessierte ihn, was in ihr vorging. Er war kein Spanner, der auf Knopfdruck geil wurde und

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