Das geheime Leben der CeeCee Wilkes
“Ach Cory, das tut mir so leid. Ich weiß, wie es ist, wenn einen der Mann, den man liebt, hintergeht.”
“Ich möchte sein Kind bekommen, Mom.”
“Und möchtest du ihn noch immer heiraten?”
Corinne zögerte. Liebte sie ihn überhaupt noch? Sie wusste nicht, ob sie jemals in der Lage sein würde, allein zu leben, ohne jemanden, der sich um sie kümmerte. Sie wollte schon sagen, dass sie ihn brauchte, aber war es nicht genau das gewesen, was ihre Mutter an Timothy Gleason gebunden hatte? Als sie an Ken dachte, wie er in seinem Auto auf sie wartete, verspürte sie plötzlich eine Abneigung gegen ihn.
“Ich habe solch große Angst davor, allein zu sein”, sagte sie ehrlich.
“Cory. Solange ich am Leben bin, wirst du niemals allein sein.”
Eve legte eine Hand an die Scheibe, und ohne auch nur eine Sekunde nachzudenken, hob Cory ihre eigene Hand und drückte sie dagegen. Ihre Hand wirkte jung und zart gegen die deformierten Knöchel und geschwollenen Gelenke ihrer Mutter. Davon aber abgesehen, passten ihre Hände perfekt zusammen.
62. KAPITEL
“A lso, erzählst du mir nun, wie es ihr geht?”, fragte Ken. Sie waren bereits ein paar Meilen gefahren, ohne dass einer von ihnen auch nur ein Wort gesagt hatte.
Cory zögerte einen Moment. “Es war nicht leicht, sie so zu sehen. Eingesperrt.”
“Hast du mit ihr durch eine Glaswand sprechen müssen?”
Sie nickte. “Das war ebenfalls hart.” Sie überlegte, ob sie ihm von dem Rollstuhl und den geschwollenen Knöcheln erzählen sollte, unterließ es aber. Eigentlich hatte sie überhaupt keine Lust, ihm etwas zu erzählen.
“Sie ist da, wo sie hingehört. Ich hoffe, das weißt du.”
“Ken.” Sie sah ihn an. “Ich brauche etwas … Abstand.”
“Zu deiner Mutter?”
“Nein. Zu dir.”
Er starrte verbissen vor sich auf die Straße. “Nicht zu fassen. Ein paar Minuten mit ihr reichen, und sie hat dich wieder im Griff.”
“Das hat nichts mit ihr zu tun”, behauptete sie, obwohl sie wusste, dass das nicht stimmte. Sie hatte gerade erfahren, was Mut bedeutete. Vielleicht trug sie nicht Eves Blut in sich, aber von ihrer Kraft hatte sie doch etwas mitbekommen.
“Ich werde mich scheiden lassen”, sagte er. “Das habe ich dir doch gesagt. Ist nur noch eine Frage von ein paar Wochen. Und dann können wir heiraten, sobald du magst.”
“Darum geht es nicht.”
“Worum geht es dann?”
“Du warst nicht ehrlich zu mir.”
“Aber ich war sehr gut für dich, Corinne. Wie viele Männer hätten es mit deinen Ängsten ausgehalten?”
“Ich möchte nicht mit dir zusammenbleiben, weil ich dich brauche.”
“Und was wird aus dem Baby?”
“Meine Mutter hat mich anfangs auch ganz allein großgezogen.”
“Ja klar. Und sieh nur, wie wunderbar das funktioniert hat.”
“Leck mich.”
“Oh, das ist neu. Ich habe Corinne Elliott noch nie fluchen hören.”
Am liebsten wäre sie umgehend aus dem Auto gestiegen, aber sie waren noch zu weit von zu Hause entfernt.
“Ich habe keine Lust, weiter darüber zu sprechen.”
“Erwartest du, dass ich ausziehe?”
“Ja.”
“Das Haus läuft auf uns beide.”
“Ich zahle dich aus.” Russ würde ihr das Geld bestimmt geben, aber sie wollte allein einen Weg finden.
“Ich gehe nicht”, sagte er. “Denn ich werde kaum meine Sachen gepackt haben und ausgezogen sein, da wirst du mich mitten in der Nacht anrufen und behaupten, ein Geräusch gehört zu haben. Dann muss ich mal wieder kommen und dich retten.”
“Tja, wenn es so schwierig ist, mit mir zusammenzuleben, solltest du froh sein, mich verlassen zu können.”
“Corinne.” Er klang verärgert. “Ich liebe dich. Das ist doch albern. Lass uns heiraten und das Kind bekommen und …”
“Nein.”
“Komm schon, Cor. Du bist durcheinander. Deine Mutter hat dich manipuliert …”
“Lass mich aussteigen.”
“Wie bitte?” In seinem Lachen klang eine Spur von Hohn.
Jetzt waren sie weniger als zwei Meilen von ihrem Haus entfernt. Zwei erbärmliche Meilen. Das würde sie schon schaffen. “Halt an und lass mich aussteigen. Ich möchte nicht länger in deiner Gesellschaft sein.”
Er fuhr an die Seite und sie stieg aus. Erstaunt stellte sie fest, dass er tatsächlich davonfuhr. Ihr wurde schlecht, als sie die endlos lange Straße vor sich sah, und es fiel ihr schwer, zu atmen.
Ein Fuß vor den anderen, redete sie sich gut zu und begann zu laufen. Einfach nicht stehen bleiben.
Sie dachte an ihre Mutter, wie sie aus dem Rollstuhl
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