Das geheime Leben der CeeCee Wilkes
Aber wir sind nicht verwandt.”
“Ist Jack dann mein Daddy?”
“Nein. Jack ist auch ein sehr guter Freund.” Sie wartete. “Wie kommst du darauf, Liebes?”
Cory presste die Lippen zusammen, bis sie kaum mehr zu sehen waren. “Kelsey kommt jeden Morgen mit ihrem Daddy in den Park. Und Hank hat einen Daddy. Und Calvin. Ich glaube, jeder im Park hat einen, nur ich nicht. Ich habe gesagt, dass ich auch einen habe. Dass Marian mein Daddy ist. Und Hank hat mich ausgelacht.”
Eve glaubte, ihr Herz müsse brechen. Sie wünschte, sie könnte sich daran erinnern, wie sie mit ihrer eigenen Mutter über dieses Thema gesprochen hatte. Wie war ihr das Fehlen ihres Vaters erklärt worden? Sie wusste es nicht mehr, erinnerte sich aber noch sehr gut, wie weh es tat, im Gegensatz zu allen anderen Kindern keinen Vater zu haben.
Nun musste sie Cory also zum ersten Mal anlügen.
“Du hattest auch einen Daddy, Cory. Aber er ist leider gestorben.”
“Wie Dino?” Dino war ein Hund, der immer mit den Kindern im Park gespielt hatte.
“Ja. Wie Dino.”
“Mein Daddy ist im Himmel?”
“Ja.”
“War er so krank wie Dino?”
“Nein. Er hatte einen Unfall.”
“Oh.”
“Ich bin auch ohne Daddy aufgewachsen.” Vielleicht war das zu viel Information für Cory, aber aus irgendeinem Grund erschien es ihr wichtig.
“Dein Daddy ist auch gestorben?”
Sie hätte ja sagen können, wollte aber nicht mehr lügen als unbedingt notwendig.
“Er war einfach kein besonders guter Daddy. Ich habe ihn nie kennengelernt.”
“Werde ich meinen Daddy kennenlernen?”
“Nein, Liebling. Tut mir leid. Er kann nicht zurückkommen. Genauso wie Dino.”
Corys Augen füllten sich mit Tränen.
“Komm her, Cory.” Sie nahm ihre Tochter in den Arm und wiegte sie zärtlich.
Cory weinte um einen Vater, den sie niemals kennenlernen durfte.
“Ich hatte vorhin ein schmerzvolles Gespräch mit Cory”, erzählte sie später Jack am Telefon. “Ihr ist plötzlich klar geworden, dass sie keinen Daddy hat. Die Kinder im Park haben offenbar von ihren Vätern erzählt. Sie fragte, ob Marian ihr Daddy sei.”
“Oh. Arme Kleine.”
“Dann fragte sie mich, ob du ihr Daddy bist.”
Jack schwieg einen Moment. “Was hast du gesagt?”, fragte er dann.
“Ich habe natürlich nein gesagt. Und ihr erklärt, dass ihr Vater bei einem Unfall ums Leben gekommen ist.”
“Glaubst du, sie hat verstanden, was das bedeutet?”
“Ich weiß nicht. Sie fragte, ob er zurückkommen könnte. Aber am Ende, glaube ich, hat sie es begriffen. Sie hat geweint. Und ich auch.”
“Ich komme vorbei”, sagte er.
“Jetzt?”
“Ich möchte dich in den Arm nehmen. Das muss ziemlich schwer für dich gewesen sein.”
Ihre Augen brannten. “Es ist schon spät”, murmelte sie, erkannte aber im selben Augenblick, wie sehr sie ihn brauchte.
“Ich bin in ein paar Minuten da.”
Sie legte auf, dankbar dafür, dass dieser verständnisvolle Mann Teil ihres Lebens geworden war.
Etwas später kuschelte sie sich auf dem Sofa an ihn. In seinen Armen fühlte sie sich so wohl wie sonst nirgends.
“Evie”, begann er nach einer Weile.
“Hm?”
“Eigentlich wollte ich das gut geplant und ganz dramatisch tun. Aber ich kann einfach nicht länger warten.”
“Wovon sprichst du?”
“Ich möchte Corys Daddy sein. Und Eves Ehemann.” Er sah sie lange an. “Willst du meine Frau werden?”
Tausend Antworten schossen ihr durch den Kopf. Und Fragen.
Willst du wirklich eine Frau mit einem kleinen Kind nehmen? Du kennst nicht die Wahrheit über mich und wirst sie nie erfahren.
Aber er bedeutete alles für sie. Er war ihr bester Freund, ihr Spielkamerad, ihr Liebhaber – einer, der ihr gezeigt hatte, wie schön es war, einen Orgasmus zu bekommen.
Sie küsste ihn.
“Ja. Bedingungslos ja.”
28. KAPITEL
1 983
Im Mai bestand Eve mit Auszeichnung ihren Hochschulabschluss in Psychologie und im Juni war die Hochzeit. Jacks Familie war dabei und natürlich Marian. Lorraine, die inzwischen als Produktionsassistentin beim Fernsehsender Channel 29 arbeitete, war Eves Trauzeugin und erklärte sich ausnahmsweise sogar bereit, ein Kleid zu tragen. Jacks Trauzeuge war sein Bruder Rob. Cory sollte eigentlich als Blumenmädchen fungieren, bekam es aber kurz vorher mit der Angst zu tun und saß dann doch auf der Kirchenbank neben Marian.
Jack unterrichtete inzwischen Schauspiel an der Highschool, und so waren einige seiner Schüler gekommen, außerdem auch ein paar
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