Das geheime Leben des László Graf Dracula
Unterhose war zerrissen, ihr Leibchen geflickt, und ich wandte mich dem Brandy zu, damit mich das Mitgefühl nicht überschwemmte.
»Möchtest du einen Schluck Brandy?« fragte ich über die Schulter.
»Vielleicht wärmt es dich ein bißchen auf.«
»Nein«, sagte sie mit ängstlicher Stimme. Vielleicht war der Mann, vor dem sie geflohen war, ein Trinker gewesen. Ich versuchte, nicht weiter darüber nachzudenken, denn ich wollte, daß sie undeutlich für mich blieb, eine Fremde.
Als ich ein Glas holen ging, rutschte es mir durch die Finger und zerschellte in der Waschschüssel auf dem Tisch. Meine Hand zitterte.
»Tut mir leid«, sagte ich, mich zu ihr umdrehend.
Rosa stand da, als wüßte sie nicht, wohin mit sich. Unter ihren kleinen Brüsten sah ich die Rippen hervorstehen.
»Wir können das Licht abdrehen, wenn du willst«, schlug ich vor. »Wäre dir das lieber?«
»Ja.«
Sie wandte sich mir zu, und es gelang ihr ein schüchternes Lächeln, das beinah schon etwas Verlockendes hatte.
»Würdest du dein Haar für mich lösen?« fragte ich.
»Das kostet extra«, sagte sie unsicher. »Nur, weil es so lange dauert, es wieder hochzustecken.«
»Das sehe ich ein.«
Ihr Haar war dunkelbraun, mit wenig Glanz, aber als sie es ausgeschüttelt hatte, schien es mehr Dichte zu bekommen und Form anzunehmen. Es umrahmte ihr Gesicht vorteilhaft und verlieh ihr eine fast feenhafte Grazie. Sie fühlte sich unbehaglich unter meinen Blicken.
»Können wir das Licht jetzt ausmachen?« fragte sie.
Ich entkleidete mich schnell in der Dunkelheit und schlüpfte zu ihr ins Bett.
Sie lag auf dem Rücken, vollkommen reglos. Das einzige Zeichen ihrer Gegenwart waren ihre Atemzüge. Ich streckte langsam die Hand aus und berührte ihre Schulter: Sie zuckte nicht vor mir zurück, aber sie erwiderte meine Liebkosungen auch nicht; sie war absolut passiv, als wäre es die natürlichste Sache für sie, sich ganz meinem Willen zu überlassen. Sie setzte zum Sprechen an – ich glaube, sie wollte mich fragen, was sie tun sollte –, aber ich legte einen Finger auf ihre Lippen und bedeutete ihr zu schweigen.
Rosa schlang die Arme um mich, und ich beugte mich hinab, um meine Lippen an den harten, klopfenden Puls ihrer Halsschlagader zu pressen. Das stetige Pochen erweckte mich gleichsam, ließ meine Leidenschaft mit einemmal aufleben. Ich brauchte keine Ausflüchte, keine Selbsttäuschung mehr. So klar wie nie zuvor war mir bewußt, was ich tat, und ich genoß die Vorfreude, zögerte die Lust hinaus, indem ich das Übermaß meiner Erregung zugehe und doch mit wachsender Spannung dem Ende entgegendrängte. Ich hatte sie umgedreht und bestiegen. Ich hielt sie an den Haaren fest, und als der Höhepunkt nahte, zerrte ich ihren Kopf zurück, bis ihre Kehle straff war – zu straff, als daß sie noch hätte aufschreien können –, und kurz bevor ich mich entlud, holte ich die Glasscherbe aus meinem Mund und schlitzte ihr die Kehle auf; während der Gott sich in Ekstase emporschwang, beugte sich die Bestie nieder, um das sprudelnde Blut einzusaugen.
ABEND
Heute morgen wurden die Möbel abgeholt, und ich entließ Luzi. Sie kehrt nur ungern in ihr Dorf zurück, nachdem sie die Annehmlichkeiten des Stadtlebens kennengelernt hat, aber sie wird tun, was ich ihr rate. Sie wird niemals wissen, wie nah sie daran war, in Estelles Fußstapfen zu treten.
Die paar Stunden vor Abfahrt des Zuges verbrachte ich in den Rácz-Bädern.
König Matthias hat sie vor vierhundert Jahren über den heißen Quellen erbaut, und seit der Zeit der Türken haben sie sich nicht verändert. Ein dicklicher, weibischer Jüngling mit rollenden Hüften händigt Handtücher aus. Die Männer sitzen wie Mönche in dem dampfenden Raum, vertreiben sich die Zeit mit müßigem Geplauder, aber eigentlich ist es viel zu heiß, um zu reden. Es ist zutiefst reinigend, so zu schwitzen. Es ist fast zu heiß zum Denken, doch einen Gedanken fühle ich bleischwer auf mir lasten: Ich weiß jetzt, was ich bin.
Ich bin dreckig. Ich habe mich selbst immer tiefer und tiefer in diese Perversion begeben, durch scheinbar harmlose Schritte. Ich bin tollkühn am Rand des Mahlstroms einhergepaddelt, habe die Augen von dem strudelnden Sog abgewandt, bis es zu spät war. Nun bin ich hilflos meiner abstoßenden Leidenschaft ausgeliefert. Wie der Trunkenbold, der nach einer Flasche Wein greift und sich einbildet, seine Sucht zu beherrschen, wie der Päderast, der sein Interesse an jungen Burschen
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