Das geheime Leben des László Graf Dracula
gemessen an dem bedrohlichen Vorgeplänkel. Ich registrierte erleichtert, daß der Beitrag, den er mir zugedacht hatte, mich keiner ernsthaften Gefahr aussetzte.
»Es wird mir eine Freude sein, meinen Teil beizusteuern«, sagte ich.
Rado schien aufzuatmen, als hätte er nunmehr sein Ziel erreicht. »Ich wußte, daß Sie das sagen würden«, strahlte er. Seine gute Laune war zurückgekehrt.
»Übrigens, tut mir leid, daß ich Sie in Ihrem pied-à-terre kontaktieren mußte.«
»Das ist schon in Ordnung«, sagte ich so eisig, wie es sich gerade noch mit der gebotenen Höflichkeit vereinbaren ließ.
»Sehen Sie, es gab keine andere Möglichkeit, Sie zu erreichen, und ich hatte gerade heute die Nachricht erhalten, daß der Prinz eine Einladung akzeptiert hat, die ihn im nächsten Sommer in Ihre Gegend führen wird.«
»Ich verstehe. Lassen wir es dabei bewenden.«
»Aber Sie verstehen doch, mein Freund, daß wir Sie erst auf Herz und Nieren prüfen mußten? Denn wie hätten wir sonst sicher sein können, daß Sie der Richtige für unser Vorhaben sind?«
Sein entschuldigender Ton klang falsch. Ich wußte sehr gut, daß nichts von dem, was er für den Erfolg seiner Mission als notwendig erachtete, einer Rechtfertigung bedurfte. Soviel hatte er mit seiner versteckten Drohung klargemacht, und ich hatte keine andere Wahl, als ihn ausreden zu lassen und zu beten, daß seine Spione ihm noch nichts über Estelles Tod hinterbracht hatten.
»Ich hatte ja noch keine Gelegenheit, die junge Dame selbst kennenzulernen, aber wie ich höre, soll sie ganz entzückend sein.«
»Wir pflegen keinen Umgang mehr«, sagte ich steif, voller gekränkter Würde.
»Ah.«
»Die junge Dame ist zu ihrer Familie zurückgekehrt.«
»Nun, das vereinfacht die Dinge natürlich, nicht wahr? Und das ist ganz in unserem Sinne. Eine ruhige, unauffällige Lebensweise eignet sich am besten für einen Verschwörer.«
»Freut mich zu hören«, sagte ich grimmig. Was konnte ich schon tun? Rado hatte mich wie ein Insekt unter dem Vergrößerungsglas festgespießt. Ich sagte mir, daß es noch viel schlimmer hätte kommen können.
»Eine Zeitlang waren wir etwas besorgt wegen dieses jungen Burschen.«
»Welcher junge Bursche?«
»Verdammt! Waren es denn mehr als einer? Uns war nur dieser Preisich aufgefallen. Sie wissen doch von ihm, nicht wahr? Zivilbeamter im Finanzministerium? Recht vielversprechend, offenbar. Ein strammer blonder Sachse – hat sich ziemlich häufig als Besucher in der Wohnung eingefunden, während Sie weg waren.«
»Was wollen Sie von mir?«
»Ich war gespannt, wie Sie sich im Fall Preisich verhalten würden. Ich meine, Sie konnten den Burschen wohl kaum fordern, nicht wahr? Ein Duell mit einem Zivilbeamten? Ausgeschlossen. Aber so einfach hinnehmen konnte man es ja auch nicht. Ich bin sehr erleichtert, daß Sie das Mädchen vor die Tür gesetzt haben. Das war genau das richtige.«
»Ich bin froh, daß Sie so denken.«
Oberst Rado langte nach dem Klingelzug, um den Diener zu rufen. »Das einfache Leben«, murmelte er versonnen, die Nase in seinem Glühweinglas.
»Ich rate Ihnen gut, widmen Sie sich dem einfachen Leben.«
Hier am Schloßberg gab es keine Droschken, und so ging ich mit forschem Schritt die gewundene Straße hinunter, immer von einem hellen Lichtkreis der Straßenlampen durch die dazwischenliegende Finsternis zum nächsten. Es waren wenig Fußgänger unterwegs, und ich hörte keine Schritte hinter mir. Um sicher zu sein, daß man mir nicht folgte, wählte ich einen Punkt auf halbem Weg zwischen zwei Lampen, wo es am düstersten war, und duckte mich in einen Hofeingang; ich durchquerte schnell einen kleinen Hinterhof und schlüpfte durch ein Tor an der anderen Seite wieder hinaus. Dann ging ich rund um die andere Seite des Hügels, weg von Pest, und fühlte mich schließlich sicher genug, um eine Droschke zu nehmen.
Ich gab dem Kutscher die Adresse der Wohnung, lehnte mich im Sitz zurück und ließ mir das Gespräch mit Rado noch mal durch den Kopf gehen. Es war kein Schaden angerichtet, überlegte ich; er wußte nicht, daß das Mädchen tot war, und jetzt, da er glaubte, mich dort zu haben, wo er mich haben wollte, würde es keinen Grund mehr für ihn geben, meine Privatangelegenheiten zu überwachen, solange mein Leben nach außen hin ruhig genug schien. Ich war sein Handlanger geworden, und als solcher hatte ich nur darauf zu achten, daß ich keine Aufmerksamkeit auf mich zog.
Aber seine Einmischung in
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