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Das geheime Leben des László Graf Dracula

Das geheime Leben des László Graf Dracula

Titel: Das geheime Leben des László Graf Dracula Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roderick Anscombe
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schon seit so langer Zeit, daß wir genau wußten, wie der andere fortfahren würde. Als Kinder im St. Sebastian haben wir manchmal mitten in der Argumentation angehalten und die Seiten gewechselt, so daß dann jeder von uns den gegenteiligen Standpunkt wie vorher vertrat. Wir waren beide fasziniert von Ideen und Gedankengebäuden, und ich glaube, das war einer der Gründe, warum wir uns voneinander angezogen fühlten. Es war in der Religionsstunde von Pater Ignatius, wo wir diese Affinität entdeckten. Der Pater war ein Mann, der darauf vertraute, daß sich seine Doktrin
    – er bezog sich darauf als »die Wahrheit« und auf alles andere als »Hypothese«
    – behaupten würde, und so ließ er ruhig zu, daß auch alle anderen Standpunkte zur Sprache kamen, außer direkte Abtrünnigkeit. Als ich die Grenzen seiner Toleranz prüfen wollte, forderte mich Pater Ignatius auf, eine Irrlehre zu erfinden, an die bis dahin noch niemand gedacht hatte, und als ich dann mit irgendeiner umständlichen ideologischen Perversität herausrückte, bereitete es ihm großes Vergnügen, mir den Namen des Abtrünnigen zu nennen, der schon vor mir dagewesen war, und das Jahr, in dem Rom seinen Glauben mit dem Kirchenbann belegt hatte.
    »Wie du zweifellos selbst entdecken wirst, hat es alle Abscheulichkeiten unter der Sonne schon einmal gegeben«, hatte Pater Ignatius fröhlich gesagt.
    Gregor und ich sahen uns gern als des Teufels Advokaten an, und ich glaube, dem Pater gefielen unsere geistreichen Einfälle. Vielleicht erkannte er, daß wir dem orthodoxen Denken näherstanden, als uns bewußt war: Sich zu streiten setzt voraus, daß man von den gleichen Annahmen ausgeht. Wenn jemand erst eine Voraussetzung geschluckt hat, folgt bald auch die logische Konsequenz daraus. Pater Ignatius war ein feinsinniger, geduldiger Mann. Wenigstens Gregor hat seine Erwartungen erfüllt.

    17. MAI 1887

    Nachdem wir uns gestern abend zurückgezogen hatten und es still war im Schloß, ließ ich eine angemessene Zeitspanne vergehen, bevor ich leise durch den kalten Steinflur zu Elisabeths Schlafzimmer tappte, um unser gräßliches Ritual zu vollziehen. An ihrer Tür zögerte ich. Es kam mir unfreundlich vor, sie im Schlaf zu stören, nur um die Illusion aufrechtzuerhalten, daß unsere Ehe doch etwas anderes war als eine dynastische Bequemlichkeit. Gibt ihr dieses aussichtslose Unterfangen von mir tatsächlich das Gefühl, daß ich etwas für sie empfinde ? Ich bezweifle es. Es ist Teil meiner Buße. Ich muß diese Illusion aufrechterhalten, genauso wie der Gefangene von Zeit zu Zeit seine Zellenwände tünchen muß.
    Gerade als ich an die Tür klopfen wollte, ging sie auf, und vor mir stand Elisabeth in einem langen Baumwollgewand und mit einer Kerze in der Hand.
    Das Licht fiel aus einem Winkel auf sie, so daß es ihre schweren Brüste und den dunklen, schattigen Spalt dazwischen betonte. Wortlos trat sie zur Seite, damit ich hereinkommen konnte. Ich schloß die Tür und drehte mich um, weil ich erwartete, daß sie schon wieder in ihr Bett gestiegen war, aber sie hatte die Kerze in einen Halter gesteckt und wartete darauf, daß ich zu ihr kam. In dem trüben Licht der flackernden Kerzenflamme kam sie mir mit ihren langen Haaren, die ihr über die Schultern fielen, fremd vor.
    Ich küßte sie auf die Lippen. Wir hielten uns viel länger damit auf, als ich vorgehabt hatte, lange genug für mich, um mich von den runden Formen ihres Körpers unter dem dünnen Stoff ihres Nachtgewandes angezogen zu fühlen. Sie blies die Kerze aus, und dann hörte ich im Dunkeln ein Rascheln, als sie unter die Laken schlüpfte. Sie hatte das Fenster offengelassen, und ich zitterte in dem kühlen Zimmer, als ich meinen Morgenmantel ablegte und mich zu ihrem Bett tastete.
    Anscheinend hatte die Geburtstagstorte bei ihr eine heimliche Reserve an Zuneigung für mich ausgelöst, denn sobald ich im Bett war, klammerte sich Elisabeth an mich und preßte ihren Körper mit einer solchen Gier und Heftigkeit an mich, wie ich es noch nie bei ihr erlebt hatte. Aber vielleicht war es im nachhinein betrachtet nur Verzweiflung, als wäre es ihre letzte Chance, bei mir Erfüllung zu finden. Irgendwie (ich weiß nicht, durch wessen Hand) hatten sich unsere Nachthemden über der Hüfte miteinander verwickelt, und bevor ich wußte, wie mir geschah, war ich auch schon in ihr und stieß im Rhythmus ihrer atemlosen Liebkosungen zu. Meine müßigen Phantasien, in denen ich Estelle auf hundertfache

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