Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das geheime Verlangen der Sophie M.

Das geheime Verlangen der Sophie M.

Titel: Das geheime Verlangen der Sophie M. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Morgan
Vom Netzwerk:
sprechen könnte wie in den Wochen zuvor. Ich vermisste ihn  – nicht unseren Sex, obwohl ich durch die Arbeitsbelastung besondere Sehnsucht bekam, wenn ich dann endlich im Bett lag und meine Gedanken schweifen lassen konnte. Doch ich war so beschäftigt, dass ich kaum mit ihm reden konnte, und ich hatte schon gar keine Gelegenheit, ihm wie versprochen meine ausführlichen Fantasien darüber zu mailen, was wir in der ersten Nacht tun würden, in der wir wieder zusammen wären. Nachdem ich zehn Stunden am Tag über den Laptop gebeugt am Schreibtisch gesessen hatte und dann nach ein paar unvermeidlichen Gläsern Rotwein, ein paar Abenteuergeschichten und Klatsch mit den Kollegen über Freunde von Freunden aus den inzestuösen Kreisen unserer Branche wieder in meinem Zimmer war, war ich nicht in der Stimmung, irgendetwas Geiles zu schreiben. Und in meiner letzten Nacht im Hotel dachte ich, es würde ja reichen, dass ich ihn bald wiedersah und wir uns persönlich erneut miteinander vertraut machen könnten, vor allem nachdem er dieses Thema nach ein paar Nachfragen am Telefon und in seinen SMS nicht mehr erwähnt hatte.
    Kurz nachdem ich aus dem Pub zurückkam, rief er an. Frisch geduscht kuschelte ich im Bett und hatte leise die Fernsehnachrichten laufen, als sein Name auf meinem Display erschien. Ich
antwortete mit einem Lächeln in der Stimme, das schnell verklang, als ich seinen Tonfall hörte. Auf meine Frage erzählte er mir von seinem Tag und den neusten Streichen der Katzen, er erkundigte sich höflich nach meinem Projekt und wurde dann so schroff, dass mir etwas unwohl wurde.
    Bald wusste ich, warum.
    Normalerweise war unser Schweigen am Telefon nicht peinlich, aber als mir das statische Rauschen ins Ohr drang und ich darauf wartete, dass er etwas sagte, fiel mir nichts ein, um die Leere zu füllen. Dass er angerufen hatte, hieß, dass er über etwas Bestimmtes sprechen wollte, und es war unerträglich, darauf zu warten, dass er damit herausrückte. Mir wurde fast schlecht, denn ich wusste, wie wichtig er mir in dieser kurzen Zeit geworden war, und fragte mich, wie ich mit der Trauer um den Verlust dieser undefinierten Beziehung umgehen könnte  – falls es ihm darum gehen sollte. Aber wie konnte er unsere Beziehung beenden? Wir hatten uns doch noch nicht einmal richtig darauf verständigt, was sie überhaupt sein sollte, verflucht!
    Dann sagte er: »Gibt es etwas, das du mir sagen willst?«
    Mein Gehirn setzte kurz aus, ich bekam auf einmal Schuldgefühle. Es war lächerlich, denn ich hatte ja nichts Falsches gemacht, jedenfalls nicht dass ich wüsste, aber ich war besorgt. Was meinte er damit? Was hatte ich getan? Ich war einer der langweiligsten Menschen, die es gibt  – das einzige Geheimnis in meinem Leben war meine D/S-Seite, und die kannte er. Ich bekam Herzklopfen, wusste aber immer noch nicht, was er von mir erwartete. Diese Ahnungslosigkeit machte mich vollkommen hilflos, und zwar anders als sonst, wenn mich meine Ohnmacht scharf machte.
    »Ich höre.« Ich hatte gedacht, seine Stimme könnte nicht noch gereizter werden, aber das war sie.

    Ich holte tief Luft und wollte etwas sagen, aber mir fiel ganz einfach nichts ein. Ich atmete aus und versuchte zumindest, ruhig zu klingen. »Was willst du hören? Ist alles okay?«
    Die Sekunden vergingen. »Findest du, alles sei okay, Sophie?«
    Mist. Was meinte er mit »alles«? Alles in der Welt. Alles in unserer Nicht-Beziehung-Beziehung? Alles, worüber wir vorhin geredet hatten? Ich brauchte einen Anhaltspunkt, irgendetwas, damit ich nicht so unsicher war. »Ich denke schon. Warum? Du nicht? Ist etwas passiert?«
    Seine Antwort kam schnell. »Nein, Sophie, nichts ist passiert. Gerade darum geht es.«
    Vermutlich hätte ich an einem normalen Tag begriffen, was er meinte, aber nun drehte sich mir der Kopf nach ein paar Gläsern Wein und in meiner wachsenden Sorge, weil er meinen Namen zwei Mal kurz hintereinander ausgesprochen hatte. Wenn ich etwas über James gelernt hatte, dann, dass dies nichts Gutes verhieß. Ich begriff also nichts, und das wurde mir schließlich zum Verhängnis.
    »Was meinst du?«
    »Was meine ich wohl, Sophie.« Das dritte Mal. Das war gar nicht gut. Und ich hatte noch immer keinen Schimmer.
    Ich versuchte, meinen frustrierten Tonfall zu dämpfen, denn ich wusste, dass dadurch alles nur noch schlimmer wurde, aber es war riskant. Ich wog meine Worte ab, obwohl ich vor lauter Hilflosigkeit am liebsten um mich getreten hätte.

Weitere Kostenlose Bücher