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Das Geheime Vermächtnis

Das Geheime Vermächtnis

Titel: Das Geheime Vermächtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Webb
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erinnern.
    »Dir auch. Ich hoffe, es geht dir gut? Du bist nicht mitgekommen, als Clifford da war, um die Kleinigkeiten abzuholen, die ihr aus dem Haus haben wolltet?«
    »Nein, nein. Ach, du verstehst sicher, dass Storton Manor … kein leichter Ort für mich ist. Ein Ort, an den ich nicht oft denke und an den ich nicht zurückkehren möchte«, sagt sie geziert. Ich kann mich einfach nicht für sie erwärmen. Sie drückt den Verlust ihres Sohnes in so schlaffen Begriffen aus, als sei das ein peinlicher Zwischenfall, den man am besten vergisst. Ich weiß, das ist unfair von mir. Ich weiß, dass sie kein ganzer Mensch mehr ist.
    »Natürlich.« Ich suche krampfhaft in meinem Gehirn nach einem Thema für ein bisschen Smalltalk, doch es gelingt mir nicht. »Also, der Grund für meinen Anruf, und ich hoffe, es stört dich nicht, dass ich danach frage … Ich wollte mehr über deine Nachforschungen zur Familiengeschichte hören, die du vorletztes Jahr angestellt hast.«
    »Ach ja?«
    »Weißt du, ich habe ein Foto von Caroline gefunden, von neunzehnhundertvier, und es wurde in New York gemacht …«
    »Ja, das ist gut möglich. Sie kam gegen Ende neunzehnhundertvier nach London. Was das genaue Datum angeht, bin ich nicht ganz sicher.«
    »Die Sache ist aber die – sie hat ein Kind auf dem Schoß, auf diesem Foto. Noch sehr klein, vielleicht ein knappes Jahr alt. Ich habe mich nur gefragt, ob du wohl eine Ahnung hast, wer dieses Baby sein könnte?«
    »Ein Kind? Tja. Ich wüsste nicht. Das kann nicht stimmen.«
    »War sie vorher schon einmal verheiratet, in Amerika? Ich meine nur, wie sie das Baby hält … auf mich wirkt das wie ein Familienporträt. Sie sieht so stolz aus … Für mich sieht es so aus, als wäre das ihr Baby, verstehst du?«
    »O nein, Erica. Das ist ganz unmöglich. Ich hole rasch den Ordner. Einen Moment.« Ich höre etwas rascheln, eine Schranktür quietscht. »Nein, ich habe hier eine Kopie ihrer Heiratsurkunde mit Sir Henry Calcott, und da steht in der Spalte ›Personenstand‹ eindeutig, dass sie eine Jungfer war. Eine alte Jungfer mit einundzwanzig! Diese Bezeichnung erscheint doch kaum angebracht, oder?«
    »Könnte es sein, dass sie sich hat scheiden lassen oder so?«, frage ich zweifelnd.
    »Du meine Güte, nein. Das kam damals höchst selten vor und wäre gewiss ein großes Gesprächsthema gewesen. Jedenfalls wäre es anlässlich ihrer nächsten Ehe zur Sprache gekommen. Das Kind muss zu jemand anderem gehören.«
    »Aha. Na ja, danke …«
    »Natürlich war Caroline immer sehr verschwiegen, was ihre früheren Jahre in Amerika anging. Niemand konnte mehr in Erfahrung bringen, als dass sie ohne nahe Angehörige aufgewachsen war und nach England kam, um einen neuen Anfang zu machen, als sie ihr Erbe antrat. Sie hat Henry Calcott geheiratet, kurz nachdem sie ihn kennengelernt hatte, was meiner Meinung nach vielleicht zeigt, wie einsam sie war, das arme Mädchen.« Jetzt hat sie schon zum zweiten Mal seinen Namen ausgesprochen.
    »Ja, klingt ganz danach. Also, trotzdem danke, dass du das für mich nachgeschlagen hast.«
    »Gern geschehen, Erica. Dürfte ich dich wohl bitten, mir das Foto zu schicken? Für meine Unterlagen. Frühe Fotografien von Caroline und ihrer Generation sind ja so selten.«
    »Oh, tja, meine Mutter hat mich schon gebeten, ihr alle Fotos aufzubewahren, die ich finde. Aber sie schickt dir bestimmt gern Kopien davon.«
    »Natürlich. Schön, ich werde Laura darum bitten, wenn ich sie sehe.«
    Eine Pause entsteht, und ich kann mich nicht dazu überwinden, mich zu verabschieden und damit einzugestehen, dass ich nur diese Information von ihr wollte und eigentlich nicht weiter mit ihr reden möchte. Es gibt so viel, was ich sagen sollte und was ich nicht sagen sollte.
    »Und, wie war Weihnachten bei euch?«, frage ich. Ich höre, wie sie tief Luft holt und sich sammelt.
    »Es war nett, danke.« Wieder hält sie inne. »Ich kaufe Henry immer noch jedes Jahr Geschenke, weißt du? Clifford hält mich natürlich für verrückt, aber er hat das nie ganz verstanden. Wie es für eine Mutter ist, ein Kind zu verlieren. Ich kann das nicht einfach zu den Akten legen und nach vorne schauen, so wie er.«
    »Was hast du ihm gekauft?«, frage ich, ehe ich mich zurückhalten kann.
    »Ein Buch über die Royal Air Force. Neue Fußballschuhe und ein paar DVD s«, antwortet sie, und ihre Stimme wird lauter, als freue sie sich über die Sachen, die sie ausgewählt hat. Für jemanden, dem sie diese

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