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Das Geheime Vermächtnis

Das Geheime Vermächtnis

Titel: Das Geheime Vermächtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Webb
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und zwang jeden von ihnen, etwas zu trinken, ehe sie einen weiteren Becher Wasser an ihre Betten stellte. Sie hatte gehofft, jemanden zu finden, der in die Stadt reiten und den Arzt holen konnte, doch niemand hier wäre dazu in der Lage gewesen. Bei dem Gedanken schnürte ihr Panik die Kehle zu. Sie ging zurück ins Haus und setzte eine Suppe aus getrockneten Bohnen und der Karkasse eines Hühnchens auf, das Magpie zwei Tage zuvor gebraten hatte. Außerdem holte sie einen Kürbis aus dem Keller und kochte daraus Brei für William.
    In der Nacht weckte William sie mit kläglichem Geschrei, und sie stand auf und setzte sich das weinende Kind auf den Schoß, um es mit tröstenden Worten und Liebkosungen zu beruhigen. Als er wieder einschlief, legte sie ihn in sein Bettchen, setzte sich dann auf die Bettkante und weinte still vor sich hin, weil das alles war, was sie sich je gewünscht hatte – ein Baby, das neben ihrem Bett schlief, das sie trösten und lieben konnte. Doch dies war nicht ihr Kind, und Corin lag nicht neben ihr, und diese kleine Ahnung dessen, was hätte sein sollen, schmeckte so bitter und süß zugleich.
    Am Morgen ließ sich nicht mehr verleugnen, dass auch William sich mit dem Fieber angesteckt hatte. Er schlief zu viel, er fühlte sich heiß an, und er war benommen und matt, wenn er aufwachte. Caroline brachte etwas von der Suppe, die sie gekocht hatte, hinüber zur Baracke. Auf dem Weg zu Magpie hielt sie vor dem Tipi inne. Sie wusste, dass sie hineingehen und noch einmal versuchen sollte, White Cloud zu wecken und ihr Wasser einzuflößen. Doch eine neue, schreckliche Angst erfasste sie, die eher ihrem Instinkt denn bewusstem Denken entsprang. Die Härchen in ihrem Nacken sträubten sich, als sie sich zwang, die Zeltklappe anzuheben. White Cloud hatte sich nicht gerührt. Sie bewegte sich nicht. Überhaupt nicht. Nicht einmal ihre Brust hob und senkte sich mehr. Caroline ließ die Klappe fallen und wich hastig zurück. Entsetzen drehte ihr den Magen um, und sie zitterte am ganzen Leib. Keuchend ging sie weiter zur Erdhütte.
    Magpie war schwächer als zuvor, und Caroline schaffte es kaum, sie zu wecken. Ihre Augäpfel waren nicht mehr weiß, sondern grau, und ihre Haut fühlte sich noch heißer an. Caroline wusch ihr mit einem feuchten Lappen das Gesicht und flößte ihr zwischen aufgesprungenen Lippen Wasser ein.
    »Wie geht es William? Ist er krank?«, flüsterte Magpie.
    »Er …« Caroline zögerte, die Wahrheit auszusprechen. »Er hat Fieber. Er ist recht still heute Morgen«, erklärte sie ernst. Angst flackerte dumpf in Magpies Augen auf.
    »Und White Cloud?«, fragte sie. Caroline wandte den Blick ab und beschäftigte sich mit dem Tuch, dem Wassereimer, der Schöpfkelle.
    »Sie schläft«, antwortete sie knapp. Als sie aufblickte, sah sie, dass Magpie sie beobachtete, und sie konnte dem Blick der jungen Frau nicht standhalten.
    »Ich weiß nicht, was ich tun soll. Ich weiß nicht, wie ich mir selbst oder White Cloud helfen könnte«, flüsterte Magpie verzweifelt. »Wir können nur hoffen, dass Annie bald zurückkommt und gute Medizin mitbringt.«
    »Das wird viel zu lange dauern!«, erwiderte Caroline händeringend. »Jemand muss in die Stadt! Du kannst nicht auf Annie warten!« Sie erhob sich und ging in der Hütte auf und ab. »Ich gehe«, sagte sie schließlich. »Ich fühle mich ganz gesund. Ich fahre in die Stadt, und … ich nehme William mit. Der Arzt kann sich sofort um ihn kümmern und dann mit mir hierherkommen und dir und den anderen helfen. Das ist die einzige Möglichkeit.«
    »Sie wollen William mitnehmen …?«
    »Das ist das Beste für ihn. Du kannst ihn nicht versorgen, Magpie! Ich kann mich um ihn kümmern. Ich fahre mit dem Einspänner, dann kann der Arzt ihn sich noch heute Abend ansehen. Heute Abend, Magpie! Er könnte schon heute Medizin bekommen! Bitte. So ist es wirklich am besten.« Nun, da sie sich dazu entschlossen hatte, wollte sie auf der Stelle losfahren. Sie dachte an White Cloud – ihre entblößte, unnatürlich stille Gestalt in dem Tipi. »Sonst könnte es zu spät sein«, fügte sie hinzu. Magpies Augen weiteten sich vor Angst, und sie blinzelte gegen Tränen an.
    »Bitte kümmern Sie sich um ihn. Und kommen Sie schnell zurück«, flehte die junge Frau.
    »Das werde ich! Ich schicke den Arzt sofort hierher. Alles wird gut, Magpie – glaube mir«, sagte Caroline, deren rasender Herzschlag ihre Stimme beben ließ. Sie nahm Magpies Hand und drückte sie

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