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Das Geheime Vermächtnis

Das Geheime Vermächtnis

Titel: Das Geheime Vermächtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Webb
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im Baumhaus spielen konnten, aber er tat, was Mo gesagt hatte. Er war gehorsamer als Beth und ich. Auf dem Platz war es still, die meisten Erwachsenen arbeiteten irgendwo. Bettwäsche trocknete an einer Leine, die zwischen den Wagen aufgespannt war. Die Laken wogten gleichmäßig hin und her, mal durch das Wagenfenster sichtbar, dann wieder nicht. Ich konnte sie aus dem Augenwinkel sehen, während ich auf der kunstledernen Sitzbank herumrutschte und Beth im Stillen drängte, eine Vier oder einen Buben abzulegen. Deshalb bemerkte ich sie zuerst – die veränderte Aussicht vor dem Fenster. Die Bettlaken sahen plötzlich seltsam aus, die Farbe stimmte nicht mehr, der Himmel darüber war dicht verhangen.
    Die Bettwäsche brannte. Ich starrte mit offenem Mund nach draußen, wie gelähmt von diesem unerwarteten Anblick. Hellgelbe und blaue Flammen rasten in seltsamen Mustern über den Stoff, kritzelten krumme Striche in verkohltem Schwarz darauf, ließen dicke Rauchwolken aufsteigen und versengten den Stoff zu dunklen Fetzen, die wie Spinnweben davongeweht wurden. Draußen schrie jemand, und Dinny stand auf und beugte sich an mir vorbei, um aus dem Fenster zu sehen.
    »Schau nur!«, rief ich überflüssigerweise.
    »Erica! Warum hast du nichts gesagt?«, fragte Beth tadelnd, als Dinny hinauslief und wir ihm folgten. Draußen rissen zwei Frauen, die mit demselben Fieber wie Dinny im Bett gelegen hatten, die Laken von der Wäscheleine und trampelten hektisch darauf herum. Die mit Plastik ummantelte Leine war geschmolzen und heruntergefallen, wobei sie die brennenden Überreste der Bettwäsche auf dem Boden verteilt hatte, was vermutlich ein Glück war. An der Seite des Wohnmobils zeigte ein hässlicher, bräunlicher Fleck, wie nah die Flammen uns gekommen waren.
    »Wie, zum Teufel, konnte das passieren?«, fluchte eine der Frauen und versuchte, wieder zu Atem zu kommen, als die letzten Flammen gelöscht waren. Mit den Händen in den Hüften stand sie da und betrachtete die kokelnden Reste.
    »Wenn wir nicht hier gewesen wären … Mo hat die Wäsche doch erst aufgehängt, ehe sie vorhin gegangen ist – die Sachen können noch nicht einmal ganz trocken gewesen sein!«, rief die andere aus und bedachte uns Kinder mit einem ernsten Blick.
    »Wir waren drinnen und haben Karten gespielt! Ich schwör’s!«, sagte Dinny nachdrücklich. Beth und ich bestätigten das mit hastigem, ängstlichem Nicken. Der Rauch drang mir in die Nase, und ich musste niesen. Die erste Frau hockte sich hin, hob mit den Fingerspitzen einen Stofffetzen auf und roch daran.
    »Paraffin«, verkündete sie grimmig.
    Beth und ich verabschiedeten uns knapp und fingen an zu rennen, sobald wir außer Sicht waren. Wir liefen um die Stallungen herum, sahen in der Remise nach und fanden Henry schließlich im Holzschuppen. Er hatte eine flache Plastikflasche mit einem roten Spritzverschluss in der Hand. Ich dachte an die Muster, die die Flammen auf den Stoff gezeichnet hatten, beinahe so, als wären sie Strichen gefolgt. Er stellte die Flasche gerade auf ein hohes Regalbrett zurück und drehte sich dann zu uns um.
    »Was ist?«, fragte er mit unschuldiger Miene.
    »Du hättest beinahe die Wohnwagen abgebrannt. Du hättest jemanden umbringen können«, sagte Beth ruhig und sah ihn mit einem so finsteren, ernsten Blick an, dass ich noch mehr aus der Fassung geriet, noch größere Angst bekam.
    »Ich weiß nicht, wovon du sprichst«, entgegnete Henry hochmütig. Er stank nach Paraffin, und der Geruch klebte auch an seinen Händen.
    »Du warst es!«, verkündete ich.
    »Beweis es.« Er grinste.
    »Das sage ich. Dabei hätte jemand ums Leben kommen können«, wiederholte Beth, und jetzt erlosch Henrys Grinsen.
    »Ihr dürft gar nicht ins Lager gehen. Du sagst niemandem was«, höhnte er. Beth machte auf dem Absatz kehrt und stapfte zum Haus. Ich folgte ihr, und Henry ebenfalls. Bald wurde ein Wettrennen daraus, und wir trampelten alle auf einmal in die Eingangshalle und schrien atemlos nach Meredith.
    Beth und ich fanden diesen Vorfall so schlimm, dass wir es jemandem sagen mussten. Obwohl Henry Merediths Liebling war, dachten wir, dass sie ihn hierfür sicher streng tadeln würde. Hunden Fressen hinzuwerfen, wovon ihnen schlecht wurde, war eine Sache, aber Beth hatte recht. In dem Feuer hätte jemand umkommen können. Das war selbst für Henry zu viel.
    »Henry hat den Dinsdales die Wäsche angezündet!«, brachte Beth als Erste keuchend vor, kaum dass Meredith von

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