Das Geheimnis am goldenen Fluß
möchte ich schon, seit ich dich das erste Mal sah.«
Sie wirbelte herum und sah Domino Cruz in der anderen Tür des Badehauses stehen. Tree war sprachlos. Domino kam herein, gefolgt von einem Dutzend junger Frauen in Tigergewändern. Er trug ein blaues Gewand mit einem grüngoldenen Drachen auf der Brust. An einem durchstochenen Ohrläppchen hing eine goldene Chilischote, und an seinem Hals baumelte eine figa – eine Faust mit einem Daumen zwischen den geschlossenen Fingern, ein südamerikanischer Fruchtbarkeitsanhänger, der einen Penis in einer Vagina symbolisiert. Domino war zehn Zentimeter kleiner als Tree, aber er war stämmig und muskulös, mit einem eckigen Kopf, dickem Hals und einem großen schwarzen Schnurrbart, der unter einer klassischen Maya-Nase herunterhing.
Tree erwachte aus ihrem Schock, griff einen Kimono und schlang ihn um ihren Körper. »Wie lange standest du da schon?«
»Die Tür war offen, Amiga.«
»Du hast meine Frage nicht beantwortet.«
»Schön, dich zu sehen, Tree.«
»Zur Hölle mit dir. Du hast mich erschreckt. Was hast du gemacht, uns ausspioniert?«
»Völlig unabsichtlich, glaub mir. Ich entschuldige mich dafür. Aber Tatsache ist, dass ich sah, dass ihr Schwierigkeiten habt.«
»Das geht nur Mason und mich an. Bitte respektiere unsere Privatsphäre.«
Domino hob die Hände. »Natürlich. Es steht mir nicht zu, meine Nase in eure persönlichen Angelegenheiten zu stecken.« Er trat an die Badewanne heran und sah ins klare Wasser hinunter. »Hübsch. Richtig hübsch. Ich habe auch so ‘ne scharfe Wanne in meinem Palast.« Er lachte. »Hey, wie gefällt dir die kleine Stadt hier?«
»Wir überlegen, wie wir so schnell wie möglich verschwinden können. Hast du irgendetwas von einem Tunnel gehört, der durch den Berg in den Dschungel hinunterführt?«
»Mierde. Ich habe nicht vor, hier allzu bald zu verduften. Hier bin ich ein Gott.« Mit ausgebreiteten Armen deutete er auf seinen Harem. »Für jemanden mit Eiern ist das hier das reinste Paradies.« Seine schwarzen Augen zogen sich zusammen. »Deswegen will Mason auch verschwinden, was? Er hat Schwierigkeiten, seinen Mann zu stehen. Diener haben Augen; es wird gemunkelt, er habe bisher weder mit dir noch mit der anderen geschlafen.«
Tree spürte die aufwallende Hitze in ihrem Gesicht. »Mason ist männlicher als jeder andere Mann, den ich kenne, und das gilt besonders für Macho-Schwachköpfe wie dich.«
Dominos Augen funkelten sie an. »Du solltest mich nicht vorschnell verdammen, Amiga. Vergiss nicht, ich brauche dich nicht, du mich hingegen schon.«
»Wozu? Um mir deinen Ohrring zu borgen?«
»Als müsste ich es dir noch erklären. Mason kriegt ihn nicht hoch. Du brauchst mich, um schwanger zu werden. Der einzige andere Mann in der Stadt ist elf Jahre alt.« Er packte eine seiner Begleiterinnen am Arm und zog sie nach vorne. Unter ihrem weißen Gewand zeichnete sich eine sanfte Wölbung ab. »Schau, ich habe schon achtzehn meiner Frauen geschwängert. Achtzehn.«
»Verschwinde«, sagte Tree. »Schwängere noch ein paar Frauen. Ich habe kein Interesse.«
Er trat vor. »Ich habe nicht übertrieben, als ich sagte, ich sei hier ein Gott. Ich habe genug Macht, um alles zu bekommen, was ich will. Und ich will dich seit Canaima.« Er lächelte durch seinen dichten Bart. »Sollen wir unser Techtelmechtel beginnen?«
Sie stieß ihn mit aller Kraft von sich, als er nach ihrem Kimono griff, doch er wog mindestens vierzig Kilo mehr als sie und fingerte unbeirrt an ihr herum. Sie wich zurück, bis sie gegen das Sofa stieß. »Ich sagte doch«, zischte sie, »ich habe kein Interesse.«
Er blieb stehen, noch immer überheblich lächelnd. »Denk drüber nach, Tree. Komm schon. Warum das Unausweichliche hinausschieben?«
K’un-Chien stand mit einem Bogen in der Tür. Das Eibenholz war zu einem C gekrümmt, die Bogensehne an ihrer Nase, die Pfeilspitze auf Dominos Brust gerichtet. Der Bogen schwankte nicht. Dominos Harem stand wie erstarrt da , Entsetzen auf den jugendlichen Gesichtern.
»Du bist hier nicht willkommen«, sagte K’un-Chien mit ruhiger, tiefer Stimme. »Erste Frau möchte, dass du gehst. Also geh bitte. Sofort.«
Domino wich von Tree zurück. »Warte. Sag ihr, ich verstehe Chinesisch nicht besonders gut.«
Tree lächelte kalt. »Verstehst du Pfeil und Bogen?«
»Yeah, yeah. Ich haue schon ab.« Er fuhr herum und ging, von seinem Harem gefolgt, zur zweiten Tür des Badehauses. Im Türrahmen blieb er stehen
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