Das Geheimnis der Äbtissin
erfuhr ich, dass auch der Herzog von dem Verhältnis wusste und für meinen Schutz sorgte. Er war der Erste, der dem Bischof zum Opfer fiel.«
Der Graf fuhr dazwischen: »Der Armbrustbolzen aus den eigenen Reihen!«
»Ja. Doch ich konnte nicht beweisen, dass er aus Konrads Armbrust stammte. Isabella hatte sich vorgenommen, die beiden auf der Runesburg zu stellen. Ich sah vom Bergfried aus, wie sie ihnen nachritt. Sie machte den großen Fehler, keine Zeugen mitzunehmen. Ich bin sicher, er hat sie einfach erschlagen.« Der Kloß begann zu schmelzen, und die ersten Tränen liefen.
Sigena half ihr. »Isabella war Konrads Tochter, solltest du wissen.«
Der Graf schüttelte den Kopf. Seine Wut war tiefer Ratlosigkeit gewichen. »Ein bisschen viel auf einmal, findet ihr nicht? Ihr solltet euch dem fahrenden Volk anschließen und euch als Geschichtenerzähler verdingen.«
»Vater, deshalb ist Adela an jenem Morgen so überstürzt abgereist. Sie wollte dem Bischof nicht begegnen, sie hatte große Angst vor ihm.«
Er stützte den Kopf in die Hände und atmete geräuschvoll aus. »Es passt alles zusammen, das gebe ich zu. Und trotzdem – es ist unglaublich!«
»Als ich auf dem Holzstapel saß und den beiden zusah, wie sie in der Hütte …«
Der Graf sprang auf. »Du hast ihnen dabei zugesehen?« Seine Gesichtsfarbe wechselte von dunklem Rot zur Farbe von Eierschalen.
Doch Judith wollte alles loswerden, sie ließ sich nicht beirren. »Beatrix würde alles tun, um dem Kaiser ein Kind zu schenken. Konrad hat ihr erzählt, sein Schaft sei heilig. Und als er mich entdeckt hat, da ist er nach draußen gekommen und hat ganz gelassen den Pfahl umgetreten, der die Stämme hielt.« Sie senkte den Kopf und schluchzte ungehemmt.
»Gütiger Gott, was für eine Geschichte!«, hörte sie ihren Vater sagen. »Wie kommen wir da heil heraus?«
»Deine Kinder haben bereits einen Plan, der funktionieren könnte«, entgegnete Sigena. »Der Gedächtnisverlust deiner Tochter, das Kloster – für Judith ist gesorgt.«
»Und Ludwig?«
»Soweit ich weiß, ahnt Konrad nichts von seiner Mitwisserschaft.«
Judith hob den Kopf. »Nein, Ludwig ist ihm bisher nie in die Quere gekommen.«
»Bleibt Beringar!«, knurrte der Vater.
Sie hob abwehrend die Hände. »Er hat uns belauscht. Wir wissen das auch erst seit gestern.«
»Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Bischof eine wirkliche Gefahr in diesem Jungen sieht.« Zum ersten Mal ergriff Johannes das Wort. »Solange wir uns alle klug verhalten, dürfte ihm nichts passieren.«
»Er hat einen Schwur geleistet, Stillschweigen zu bewahren«, sagte Judith und lächelte bei dieser Erinnerung.
»Es handelt sich hier nicht um ein Spiel unter Bälgern!«, polterte Graf Ludwig los. »Dieses Wissen wird ihn sein Leben lang belasten. Was ist, wenn das Kind, das die Königin trägt, einmal Friedrichs Thronfolger ist? Wir schleppen den Gedanken mit uns, dass ein Bastard auf dem Thron sitzen wird. Nun, ich bin bis dahin vielleicht schon tot – was für ein Segen! Aber Beringar wird es mit sich herumtragen, dieses Geheimnis. Es wird wie das Schwert des Damokles über ihm hängen.«
»Sie hat nie gewollt, dass er es erfährt«, erinnerte Sigena sanft.
»Es nützt jetzt kein langes Reden über Schuld und Nichtschuld.« Johannes setzte sich neben seine Frau auf die Bank. »Wenn wir im Frühjahr nach Mailand ziehen, dann wird die Gefahr vorläufig gebannt sein. Konrad und die Königin werden Lare verlassen, und ich glaube nicht, dass sie jemals hierher zurückkehren. Sie werden sich einen anderen Unterschlupf suchen. Wichtig ist, dass ihr ohne Schaden über den Winter kommt.«
»Es gibt nur einen wirksamen Schutz, nämlich den der Ahnungslosigkeit«, sagte Sigena. »Konrad denkt, Judith habe die Erinnerung verloren. Von allen anderen glaubt er, sie wüssten von nichts. Hochnäsig, wie er ist, wird er so weiterleben wie bisher. Deine Tochter verlässt uns, auf Beringar haben wir ein Auge.«
»Und bitte auch auf Ludwig!«, mahnte Judith. »Er hasst den Bischof aus tiefstem Herzen. Ich weiß nicht, was er tut, sobald sich eine günstige Gelegenheit ergibt. Jemand muss auf ihn achtgeben, nachdem ich fort bin.«
»Schick ihn über den Winter zu uns«, schlug Johannes vor. »Ich könnte hier einen Knappen gebrauchen.«
Des Grafen Lippen wurden zu einer schmalen Linie. »Ich kann ganz gut auf meinen Sohn aufpassen.« Dann lenkte er ein. »Vielleicht ein paar Wochen – warum nicht. Ich bin versucht,
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