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Das Geheimnis der Äbtissin

Das Geheimnis der Äbtissin

Titel: Das Geheimnis der Äbtissin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Marie Jakob
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das Zimmer erfüllte.
    »Hm!«, brummte Beringar. »Essen wir heute Abend Bärlauchbutter?«
    »Gab es denn bei der Kirchweihfeier nichts zu essen?«, stichelte Sigena.
    »Och, nur einen kleinen Ochsen!«, murrte Beringar.
    »Wo ist Margarete?« Ludwig betrat hinter ihnen den Raum und sah sich suchend um.
    »Sie spielt Orgel, hörst du sie nicht?«
    »Aber ich dachte …«
    »Es geht ihr gut. Geh nur selbst und überzeuge dich.« Sigena lächelte nachsichtig. Dann umarmte sie Judith. »Du siehst erschöpft aus.«
    »O ja! Ich habe Ludwig im Pferderennen geschlagen. Nur Beringar war noch schneller.« Sie lachte und wurde sofort wieder ernst.
    »Was ist passiert?«, fragte Sigena, die sich von der Fröhlichkeit nicht hatte täuschen lassen.
    »Bischof Konrad ist vergiftet worden.«
    Sigena zog die Stirn in Falten. »Ist jemand unter Verdacht?«
    »Nein, der Kaiser verdächtigt wohl keinen von uns. Alle haben das Gleiche gegessen«, beruhigte sie Judith.
    »Beatrix hat ihm Eisenhut verabreicht«, verkündete Beringar, der offenbar erfolgreich gelauscht hatte.
    Judith sah ihn wütend an. »Das ist nur eine Vermutung!«, zischte sie. »Hüte deine Zunge, sonst trenne ich sie dir persönlich heraus. Mit meinem Skalpell ist das kein Problem.«
    Beringar erblasste tatsächlich für einen Moment. Seine Schwester nahm ihm sonst nichts übel. »Schon gut«, murmelte er verdattert.
    Sigena ließ ihre Hände mit den Bärlauchblättern in den Schoß sinken und sah beide fragend an.
    »Erinnerst du dich an die Zeit, in der du die Königin nach der Totgeburt gepflegt hast?«, fragte Judith. »Du musst ihr damals etwas über die Wirkung von Eisenhut erzählt haben.«
    Sigena überlegte einen Moment. »Sie war hinfällig und sehr schwermütig, und ich versuchte sie abzulenken. Also erklärte ich ihr die Wirkung einiger Heilkräuter. Sie schien interessiert und stellte viele Fragen. Sicher haben wir auch über Eisenhut gesprochen.«
    »Ich glaube, dass sie mir kurz darauf in Eschwege einen Beutel voll Eisenhutpulver aus dem Schrank gestohlen hat. Ich kann es aber nicht beweisen. Doch die Symptome des Bischofs passten wie der Spund in das Fass.«
    Sigena nickte. »Dann war sie eine sehr gelehrige Schülerin. Sie hat sich genau gemerkt, was schnell und sicher wirkt.«
    Beringars unverwüstliche Frohnatur erwachte wieder zum Leben. »Jedenfalls sind damit unsere Probleme gelöst, oder?«
    »Du vergisst die Königin«, erinnerte ihn Sigena. »Wenn euer Verdacht stimmt, dann ist sie zu allem fähig.«
    Aus dem Nachbarraum erklangen jetzt wieder Orgeltöne. Es war eine ähnlich falsche Melodie wie zuvor.
    »Ich werde erst mal Margarete begrüßen. Sie kann immer noch nicht spielen, wie ich höre«, sagte Judith.
    Sigena lachte. »Nein. Es glaubt auch niemand mehr daran, dass das einmal anders sein wird.«
    Im Nebenraum erblickte sie als Erstes ein großes quadratisches Loch im Fußboden, das von einem Holzzaun umrahmt war. Dahinter stand der Altar aus der alten Kapelle. Obwohl man den klobigen Steinquader mit Sand gescheuert hatte, sah er beinahe schäbig aus inmitten der neuen Mauern. Links erhob sich eine schlichte Kanzel. Es roch nach Mörtel und frischem Holz. Rechter Hand beugte sich Ludwig über eine unförmige junge Frau, die mit geschwollenen Fingern die Tasten der Orgel quälte. Sie wand sich aus seinen Armen, als sie ihre Schwägerin sah. Ihr Gesicht glühte vor Lebensfreude und Glück. »Judith, schön, dass du da bist!«
    »Du siehst besser aus, als ich nach Ludwigs Schilderung erwartet hatte.«
    »Können Fässer gut aussehen?«, stöhnte Margarete und stemmte ihre Hände in den Rücken.
    »Warum nicht? Nur die Orgel solltest du in Ruhe lassen.«
    Margarete lachte. »Ich langweile mich, ich kann nicht den ganzen Tag sticken.«
    Judith ließ den Blick wieder über den Kirchenraum schweifen. »Soll das alles bis Peter und Paul fertig sein?«
    »Aber ja. Wir haben sechs Wochen. Es sind nur noch einige Holzarbeiten zu erledigen.« Ludwig zog sie zu dem viereckigen Ausschnitt im Fußboden und wies hinab. »Schau! Dort unten sind die Handwerker bereits weiter.«
    Im Untergeschoss ragten zwischen steinernen Fußbodenplatten schlanke, wie baumstarke Seile gedrehte Säulen nach oben. Ein Kapitell fiel ihr besonders ins Auge. Sie erkannte die beiden ineinander verschlungenen Blüten wieder, die fast identisch vor ihren Augen unter den Händen des Steinmetzes von Mönkelare entstanden waren.
    »Der alte Taufstein steht unten im Altarraum.

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