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Das Geheimnis der Äbtissin

Das Geheimnis der Äbtissin

Titel: Das Geheimnis der Äbtissin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Marie Jakob
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Er nickte und trank einen weiteren Schluck. Es wurde Zeit, dass sie zum Gegenangriff ausholte. »Warum wollt Ihr das alles so genau wissen? Es ist eine Ewigkeit her. Außerdem kanntet Ihr Beatrix viel länger als ich.«
    Er warf ihr einen schnellen Blick zu. »Sie war eine faszinierende Frau, und deshalb interessiert mich, was ich noch nicht über sie weiß.«
    Geschickt ausgedrückt, lobte sie ihn im Stillen. Nicht einmal gelogen.
    »Dieser Bischof, was war das für ein Mann?«
    »Wie meint Ihr das?« So einfach sollte er es nicht haben.
    »War er … ein schöner Mann oder eher durch und durch Geistlicher?«
    Sie kicherte innerlich. Er wurde unvorsichtig. »Ist das ein Widerspruch?«
    Er griff ungeduldig zu seinem Becher. »Ihr wisst, wie ich das meine, Judith, oder?«
    Also gut, Naivität kaufte er ihr nicht ab. Sie nahm es als Kompliment. »Ich glaube, er sah gut aus. Er war groß und hatte dichtes Haar, das er etwas länger trug. Er war immer weltlich und gut gekleidet. Wie fromm er war, kann ich Euch nicht sagen, doch er muss sehr gebildet gewesen sein, denn er konnte Kirchen einmessen und Baupläne zeichnen. In der ersten Zeit auf Lare hat er uns in Politik unterwiesen.« Unzufrieden schob er den Becher auf dem Tisch hin und her. Sie schenkte Wein nach. »Was wollt Ihr nun wirklich wissen? Ihr stakst wie ein Storch um eine giftige Kröte.«
    Wieder dieser prüfende Blick, dann senkte er die Augen. »Ihr habt mir schon sehr viel erzählt.«
    Lügner!
    »Vielleicht eins noch. Als Beatrix Crema verließ, da ging sie wieder zurück nach Lare, oder?«
    »Ja. Sie sollte sich von dem heißen Klima und den Strapazen erholen.«
    Er horchte auf. »Strapazen?«
    Spätestens jetzt hatte er sich verraten. Wenn er wirklich keine Ahnung von dem toten Kind in Crema gehabt hätte, dann hätte er als Ritter die Strapazen auf das – besonders für eine Frau – unbequeme Lagerleben bezogen und nicht nachgefragt. So aber wollte er etwas Bestimmtes hören. Also erzählte sie ihm von der Totgeburt und von dem schlechten gesundheitlichen Zustand der Königin.
    »Hatte sie auf Lare später noch einmal eine Totgeburt?«
    »Ich glaube, ja.« Sie kamen auf gefährliches Gebiet, er konnte unmöglich denken, dass sie nicht wusste, worauf diese Fragen hinausliefen.
    »Wann?«
    Es war längst kein Gespräch mehr, sondern ein Verhör. Beide verzichteten sie auf umständliche Konversation.
    »Das weiß ich nicht. Ich war bereits in Eschwege.«
    »Denkt nach. Es ist wichtig.«
    »Das muss etwa ein Jahr später gewesen sein.«
    »Das Kind in Crema, war es eine Frühgeburt?«
    Sie sah ihn direkt an. Sein Blick wich ihr aus. »Ja.«
    »Wie früh?«
    »Ich weiß es nicht genau, es hätte vielleicht noch sechs Wochen gebraucht oder acht.«
    »Und das Kind auf Lare?«
    »Gütiger Jesus, da war ich nicht dabei. Woher soll ich das wissen?«
    Er trank den Becher aus und erhob sich. »Ich danke Euch für Eure Offenheit. Ihr seid eine kluge Frau, Judith. Und wenn wir nicht jeder eine so wichtige Aufgabe hätten …« Er grinste, wurde aber gleich wieder ernst. »Am besten, Ihr vergesst dieses Gespräch noch heute. Heinrich vertraut Euch, das soll auch so bleiben.«
    War das eine Drohung, oder wollte er die Wogen glätten? Seine Miene verriet nichts.
    »Ich möchte Euch auch etwas fragen.«
    Seine Augenbrauen wölbten sich erwartungsvoll.
    »Habt Ihr Nachricht über das Schicksal des Mauren, dem Leibarzt des Kaisers?«
    Seine braunen Augen musterten sie, doch auch sie beherrschte ihr Mienenspiel.
    »Er zog mit dem Kaiser ins Morgenland. Mehr weiß ich nicht. Aber es würde mich nicht wundern, wenn er die günstige Gelegenheit genutzt hätte und in seiner Heimat geblieben wäre.«
    Natürlich. Hier im Reich war er immer nur ein Sklave gewesen. Es wäre sogar ausgesprochen dumm von ihm, hierher zurückzukehren.
    Bevor der Schmerz sie überwältigen konnte, verbot sie sich jede weitere Erwägung. Sie hatte ganz andere Sorgen. Als sie über den Hof zu ihrer Zelle ging, drückte ihr der Wind eiskalt in den Rücken, und sie spürte, dass sie nass geschwitzt war.
    Während sie sich umzog, sortierte sie ihre Gedanken. Markward versuchte offenbar das Leben der Kaiserin genauer zu erforschen. Und er hatte gezielt nach dem Bischof gefragt. Diesen Verdacht mochte ihm Beatrix selbst noch vermittelt haben, schließlich hatte sie ihn in Mainz schon als Spion benutzt. Doch was bewog ihn jetzt, alles wieder auszugraben, da Heinrich doch sicher an der Macht war und

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