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Das Geheimnis der Äbtissin

Das Geheimnis der Äbtissin

Titel: Das Geheimnis der Äbtissin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Marie Jakob
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ihm niemand mehr gefährlich werden konnte? Und wenn Markward gegen den König arbeitete? Immerhin gab es noch jüngere Söhne von Friedrich, die es interessieren dürfte, dass ein Bastard auf dem Thron saß.
    Sie schrak auf, als es an der Tür klopfte. So kurz vor der Vesper störte sonst niemand. Sie öffnete, und Heinrich trat ohne große Umschweife an ihr vorbei in die Zelle.
    »Durchlaucht!«, sagte sie und neigte den Kopf, obwohl ihr ein vorwurfsvolles: Aber ja, tretet ruhig ein! auf der Zunge lag.
    »Mutter Oberin, wie Ihr sicher schon wisst, reiten wir morgen früh endlich weiter.« Er setzte sich auf den einzigen Stuhl im Raum. »Ich möchte mich für Eure Gastfreundschaft und Eure Pflege bedanken.«
    Sie lächelte und schwieg, denn es war offensichtlich, dass das noch nicht alles war.
    Er sprang auf, nahm einen Schürhaken von der Wand und stocherte nachdenklich in der Glut ihres Kamins. »Ich hatte in den letzten Tagen Zeit zum Nachdenken. Ich frage mich, ob ich Euch um etwas bitten kann, das mir sehr am Herzen liegt.«
    »Sprecht nur!«
    Er holte tief Luft und zwang sich zur Ruhe. »Als vor nunmehr zwei Wochen der Bote aus Akkon kam, um mir vom Tod meines Bruders zu berichten, hatte er dessen Nachlass im Gepäck. Darunter befand sich eine gut verschlossene eiserne Kiste. Wir öffneten sie. Ihr könnt Euch vielleicht unser Erschrecken vorstellen, als wir darin ein menschliches Herz fanden.«
    Judith fragte sich allmählich, welcher Art Bitte sie entgegensah.
    Gedankenverloren spielte er mit dem Feuerhaken und fuhr fort: »Ich las die Aufzeichnungen meines Bruders, die ebenfalls bei der Hinterlassenschaft waren. Dort stand, dass es sich um das Herz des Kaisers handelt.«
    Ein seltsames Gefühl beschlich ihre Magengegend. Warum sagte er »Kaiser« und nicht »Vater«?
    Er stieß den Haken in die Glut, dass die Funken stieben. »Seine Gebeine sind verschollen, wie Ihr vielleicht wisst. Mein Bruder schreibt, dass sein Fleisch in Antiochia begraben wurde. Die Grabstelle, die neben der meiner Mutter in Speyer freigehalten wird, bleibt wohl auf ewig leer.« Sein Ton hatte sich geändert, er klang trotzig und verbittert.
    »Was ist mit dem Herzsarg passiert?«, fragte sie vorsichtig.
    »Ich habe ihn wieder verschließen lassen. Er befindet sich in meinem Gepäck.« Er starrte ins Feuer und schwieg.
    Sie wagte einen weiteren Vorstoß. »Warum bringt Ihr des Kaisers Herz nicht nach Speyer zur Grablege Eurer Mutter?«
    »Weil ich nicht will, dass …« Seine Faust traf den Kaminsims. Er biss die Zähne zusammen, bis seine Kieferknochen hervortraten.
    Judith hätte ihm gern geholfen, doch sie kannte ihn zu wenig und wusste nicht, ob sie ihm trauen konnte. Sie erinnerte sich an Sigenas Worte: »Nur Ahnungslosigkeit schützt unser Leben.«
    »Vergebt mir meine Unbeherrschtheit, Mutter Oberin«, murmelte Heinrich. »Im Nachlass meines Bruders fand ich Zeugnis über … Vorgänge, deren Wahrheit ich überprüfen muss. So lange möchte ich das Herz meines … des Kaisers irgendwo würdig bestattet wissen.«
    Irgendwo? Langsam begriff sie, was er wollte.
    Er drehte sich zu ihr um. »Würdet Ihr es in Eure Obhut nehmen? Es in Eurer Kirche bestatten?«
    Sie hob die Arme. »Aber wie …«
    Er ließ sie nicht zu Wort kommen. »Ihr kanntet ihn, Mutter Oberin. Wen sonst soll ich um diesen Dienst bitten?«
    Sie erinnerte sich an den Moment, als Friedrich ihr die Kette mit dem Kreuz geschenkt hatte, sie sah ihn in Crema auf seinem weißen Schlachtross seinen Männern voranreiten, sie sah, wie er seinen totgeborenen Sohn im Arm hielt, wie er Beatrix zärtlich küsste. Sie dachte an die Nacht in Mainz, als er abgerissen und erschöpft vor ihr stand und seine Blicke noch immer so viel Kraft ausstrahlten. Sie sah in die grauen Augen vor ihr, fasste nach dem silbernen Kreuz an ihrem Hals und nickte.
    »Noch etwas.« Seine Stimme klang wieder beherrscht, beinahe kühl. »Niemand darf davon erfahren. Es wird eine namenlose Grabstätte sein. Ich werde Euch jährlich eine Summe anweisen, die es Euch ermöglicht, ohne finanzielle Sorgen für sein Seelenheil zu beten.«
    Dieser Auftrag kam ihr bekannt vor. Schon einmal hatte sie für das Heil einer Seele beten müssen, und jemand hatte dafür bezahlt. Jetzt war sie sehr froh, dass sie geschwiegen hatte. Sie begriff gleichzeitig, dass er das Herz des Kaisers für immer hier zurücklassen würde. Er hatte nie vorgehabt, es nach Speyer zu bringen, und er war nicht zufällig in ihr Stift

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