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Das Geheimnis der Äbtissin

Das Geheimnis der Äbtissin

Titel: Das Geheimnis der Äbtissin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Marie Jakob
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Abendessen suchte sie vergeblich die Bänke an der langen Tafel ab. Silas war noch immer nicht zu sehen. Sicherlich würde er sich selbst um Nawar kümmern. Da blieb keine Zeit, um pünktlich zu speisen. Sie saß neben Beatrix, Isabella dagegen hatte es so eingerichtet, dass sie auf der anderen Seite des Kaisers ihren Platz hatte. Während die Diener gebratene Hühner, Haferküchlein und verschiedene Pasteten hereinschleppten, kletterte der kleine Narr auf einen Hocker in der Mitte des Saals und stimmte seine Laute.
    »Hoho, Karol!«, rief der Graf in froher Stimmung. »Was hast du heute für uns?«
    »Nur die neuesten Geschichten, mein Herr und Gebieter, und die besten!«
    »Na dann lass hören!«
    Der Narr ließ ein paar Akkorde erklingen, dann hielt er plötzlich inne. Intensiv betrachtete er seine kleinen Füße, die in groben Strümpfen steckten.
    »Was ist? Warum fängst du nicht an?«, fragte Heinrich der Löwe.
    »Ich habe nasse Füße. Mit nassen Füßen kann ich nicht spielen.«
    »Weshalb sind sie nass? Gewiss hast du dir draufgepinkelt?« Heinrich lachte, und die Gäste fielen ein.
    Karol blickte ihn ernst an, hob einen Fuß an seine große Nase, wobei er fast vom Hocker purzelte, und schüttelte den Kopf. »Das riecht nicht nach Pisse, Herr Herzog Löwe. Es riecht nach feinem Badewasser.«
    Wieder lachten die Leute.
    »Hier hat jemand sehr schwungvoll gebadet, das meiste Wasser ist ins Stroh geschwappt. Ich werde die Mägde fragen, wer das war.«
    Die Zuhörer begriffen langsam, dass der Narr sich über das Baderitual der hohen Herren lustig machen wollte, und bogen sich vor Lachen. Karol kletterte umständlich von seinem Hocker und watschelte eilig in Richtung Küche, wobei er seine Füße immer wieder ausschüttelte. Als er zur Tür hinaus war, begannen die Diener das Fleisch vorzulegen. Der Kaiser langte herzhaft zu, und erst jetzt griffen auch die anderen Gäste zu.
    »Werdet Ihr wieder hierbleiben?«, fragte Judith Beatrix, als die Teller sich allmählich leerten.
    Beatrix seufzte. »Ich fürchte, ja. Friedrich lässt in diesem Punkt nicht mit sich reden. Dabei würde ich gern mit nach Mailand ziehen.«
    »Euer Gemahl will Euch die vielen Unannehmlichkeiten einer solchen Reise ersparen.«
    Beatrix hob die Augenbrauen. »Was könnte anders sein als bisher? Ein Leben im Sattel, immer unterwegs von Nürnberg nach Trier, von dort nach Aachen, nach Goslar oder nach Braunschweig. Und jetzt hierher. Höchstens eine Woche am selben Ort. Mein Pferd ist meine Heimstatt.« Sie langte nach einem Stück Brot, um es in die Soße zu tunken. »Doch waren wir wenigstens zusammen. Jetzt werde ich allein hier zurückbleiben.« Missmutig starrte sie auf ihren Teller.
    Judith wusste nicht, was sie zum Trost entgegnen sollte.
    Sie hörte Isabella laut lachen. Neben ihr saß Heinrich. Er schien ein amüsanter Gesprächspartner zu sein. »… und ich hörte, dass Ihr sogar einen tollen Wolf erlegt habt«, sagte er gerade.
    »Ja, gemeinsam mit dem jungen Ludwig von Lare. Er bedrohte unsere Königin, wir mussten eingreifen.« Sie sprach lauter als nötig, und Judith warf ihr einen warnenden Blick zu. Isabella erwiderte ihn unverfroren und zeigte unauffällig mit dem Daumen nach unten. Was meinte sie?
    »Das war gewiss sehr aufregend«, schmeichelte Heinrich.
    »Ach, wisst Ihr, in dem Moment der Gefahr dachte ich nicht nach.« Sie bewegte mit einer deutlichen Geste ihre Hand unter den Tisch und nickte ihr nachdrücklich zu.
    Neben sich hörte sie Beatrix leise schnauben, aber Judith wagte nicht, sie anzublicken. Wenn sie jetzt nichts unternahm, würde Isabella nie aufhören. Sie griff nach der Platte mit einem Rest Hasenpastete und schob dabei mit dem Ellbogen ihren Teller vom Tisch. Scheppernd rollte das kupferne Geschirr erst auf die Sitzbank und dann ins Bodenstroh. Ehe alle begriffen hatten, was geschah, rutschte sie blitzschnell unter den Tisch. Über ihr kam Gelächter auf. Aus dem Augenwinkel sah sie gerade noch, wie ein nackter Fuß geschwind unter dem Saum des gelben Wollkleides hervorkam. Ungeschickt versuchte er in den engen Lederstiefel zu schlüpfen, der verwaist neben seinem Gegenstück stand, in dem eindeutig der rechte Fuß des Bischofs steckte.
    Mit hochrotem Kopf und dem Kupferteller in der Hand kroch sie unter dem Tisch hervor und murmelte eine Entschuldigung. Isabellas triumphierende Blicke ignorierte sie, ebenso wie die tadelnden ihres Vaters und die belustigten der Umsitzenden. Herzog Heinrich dagegen

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