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Das Geheimnis der Äbtissin

Das Geheimnis der Äbtissin

Titel: Das Geheimnis der Äbtissin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Marie Jakob
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sollte.
    Die mächtige Seestadt Genua weigerte sich als Erste, diese Gesetze zu unterzeichnen. Also setzte der Kaiser sein Heer erneut in Marsch. Da Genua hervorragend befestigt und das Heer nur noch halb so stark war, verzichtete Friedrich auf eine Belagerung. Die Genueser zahlten eintausendzweihundert Pfund Silber und blieben im Besitz ihrer Rechte, ebenso wie Venedig, das sich nicht der kaiserlichen Oberhoheit unterwarf. Somit waren bereits zwei Breschen in die kaiserliche Reichspolitik geschlagen.

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    Burg Lare, an Christi Himmelfahrt anno 1159
    »Endlich ist es mir gelungen, die Königin von ihrer Blasenentzündung zu heilen. Die Ärmste litt sehr darunter. Alle Stunde musste sie Wasser lassen, was zudem sehr schmerzhaft war. Ihr Urin war trübe und teilweise blutig. Zunächst versuchte ich warme Zwiebelauflagen, vergeblich. Dann ließ ich ihr Sitzbäder im warmen Wasser bereiten, mit aufsteigender Temperatur. Gegen die anschließenden kalten Umschläge hat sie sich zunächst gewehrt, doch als ich sie überzeugt hatte, kam tatsächlich der Erfolg. Seelisch ist sie auch arm dran, sie ist dünn wie ein Reh im Frühjahr, und die Haare fallen ihr aus. Gleichwohl hat ihr Gemahl in Italien noch jede Menge Arbeit, so bald wird er nicht zurückkehren. Laufend erreichen uns neue Nachrichten über die Widerspenstigkeit der lombardischen Städte. Der Kaiser hat erneut die Reichsacht über Mailand verhängen lassen.
    Isabella ist wieder mal sehr launisch, weil ich mich viel um Beatrix kümmern musste. Sie meint, ich könne das getrost dem Bischof überlassen. Sie selbst hat große Sorgen mit ihrer trächtigen Stute, die immer noch fiebert. Wahrscheinlich verliert sie ihr Fohlen. Ich habe ihr empfohlen, Weidenzweige zu füttern. Das machen die Hirten auch, wenn sie kranke Tiere in der Herde haben. Ich weiß nicht, ob sie es probiert hat.
    Gestern habe ich Swen einen Zahn gezogen. Ich hätte nicht gedacht, dass ich es kann. Ich hätte sonst den Schmied bitten müssen, mir zur Hand zu gehen, er hat mehr Kraft und macht das gewöhnlich bei den Pferden. Die Entzündung hatte die Wurzel schon zerstört, daher ging es leicht. Jetzt habe ich ihm Kamillenspülungen verordnet. Bisher scheint es Erfolg zu haben. Der arme Swen war so glücklich über seine Heilung, dass er mir einen dicken Strauß Maiglöckchen brachte. Er hat mich ganz blöde angesehen, als ich ihm befahl, sich gleich die Hände zu waschen. Das gefährliche Kraut steht hier vor mir auf dem Tisch und duftet wirklich gut, aber ich sehe mich die Blüten bereits trocknen und Niespulver daraus reiben.«
    Gepolter auf der Zugbrücke kündigte einen Reiter an. Vorsichtig legte Judith die Feder beiseite und trat ans Fenster der Kemenate. Ein Fremder mit dem kaiserlichen Wappen auf dem Umhang trieb sein erschöpftes Pferd auf den Palas zu. Er trug einen Botenstab und die typische Lederhülse am Gürtel.
    »Schon wieder ein Bote«, murmelte sie und eilte zur Tür. »Das halbe Heer des Kaisers muss unterwegs sein, um Nachrichten zu verteilen.«
    Sie befahl einer Magd, den Mann mit Wasser, Brot und kaltem Fleisch vom Vortag zu versorgen, während sie einer anderen Dienerin seinen Mantel zur Reinigung in die Hand drückte.
    Der Mann ließ sich schwerfällig auf die Bank fallen und musterte müde seine Umgebung. Die kaiserlichen Kuriere waren besonders gute Reiter, denen auf ihren tagelangen Ritten körperlich alles abverlangt wurde. Während die Pferde unterwegs gewechselt wurden, musste der Bote, falls er eine geheime Meldung in seinem Kopf trug, ohne Schlaf und Rast selbst weiterreiten.
    »Bringt Ihr gute Nachricht?«, fragte sie, weil sie ihre Neugier nicht zügeln konnte.
    »Darf ich zunächst erfahren, wer Ihr seid?«, entgegnete der Kurier höflich, aber bestimmt. Sein Gesicht war von der Sonne verbrannt, die tiefen Falten um seine Augen leuchteten hell, was ihm ein abenteuerliches Aussehen verlieh. Gelblicher Staub lag auf seiner Stirn und zwischen den Bartstoppeln.
    »Ich bin Judith, die Tochter des Grafen von Lare.«
    Der Kurier neigte bedauernd den Kopf. »Meine Botschaft ist direkt vom Kaiser und an die Königin Beatrix gerichtet.«
    »Ich werde sie holen«, erbot sie sich. Während die Magd mit einem Korb voller Essen aus der Küche kam, lief sie nach oben.
    Beatrix hatte geschlafen, sie war noch immer nicht vollständig gesund. Eine Dienerin flocht ihr das struppige Haar zu einem Zopf und legte ihr ein Paar Ohrringe an. »Eine Nachricht vom Kaiser, sagst

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