Das Geheimnis der Alchimistin - Historischer Kriminalroman
dass er den für Gerardo bestimmten Hieb abbekommen hatte.
Ihm ging kurz Adia durch den Kopf und das, was vielleicht zwischen ihnen hätte werden können. Dann dachte er an seine Abhandlung, die unvollendet bleiben würde und an das Geheimnis, das zu enthüllen ihm nun doch nicht gelungen war.
Wie in Trance sah er, dass etwas auf ihn fiel, und konnte gerade noch rechtzeitig wegrollen. Es war der Mann mit den abgeschnittenen Ohren, der sich beide Hände auf eine Wunde am Unterleib presste. Gerardo war es anscheinend gelungen, ihn zu entwaffnen und ihn mit seinem eigenen Dolch zu verwunden, doch es blieben immer noch drei Gegner, und allein würde er sie nicht besiegen können.
Mit ungeheurer Anstrengung zwang sich Mondino, den Kopf zu heben.
Gerardo hatte jetzt eine Waffe und schlug sich mit den anderen beiden Helfern Guidos herum. Er nutzte den engen Raum und brachte sie dazu, dass sie einander gegenseitig in den Bewegungen hinderten und er einen nach dem anderen angreifen konnte. Was er in seinem Eifer nicht bemerkte, war,
dass Guido Arlotti sich gerade von hinten anschickte, ihn niederzustechen.
Mondino rollte wieder auf eine Seite, bis er mit den Füßen zwischen Guidos Beine kam, der durch diesen überraschenden Angriff das Gleichgewicht verlor. Gerardo schlug ihm mit dem Dolchgriff ins Gesicht, wobei er die Gegner vor ihm keinen Moment aus den Augen ließ. Guido sackte mit einem Schrei über Mondino zusammen.
Gerardos Schlag war hart gewesen, doch der Mann war kräftig und versuchte, sofort wieder auf die Beine zu kommen. Mondino war zwar nicht in der Lage, seinen rechten Arm zu bewegen, aber Fußtritte austeilen konnte er zumindest noch. Er stützte sich auf den unversehrten Ellbogen und trat seinem Gegner mit dem Schuh so fest ins Gesicht, dass dieser erneut zu Boden ging. Dann nahm er all seine verbliebene Kraft zusammen, trat noch einmal zu und traf ihn an der Kehle.
Während er über sich die Schreie und Geräusche des Kampfes, in den Gerardo verwickelt war, wie durch einen Nebel wahrnahm, warf sich Mondino auf Guido und versetzte ihm mit dem linken Arm eine Reihe von Schlägen immer wieder auf dieselbe Stelle im Gesicht, bis er spürte, dass dieser sich nicht mehr wehrte. Erst dann schaute er auf und konnte gerade noch beobachten, wie ihr letzter Gegner floh, nachdem Gerardo seinem Kumpan das Herz durchbohrt hatte.
»Wie geht es Euch, Magister?«, fragte der junge Mann und beugte sich über ihn.
»Schlecht, aber die Wunde ist nicht schlimm«, antwortete Mondino. »Lass mich hier und geh Fiamma suchen.«
»Seid Ihr sicher?«, fragte Gerardo zweifelnd.
»Ich habe genug Wunden gesehen, um zu wissen, dass diese hier nicht tödlich ist, obwohl sie sehr schmerzt. Hilf mir, das Blut zu stillen, und dann geh. Es gilt, keine Zeit zu verlieren.«
Gerardo griff mit den Händen unter das Gewand des immer
noch bewusstlosen Guido, bis er dessen Leinenhemd hervorgezogen hatte. Er schnitt mit dem Dolch ein Stück davon ab und reichte es Mondino, der es auf seine Wunde presste. Dann nahm er Guido den Gürtel ab und fesselte ihm damit die Hände auf dem Rücken. Das Gleiche wiederholte er bei dem Mann mit den abgeschnittenen Ohren, der noch am Leben war. Ihm band er allerdings die Füße zusammen. Als er Mondino noch einen Dolch in die Hand gedrückt hatte, um damit die Gefangenen in Schach zu halten, ging er festen Schrittes zu dem eingestürzten Haus und verschwand zwischen den Steinen in seinem Inneren.
Im Palazzo des Podestà herrschte hektisches Treiben. Die Menge auf der Piazza Maggiore hatte zwar angefangen, sich zu zerstreuen, kurz nachdem Gerardo und Mondino mit den Wachen das Gebäude verlassen hatten, aber der Podestà und der Capitano del Popolo wussten genau, dass auch danach keine Ruhe einkehren würde. Ganz im Gegenteil. Immer noch bekamen sie Nachricht über Horden von Bürgern mit Stöcken oder irgendwelchen behelfsmäßigen Waffen, die jeden angriffen, der sich ihnen in den Weg stellte - insbesondere Edelleute oder Vertreter der bestehenden Ordnung. Sogar der Erzbischof schien nur durch ein Wunder überlebt zu haben, doch das mochte Enrico Bernadazzi nicht glauben. Was tat der Erzbischof an einem solchen Tag auf den Straßen? Dies musste irgendein leeres Gerücht sein, das jeder, der es verbreitete, noch einmal ausschmückte.
Doch auf jeden Fall musste man diesem verheerenden Durcheinander Einhalt gebieten.
»Sind wir bereit?«, fragte er den Capitano del Popolo, der beunruhigt aus dem
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