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Das Geheimnis der Alchimistin - Historischer Kriminalroman

Titel: Das Geheimnis der Alchimistin - Historischer Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfredo Colitto
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wir uns glücklich schätzen«, fügte er hinzu.
    Gerardo lächelte insgeheim. Mondino hatte ihm genau das vorhergesagt. Er wusste sehr gut, dass er beim Prior der Augustiner nicht gern gesehen war, und dieses eine Mal erwies sich die Abneigung der Kirche ihm gegenüber als vorteilhaft. Aus diesem Grunde hat er auch die Essenszeit für seinen Besuch im Konvent gewählt. Damit war beiden Parteien gedient: Die Mönche hatten einen Vorwand, um sich nicht zeigen zu müssen, und sie beide waren froh darüber, möglichst wenig gesehen zu werden.
    »Leider muss ich so schnell wie möglich zu einem anderen Kranken«, erwiderte Mondino. »Aber sorgt Euch nicht wegen des Abendessens. Ich arbeite besser mit leerem Magen. Bitte bringt mich jetzt zu Eurem Vetter.«
    Sichtlich erleichtert führte sie Pater Paolo durch lange, menschenleere Flure, in denen es beinahe dunkel war, weil noch niemand Fackeln und Kerzen angezündet hatte. Als sie an dem leeren Dormitorium vorbeigingen, blieb er nicht stehen und erklärte, man habe Pater Francesco in eine einzelne Zelle verlegt, die sogar über eine Tür verfügte.
    »Seine Schmerzensschreie haben alle wachgehalten, und morgens beim Matutin schliefen die Mönche schließlich im Stehen vor Erschöpfung«, erklärte er lächelnd. »Deswegen hat ihm der Prior diese Ausnahme zugestanden und ihn in das Zimmer für wichtige Gäste verlegen lassen.« Sie gingen bis zu einer schmucklosen, aber geräumigen Zelle. In ein Laken gehüllt, lag Pater Francesco auf dem Strohsack, auf einem aus rohem Holz gezimmerten Bettrahmen.

    Pater Paolo stellte sie einander vor und fragte, ob Mondino ein Kohlebecken benötige. Freundlich, aber bestimmt erklärte der Arzt, er habe alles Nötige dabei.
    »Wie schließt Ihr die Wunde?«, fragte der Mönch.
    »Ich werde sie nicht kauterisieren, wenn Ihr das wissen wollt. Ich benutze einen Seidenfaden.«
    »Ich verstehe« sagte Pater Paolo, wirkte jedoch, als hätte er kein Wort verstanden.
    »Ich benötige lediglich eine Schüssel mit Wasser, aber ich sehe dort schon eine«, sagte Mondino und zeigte auf eine Schüssel und einen Krug, die auf einem Tisch vor dem Fenster standen. »Für alles Übrige wird mein Assistent sorgen. Setzt Euch ruhig wieder zu Tisch, Pater. Wenn Ihr Euer Mahl beendet habt, werdet Ihr uns noch hier finden.«
    Der Pater neigte den Kopf, bedankte sich noch einmal, verließ den Raum und schloss die Tür hinter sich. Mondino bat Gerardo, den Patienten vorzubereiten, und begleitete seine Worte mit einem mahnenden Blick. Dann machte er sich daran, seine Instrumente aus der Tasche zu holen und sie auf dem Tisch aufzureihen.
    Gerardo war so überrascht, dass er seinen Zorn ganz vergaß. Er hatte sich einen Menschen erwartet, der brutal wirkte, niederträchtig oder zumindest unzuverlässig - stattdessen war Pater Francesco ein Bild der Sanftmut: helle Augen, kurzgeschnittene Haare, ein bartloses Gesicht und ein aufrichtiges Lächeln, trotz der Schmerzen, die ihm sein Hodenbruch bereitete. Er war der Typus Geistlicher, an den man sich instinktiv wenden würde, wenn man eines Rates oder tröstender Worte bedurfte.
    Wortlos hob Gerardo das Laken an und half dem Pater, sich im Bett aufzusetzen; dann ließ er ihn sich wieder hinlegen, aber quer, mit dem Rücken auf der Matratze und den Füßen auf dem Boden. Er erklärte ihm, dass er ihn festbinden müsse, um
auszuschließen, dass er sich während der Operation unkontrolliert bewegte. Pater Francesco stimmte bereitwillig zu.
    »Tut, was Ihr tun müsst«, sagte er und breitete lächelnd die Arme aus.
    Gerardo band seine Hände an einem Seitenteil des Bettes fest, dann holte er zwei weitere Stücke Seil aus der Tasche. Während er Pater Francescos Knöchel anhob und die Beine spreizte, sagte er sich, dass er sich nicht wundern sollte. Auch Angelo da Piczano hatte wie ein Tempelritter ohne Fehl und Tadel gewirkt, der sich ganz den Ordensregeln und der Verteidigung des Glaubens verschrieben hatte. Und dennoch hatte er schändliche Dinge mit unschuldigen Kindern getrieben, denselben Kindern, die Christus über alles liebte. Lasset die Kindlein zu mir kommen . Die Art, wie Leute wie Angelo und Pater Francesco diese Worte in den Schmutz zogen, ließ wieder Wut in ihm aufkommen. Im Aufruhr seiner Gefühle zog Gerardo das Seil zu fest, woraufhin Pater Francesco schmerzerfüllt stöhnte.
    »Pass auf!«, fuhr ihn Mondino sofort an.
    »Das macht nichts, Magister«, sagte Francesco mit einem engelsgleichen Lächeln. »Es

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