Das Geheimnis der Alchimistin - Historischer Kriminalroman
Gerardo machte einen Schritt auf ihn zu, um ihn am Hals zu packen, doch Mondino hielt ihn zurück.
»Halt«, sagte er, ohne den Mönch aus den Augen zu lassen.
Dann näherte er langsam das Rasiermesser dem Glied des Mannes, wobei er darauf achtete, dass dieser alles genau durch seine gespreizten Beine beobachten konnte.
»Das werdet Ihr nicht tun«, sagte der Mönch.
»Ihr kennt mich nicht«, erwiderte Mondino und senkte die Klinge, bereit zum Schnitt.
Pater Francesco schrie aus Leibeskräften, aber er musste aufhören, weil die Anstrengung den Schmerz in seinem Unterleib wiederaufleben ließ.
Gerardo wandte sich beunruhigt zur Tür, doch Mondino ließ sich nicht beeindrucken.
»Eure Mitbrüder sitzen beim Abendessen im Refektorium«, erklärte er ruhig. »Außerdem wissen sie, dass es schmerzhaft ist, einen Hodenbruch zu beheben, und erwarten sogar ein wenig Geschrei. Niemand wird kommen.«
Gerardo sah, wie in den Augen des Mönches plötzlich Zweifel erschien, dann blickten sie wieder hochmütig
»Wenn Ihr mich nicht auf der Stelle losbindet, werde ich um Hilfe rufen«, drohte Francesco. »Ich werde Hilfe, Mörder schreien. Und Ihr könnt sicher sein, dass dann jemand kommt.«
»In diesem Fall«, erwiderte Mondino, »werde ich Eure Mitbrüder davon in Kenntnis setzen, was ihr mit den Jungen in der Absteige dieses Weibes treibt. Dann werden sie Euch gleich selbst in Stücke reißen. Vielleicht wird dem Prior aber auch gelingen, sie rechtzeitig aufzuhalten, und dann werdet Ihr dem Henker übergeben, für einen demütigenden Prozess, der auf dem Scheiterhaufen endet.«
Gerardo zitterte buchstäblich vor Angst. Sollte Francesco tatsächlich um Hilfe rufen und sollten dann die Mönche kommen, würde jemand die Sbirren holen, man würde ihn erkennen und verhaften. Mondino als sein Komplize würde sein Schicksal teilen. Zu wissen, dass Francesco auf dem Scheiterhaufen enden würde, wäre da nur ein schwacher Trost. Die Täuschung Mondinos gründete auf der Annahme, dass der Mönch nicht wissen konnte, dass Gerardo gesucht wurde, aber das Risiko war dennoch sehr groß. Der junge Mann begriff nicht, wie der Arzt so ruhig bleiben konnte.
In Pater Francescos leidenden Augen zuckte ehrliche Furcht auf. Er starrte Mondino an, und das, was er dort erblickte, bewog ihn, nicht zu schreien.
»Welches Weib?«, versuchte er hervorzustoßen.
»Sie heißt Filomena«, antwortete Mondino. »Vergeudet Eure Zeit nicht mit Lügen, sie selbst hat Euch verraten. Wir wissen alles, aber aus diesem Grund sind wir nicht hier.«
Francesco rüttelte an den Seilen, die seine Arme hielten, und wieder entlockte ihm die Anstrengung einen leisen Schmerzenslaut.
»Wenn Ihr nicht aufhört, Euch so zu winden und zu schreien«, sagte Mondino immer noch ganz ruhig, »werdet Ihr nur eines erreichen: nämlich dass sich Eure Wunde wieder öffnet. Und in diesem Fall gelingt es mir vielleicht nicht, sie rechtzeitig zu schließen. Der erneute Blutverlust könnte tödlich für Euch sein.«
Diesmal nahm der Mann die Drohung ernst. Er nickte und sagte: »Was würdet Ihr tun, wenn ich zugebe, Angelo da Piczano zu kennen?«
Seine Lage war verzweifelt, aber dennoch versuchte er noch zu handeln. Gerardo war froh, dass er vor drei Tagen nicht mit ihm hatte sprechen können. Er hätte nichts aus ihm herausgebracht und ihn nur vorgewarnt.
»In diesem Fall«, sagte Mondino, »werden wir Euch einige Fragen stellen und gehen, sobald Ihr sie uns beantwortet habt. Wir sind nicht daran interessiert, Euch anzuzeigen, sonst hätten wir das bereits getan. Diese Drohung würden wir nur im äußersten Notfall umsetzen. Übrigens wäre es ziemlich ungünstig für Euch, wenn Ihr über das reden würdet, was wir hier in diesem Raum besprochen haben.«
Francesco schien über seinen Vorschlag nachzudenken. Seine Selbstbeherrschung war beängstigend.
»Zuerst bindet meine Beine los«, sagte er nach einer Weile.
»Zuerst redet!«, mischte sich Gerardo ein, der sich nicht mehr beherrschen konnte.
»Ihr habt gehört, was mein Assistent gesagt hat«, meinte Mondino. »Sagt uns, was wir wissen wollen. Dann entkommen wir alle schneller dieser unangenehmen Situation.«
Der Mönch gab seufzend auf. »Na gut. Aber ich sage Euch gleich, ich weiß nur sehr wenig.«
Sein Geständnis war enttäuschend. Er hatte Angelo da Piczano einige Tage vor seinem Ableben in den öffentlichen Bädern nahe der Porta Genovese getroffen. Angelo war aufgefallen, wie er die jungen Männer
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