Das Geheimnis der antiken Kette
»Verdammt, Rue, lass los!«
Sie gehorchte nicht. »Du bist größer und stärker als ich, Marshal«, neckte sie ihn mit einer dünn klagenden Stimme, »aber ich merke nichts davon, dass du dich mit Gewalt meinen sündigen Aufmerksamkeiten entziehst.«
Farley hatte die Absicht, ihre Finger wegzuziehen, aber seine Hände wanderten stattdessen an ihre Wangen. Mit einem erstickten Aufstöhnen küsste er sie, ließ seine Zunge in ihren Mund eindringen und ihn erforschen. Und sie bearbeitete ihn weiterhin gnadenlos mit ihrer Hand.
Er unterbrach nach Luft ringend den Kuss. »Himmel, Rue …!«
Sie reizte seinen Nabel mit ihrer Zungenspitze. »Du hast versprochen, mich nicht zu lieben, bevor wir verheiratet sind«, sagte sie, und er bebte in Vorfreude, weil er wusste, was gleich geschehen würde. »Ich andererseits habe nie etwas Derartiges gesagt.«
Farley fühlte, wie sie tiefer glitt, und er stöhnte, aber er konnte sich nicht überwinden, sie aufzuhalten. Als Rue ihn nahm, stieß er einen rauen Schrei der Erleichterung aus und überließ sich ihr.
Später verließ Farley das Bett, duschte und kümmerte sich um die Ranch. Rue nahm eine Pinzette aus ihrem Make-up-Koffer, hob damit die Halskette vom Boden auf und ließ sie vorsichtig in einen großen Umschlag gleiten.
Sie hielt den Umschlag an einer Ecke und trug ihn nach unten in das Arbeitszimmer, wo sie den Safe hinter einem alten Obst-Gemälde ihrer Großmutter öffnete. Sie erwartete, dass er leer war, doch sie fand einen dünnen Umschlag darin und fühlte Kälte in sich hochsteigen.
Die Handschrift auf dem Umschlag war alt und verblasst und sehr vertraut. »Miss Rue Claridge, Ribbon Creek, Montana.« Es gab sogar eine Postleitzahl, eine Tatsache, über die Rue hätte lächeln können, wäre sie nicht so erschüttert gewesen. Das Datum des Poststempels war 1892.
Sie ließ den anderen Umschlag mit der Halskette achtlos auf den Boden fallen und sank in einen Sessel, während ihr das Herz bis in die Kehle schlug.
Der Brief war offenbar an Großvater zugestellt worden, und er hatte ihn für sie aufgehoben, vermutlich ohne den Poststempel oder die alte Tinte zu bemerken.
Rue holte tief Luft und setzte sich sehr gerade auf. Wenn dieser Brief auf die Ranch zugestellt worden war, wieso hatte sie ihn nicht schon früher gefunden, als sie Großvaters Sachen ordnete? Und überhaupt, wieso passierte das alles?
Die einzige Erklärung, die Rue einfiel, war die, dass Farley in naher Zukunft in das Jahr 1892 zurückkehren würde. Und dies war die einzige Möglichkeit, um mit ihr Kontakt aufzunehmen, ein Brief, der später hundert Jahre lang verlegt und von einer Person zur anderen weitergeleitet wurde.
Mit zitternden Fingern öffnete Rue den Umschlag und zog ein einzelnes dünnes Blatt heraus. Tränen brannten in ihren Augen. Diese Worte waren vor einem Jahrhundert von einem Mann geschrieben worden, den sie erst an diesem Morgen ohne alle Vorbehalte geliebt hatte.
Meine liebste Rue,
ich schreibe dies, um mich zu verabschieden, auch wenn ich weiß, dass meine Worte Dich verwirren werden, falls Du sie jemals zu Gesicht bekommst. Vielleicht wirst Du dieses Blatt überhaupt nie erhalten, aber ich gebe zu, dass es mich ein wenig tröstet, Dir zu schreiben. Ich hatte nie vor, Dich für immer zu verlassen, Rue, vor allem nicht an unserem Hochzeitstag. Ich möchte, dass Du das weißt. Meine Liebe zu Dir ist so beständig wie mein Atem und mein Herzschlag, und ich werde diese Hingabe mit in die nächste Welt nehmen, wo die Engel Dich sicherlich darum beneiden werden. Ich bin voller Zuversicht. Sollte ein Kind aus unserer Vereinigung hervorgehen, wirst Du unseren Sohn oder unsere Tochter dazu erziehen, stark und ehrenvoll zu sein. Ich bin hier in dem Haus in Pine River, nachdem ich letzte Woche bei einem Raubüberfall auf die Bank angeschossen wurde. Oftmals frage ich mich, ob Du in einem der anderen Räume bist, lediglich für meine Augen und Ohren unerreichbar. Als ich Deine Cousine Lizzie das letzte Mal sah, was erst vor Kurzem war, als sie meine Verbände wechselte, ging es ihr gut. Sie sah, dass ich an Dich schrieb, und sie versprach mir, einen Weg zu finden, den Brief an Dich zu schicken. Und sie bat mich, Dir ihre allerbesten Grüße zu übermitteln. Ich füge die meinen hinzu.
In ewiger Liebe,
Farley
Rue faltete den Brief behutsam zusammen und schob ihn wieder in den Umschlag, während Panik in ihr tobte. Sie wollte schreien, schluchzen, sich mit aller Kraft gegen dieses
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