Das Geheimnis der Apothekerin
Hinterhof zwischen den beiden Gebäuden und betraten das Haus durch den Garten.
»Gute Güte«, sagte Mrs Mimpurse, als sie die Labor-Küche sah. »Das ist schlimmer, als ich es mir vorgestellt habe.«
Lilly nahm ihren Hut ab und ging hinüber ins Behandlungszimmer. Ihr Vater saß auf der Liege, den Kopf in die Hände gestützt, noch immer in der gleichen, zerknitterten Kleidung.
»Vater, geht es dir besser?«
»Wie ich schon sagte, mir geht es gut. Warum bist du überhaupt hier?«
Sie prallte förmlich zurück angesichts dieser Begrüßung.
Mrs Mimpurse tauchte hinter ihr in der Tür auf. »Ich habe einen leckeren Huhn-Lauch-Eintopf zum Abendessen mitgebracht.«
»Ich habe dir doch gesagt, du sollst mich in Ruhe lassen, Maude.« Die Stimme ihres Vaters klang rau und scharf. »Ich brauche dein Mitleid nicht.«
Maude schniefte. »Mitleid, so. Das würde ich nie an einen mürrischen Kohlkopf wie dich verschwenden. Das Essen ist für Miss Lilly, die nach vielen Monaten nach Hause gekommen ist. Wenn du auch nur ansatzweise ein Gentleman wärst, würdest du dich an den Tisch setzen und mit deiner Tochter zusammen essen, um sie zu Hause willkommen zu heißen.«
»Hab nie behauptet, ein Gentleman zu sein.«
»Wie ich sehr wohl weiß und mit Recht.«
Er blickte zu ihr auf, Ärger und Schmerz in den Augen. Doch als Mrs Mimpurse zu ihm trat, ihn an einem Ellbogen packte und Lilly anwies, den anderen zu nehmen, erlaubte er den beiden Frauen, ihm beim Aufstehen zu helfen und ihn in die Labor-Küche zu führen. Dort ließ er sich schwer auf einen Stuhl fallen.
»Und, bist du jetzt zufrieden?«, fragte er.
»Ich bin außer mir vor Freude.« Was Sarkasmus betraf, hatte Mrs Mimpurse keine Probleme, mit Lillys Vater mitzuhalten.
»Dann verschwinde endlich, du lästiges Frauenzimmer.«
»Mit Freuden, du undankbares Monster.«
An der Tür zögerte Mrs Mimpurse noch einmal und schaute zu ihnen zurück. Der Kummer in ihren Augen strafte ihre spitzen Bemerkungen Lügen.
Die Schüsseln waren alle schmutzig, aber Lilly fand noch zwei Becher, die sie für den Eintopf benutzen konnten.
»Sie hat dir geschrieben, oder?«, fragte ihr Vater.
»Ja, und ich bin ihr dankbar dafür.«
»Was hat sie geschrieben? Kann nicht leicht gewesen sein, dich mitten in der Saison aus London loszueisen.«
»Sie schrieb nur, dass du nicht du selbst seist – was mir die Untertreibung des Jahrhunderts zu sein scheint. Was ist denn nur los, Vater? Was ist passiert?«
»Das Essen wird kalt.«
Schweigend aßen sie ein paar Bissen. Nur die Uhr tickte. Lilly blickte zu der alten Wanduhr hoch. »Wo ist Charlie? Warum ist er nicht zum Abendessen zu Hause?«
Noch während sie fragte, wurde ihr klar, dass es in letzter Zeit kein Abendessen gegeben hatte, zu dem er hätte nach Hause kommen können. Aß er vielleicht bei Mary und Mrs Mimpurse?
»Charlie wohnt nicht mehr hier.«
Die Feststellung traf sie völlig unvorbereitet.
»Was? Aber wo ist er?«
»Er lebt jetzt in Marlow House und arbeitet dort als Hilfsgärtner.«
Ihr Löffel schlug klirrend gegen den Becher. Sie schauderte, als sie daran dachte, dass ihr gutmütiger, einfältiger Bruder jetzt unter der Fuchtel Roderick Marlows oder seines ungehobelten, jähzornigen Gärtners stand.
»Aber warum, Vater? Du brauchst seine Hilfe doch offensichtlich mehr denn je. Vor allem seit Francis weg ist.«
Er zuckte die Achseln und legte den Löffel weg.
»Iss doch noch, Vater. Du bist so mager, so habe ich dich noch nie gesehen.«
Er schüttelte den Kopf, mit den Gedanken ganz eindeutig nicht beim Essen. »Schade, dass du gekommen bist.«
Ihr Herz wurde schwer.
»Es ist sehr schade, aber gleichzeitig bin ich froh«, berichtigte er sich. Er streckte seine Hand über den schmalen Tisch hinweg nach ihr aus, zögerte jedoch, die ihre zu ergreifen, sondern zog seine Hand abrupt zurück und stand unbeholfen auf. Sie sprang ebenfalls auf, nahm seinen Arm und half ihm zurück auf sein Behelfsbett im Behandlungszimmer.
»Vater. Ich …« Sie beschloss, keinerlei Kritik zu äußern. »Ich habe dich noch nie so gesehen.«
»Ich wollte, es wäre dabei geblieben. Ich wünschte, überhaupt niemand würde mich so sehen.« Er hockte auf dem Bett. »Ich werde es überwinden. Immer einen Schritt nach dem anderen. Ich muss.«
»Brauchst du noch etwas?«, fragte sie.
»Nur Ruhe. Und ich möchte allein sein.«
Lilly ging zur Tür, wo sie sich noch einmal zu ihm umwandte. Sie sah, wie er eine neue Flasche an die
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