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Das Geheimnis der Apothekerin

Das Geheimnis der Apothekerin

Titel: Das Geheimnis der Apothekerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Klassen
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würde sie sich später Gedanken machen. Bei dem Wenigen, was ihr Vater verzehrte, hielten Mrs Mimpurses Eintopf und Marys Brot sicher mindestens eine Woche und in dem kalten Keller würden sie auch schön frisch bleiben.
    Am späten Nachmittag kam Francis zurück. Als er sah, dass die Tür zum Behandlungszimmer offen stand, winkte er sie zu sich herüber. »Mr Shuttleworth würde gern mit Ihnen reden.«
    »Worüber?«
    »Über« – er senkte die Stimme – »die Flasche, die Sie mir gegeben haben. Freddy Mac wusste nicht, was es ist.«
    »Und Mr Shuttleworth?«
    »Sagte, er brauche mehr Informationen, bevor er ein Urteil abgeben könne.«
    »Bevor er raten könne, meinen Sie.«
    Francis zuckte die Achseln. »Sie können zum Laden kommen, oder …«
    »Ich kann da nicht hingehen. Es würde aussehen, als wolle ich spionieren oder, noch schlimmer, als würde ich nicht zu meinem Vater halten.«
    Francis schien sich plötzlich unwohl zu fühlen.
    »Und ich kann ihn auch nicht hierher einladen; Vater könnte uns hören. Vielleicht könnten wir uns im Kaffeehaus treffen?«
    »Gut. Mr Shuttleworth ist oft dort.«
    »Ach wirklich?«
    »Er ist Junggeselle und hat keine Bediensteten.«
    Aus irgendeinem Grund überraschte dieser Status sie. Trotzdem gefiel ihr der Gedanke nicht, dass Mrs Mimpurse dem Rivalen ihres Vaters Mahlzeiten servierte.
    Auf den Mann, der aufstand, um sie zu begrüßen, als sie das Kaffeehaus betrat und zu dem Tisch ging, an dem er mit Francis saß, war Lilly nicht vorbereitet. Er war nicht groß, aber er hatte eine unglaubliche Ausstrahlung. Sie schätzte ihn auf etwa dreißig, aber eigentlich war sein Alter schwer zu schätzen. Er war zwar nur durchschnittlich groß, aber sonst war nichts Durchschnittliches an ihm. Sein schwarzes Haar stand ihm in über fünf Zentimeter langen Stacheln vom Kopf ab. Seine Brauen bildeten scharfe schwarze Dreiecke über dunklen Augen, die schelmisch funkelten. Auch seine Kleidung war, gelinde gesagt, ungewöhnlich. Zwischen den Aufschlägen eines burgunderroten Gehrocks aus Samt mit gelben Aufschlägen funkelte eine schwarz-goldene Weste. Seine Krawatte war nicht weiß oder elfenbeinfarben wie die Krawatten, wie man sie sonst an Männern sah, sondern golden.
    Er folgte ihrem Blick. »Gefällt sie Ihnen?«, fragte er und berührte seine Krawatte.
    »Ja.« Sie zögerte. »Ich habe ein Kleid in diesem Farbton.«
    »Eine Dame mit exquisitem Geschmack. Wie entzückend.« Seine Zähne, das sah sie, als er lächelte, waren ziemlich lang.
    »Miss Lillian Haswell, darf ich Ihnen Mr Lionel Shuttleworth vorstellen.«
    Sie war überrascht, dass Francis ihren vollen Namen genannt hatte.
    Sie knickste und Mr Shuttleworth verbeugte sich. Sein Lächeln und das Funkeln seiner Augen verrieten, dass er die Situation zutiefst genoss – was ihr ein seltsames Gefühl der Wärme und des Unbehagens zugleich verursachte.
    »Miss Haswell. Welch ein Vergnügen. Ich habe so wunderbare Dinge über Sie gehört, sowohl von dem jungen Mr Baylor hier als auch von den Damen Mimpurse.«
    Mary erschien, als habe sie ihren Namen gehört. Sie brachte ein Körbchen mit Brot und eine Kanne Tee. »Huhn und Gemüse kommen gleich.«
    Lilly sah, dass Mr Shuttleworths Augen jeder Bewegung Marys folgten. Die blassen runden Wangen ihrer Freundin waren rot, aber nicht nur vom Feuer im Küchenherd, dachte Lilly. In ihrem blauen Kleid und der weißen Schürze, das Haar locker aufgesteckt, mochte Mary vielleicht nicht schön sein, aber sie gab ein sehr hübsches Bild ab.
    Als Mary wieder in der Küche verschwunden war, wandte Mr Shuttleworth seine Aufmerksamkeit erneut Lilly zu. »Ich hoffe doch sehr, dass Sie mich einmal in meinem kleinen Laden besuchen. Es wäre mir eine Ehre, Ihnen alles zu zeigen. Ich habe einen neuen Tigerhai, einen Schrumpfkopf und mehrere ägyptische Skarabäen aufgehängt. Die Farben, Miss Haswell, leuchten wie Edelsteine. Wirklich, ganz exquisit.«
    »Verwenden Sie die Skarabäen und Haie auch für Ihre Arzneimittel?« Nach dem Schädel fragte sie nicht; sie wusste nur zu gut, dass viele Apotheker zerriebene Knochen verwendeten, weil sie angeblich Wunden schneller heilen ließen und epileptische Anfälle linderten. Ihr Vater hatte das verabscheut; er hielt es für Blasphemie. Lilly war seiner Ansicht. Vor allem aber wollte sie über dergleichen nicht beim Essen sprechen.
    Er ignorierte ihre Frage und fuhr fort: »Ich war auf Deck, als die Mannschaft den Hai einholte. Es war also keine

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