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Das Geheimnis der Burggräfin - Roman

Das Geheimnis der Burggräfin - Roman

Titel: Das Geheimnis der Burggräfin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag <München>
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noch keinen. Wo ist dieser Dolch nach vollbrachter Tat dann geblieben? Als man Adelbalds Leiche und Prosperius fand, hat man weder in der Höhle noch bei Prosperius eine Waffe entdeckt. Von wem hätte mein Schreiber überhaupt wissen sollen, dass sich die Heilige Lanze just zu diesem Zeitpunkt in der Silberkammer von Sankt Mauritius befand? Seit unserer Ankunft hat er keinen Fuß vor das Burgtor
gesetzt, bis ich ihn an jenem Tag nach Egininkisrod schickte. Dafür verbürge ich …«
    Bandolf stockte.
    »Die Silberkammer«, murmelte er. Süßer Jesus, wie hatte er das übersehen können?
    Mit schmalen Augen starrte Bandolf ins Leere.
    Die Silberkammer … Natürlich war er im höchsten Maße erzürnt … Hoher Besuch im Kloster … Die Beständigkeit eines Kaiserreichs … Da war ein Geruch … Kurz darauf trug er das silberne Amulett … Der Balken im Auge des Priors … Besuch im Kloster … Besuch … Die Beständigkeit eines Kaiserreichs … Worms … Die Lanze des Mauritius … Ein Kaiserreich …
    Plötzlich schienen sich all die noch losen Fädchen nahtlos aneinanderzureihen und ergaben zusammengefügt ein perfides Ganzes, das Bandolf einen scharfen Laut entlockte.

KAPITEL 24
    Worms, 7. Juli im Jahre des Herrn 1066
     
    H errje!«, entfuhr es Garsende, und sie starrte den Holzsplitter in ihrem Daumen so ungehalten an, als trüge er allein die Schuld an ihrer misslichen Lage. Ärgerlich zupfte sie mit den Nägeln daran, bis der winzige Span mit ein paar Tropfen Blut aus ihrer Haut glitt.
    »Was hast du?«, fragte Matthäa.
    An ihrem Daumen saugend, sah Garsende auf. Matthäa war damit beschäftigt, die Suppe im Kessel mit getrockneten Kräutern zu versehen, während Garsende zu ihren Füßen kniete, um Feuerholz unter dem Dreifuß nachzulegen.
    »Ich hatte nur einen Splitter im Finger«, erwiderte sie und warf der Burggräfin einen prüfenden Blick zu.
    Es gehe ihr gut, Garsende mache sich unnötige Sorgen, sie sei wohlauf, war stets Matthäas Antwort, wenn sie sich nach ihrem Befinden erkundigte. Doch die dunklen Schatten unter ihren Augen, die blassen Wangen und das gezwungene Lächeln, mit dem sie den forschenden Blick der Heilerin erwiderte, verrieten ihre Erschöpfung. Wann immer Garsende in der Nacht aufwachte, hörte sie, wie Matthäa sich unruhig auf ihrem Lager wälzte. Es mochte die Last ihres Leibes sein, der ihr unbequem wurde, und die Sommerhitze, die sich zusammen mit dem Qualm des
Herdfeuers in der Kapelle staute. Hauptsächlich war es jedoch die Angst um ihr Kind, die Bedrückung der Gefangenschaft und die Ungewissheit um ihr Schicksal, die die Burggräfin nicht zur Ruhe kommen ließen, dessen war sich Garsende sicher.
    Um Matthäas Sorge nicht noch zu verstärken, hatte sie bislang über ihre Befürchtung geschwiegen, dass ihr Kind früher als erwartet geboren werden könnte.
    ›Zumal ich mir dessen auch nicht sicher sein kann‹, versuchte sich Garsende selbst zu beschwichtigen. Doch im Grunde ihres Herzen wusste die Heilerin es besser. Matthäas Leib hatte sich bereits abgesenkt, daran war nichts zu deuteln. Und wenn das Kind zu früh käme, welche Aussicht hatte es dann zu überleben? Selbst wenn die Söldner es verschonen sollten, was Garsende bezweifelte.
    Mit einem unterdrückten Seufzen wandte sich die Heilerin wieder dem Herdfeuer zu.
    Ob mit oder ohne Hilfe, sie mussten fort von hier. Aber wie?
    Während sie Scheit um Scheit nachlegte, warf Garsende einen Blick zu den Männern hinüber, die müßig in Pfortennähe herumzulungern schienen.
    Der Eindruck täuschte.
    Die Pforte war der einzige Zugang zur Kapelle, und wann immer sie oder Matthäa ihr zu nahe kamen, war einer der Söldner sofort zur Stelle. Bevor Garsende gefangen genommen worden war, hatte die Burggräfin zweimal versucht, zu entkommen, weil sie geglaubt hatte, ihre Wächter wären unaufmerksam. Sie war nicht einmal bis zur Pforte gekommen.
    Obwohl gelegentlich der eine oder andere der Männer die Kapelle für einige Zeit verließ, blieben immer zwei zurück, die die beiden Frauen im Auge behielten. Und auch
das runde Fenster über dem Altar bot keine Fluchtmöglichkeit. Es lag zu hoch, um hinaufklettern zu können, und war zu klein, als dass Matthäa sich in ihrem Zustand hätte hindurchzwängen können.
    Es war den beiden Frauen erlaubt, ihre Notdurft unter Bewachung draußen zu verrichten, und Garsende hatte die Gelegenheiten genutzt, sich gründlich umzusehen. Zu ihrer Enttäuschung gab es jedoch nicht viel zu sehen.

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