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Das Geheimnis der Burggräfin - Roman

Das Geheimnis der Burggräfin - Roman

Titel: Das Geheimnis der Burggräfin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag <München>
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gesagt hat«, bestätigte Werno.
    »Hast du gefragt, ob deine Herrin dort womöglich erwähnt
hat, dass sie hernach noch anderswo einen Besuch machen wollte?«
    Der Hausmeier schüttelte den Kopf. »Wie hätte sie das denn können, wo sie doch gar nicht dort war?«
    Garsende spürte, wie ihr das Blut aus dem Gesicht wich. »Sie war gar nicht dort?« Zorn mischte sich in ihre Stimme. »Und das hast du vergessen zu erwähnen?«
    »Je nun«, Wernos Gesicht färbte sich rot bis hinauf zu seinem kahlen Schädel. »Ich dacht’, ich hätt’s gesagt.«
    ›Heilige Muttergottes!‹, fuhr es Garsende durch den Kopf. ›Schon ein voller Tag, und niemand hat sie gesehen?‹ Das flaue Gefühl in ihrem Magen wuchs sich zum Knoten aus, und für einen Augenblick schien ihr Kopf völlig leer zu sein, während die Hauseigenen sie erwartungsvoll und Hilfe suchend anstarrten.
    ›Herrje, denk nach!‹, befahl sie sich und drängte mühsam das Schreckensbild einer Matthäa zurück, die zusammengekrümmt in viel zu frühen Wehen in irgendeinem verlassenen Winkel der Stadt kauerte. Was war nur passiert? Sie hatte doch gesehen, wie die Burggräfin in die Zwerchgasse eingebogen war. Und dann? Wohin konnte Matthäa gegangen sein, wenn sie nicht bei der Witwe eingetroffen war? Hatte sie ein anderes Ziel im Auge gehabt? Aber warum hatte sie das nicht gesagt? Die Burggräfin war ihr keine Rechenschaft schuldig, es gab keinen Grund, warum sie Garsende hätte belügen sollen. Vielleicht hatte sie sich aber auch erst unterwegs anderweitig besonnen? Oder war sie womöglich auf dem kurzen Weg überfallen worden? Hatte man sie verletzt und in einen dunklen Winkel gezerrt? Am helllichten Tag? Garsende schüttelte den Kopf. Schwerlich, wenn die Burggräfin den direkten Weg genommen hatte. Die Gassen waren in jenem Viertel auch in den frühen Morgenstunden belebt. Jedermann in Worms kannte die
Burggräfin und würde doch nicht wagen … oder doch? Und wenn es nun ein Fremder gewesen war?
    Aber solche Gedanken waren jetzt nicht hilfreich.
    Mit einer heftigen Bewegung warf Garsende den langen Zopf zurück, der ihr über die Schulter gefallen war, und straffte sich.
    »Du wirst mit den Knechten noch einmal die Gassen in weitem Umkreis absuchen, vom Kratzwinkel bis hinauf zur Korngasse«, erklärte sie dem Hausmeier, der trübselig vor sich hinstarrte. Sie hoffte, dass ihre Stimme fester klang, als sie sich fühlte. »Teilt euch auf und sucht jeden Winkel ab. Fragt die Leute auf den Gassen, ob sie die Burggräfin gesehen haben. Erkundigt euch in den Wirtshäusern und klopft an die Türen.«
    Werno schien Einwände zu haben, doch Garsende ließ ihn nicht zu Wort kommen. Mit einer harschen Geste scheuchte sie ihn aus der Halle und wandte sich dann an die beiden Mägde. »Filiberta, du läufst zur Kirche Sankt Magnus und zum Stift Sankt Andreas und fragst, ob man sie dort gesehen hat. Und bitte die Brüder um Hilfe bei der Suche.«
    Filiberta stieß ein erleichtertes Seufzen aus und nickte. »Hildrun, du tust dasselbe in Sankt Paulus und Sankt Martin. Und dass du nicht trödelst, hörst du?«
    »Als würd’ ich’s nicht besser wissen«, murrte das junge Ding und trollte sich mit sichtlich gekränkter Miene.
    »Werdet Ihr hierbleiben, damit meine Herrin die Halle nicht leer vorfindet, wenn sie heimkommt?«, wollte Filiberta wissen.
    Garsende schüttelte den Kopf. »Ich gehe zur Bischofspfalz und erkundige mich dort. Und zum Domstift.« Mehr zu sich selbst fügte sie hinzu: »Der Bruder Scholasticus ist dem Burggrafen zugeneigt, womöglich weiß er auch mir einen guten Rat.«

    Schon an der Tür, wandte sich Filiberta noch einmal um. »Und wenn wir meine Herrin trotz allem nicht finden?« Ihre Stimme klang ängstlich.
    ›Dann wird mich der Burggraf auf kleiner Flamme rösten. Und täte recht daran‹, dachte Garsende.
    Sie zwang sich zu einem zuversichtlichen Lächeln. »Nur keine Bange«, sagte sie. »Wir werden sie finden.«

KAPITEL 8
    Worms, 2. Juli im Jahre des Herrn 1066
     
    N iedergeschlagen ließ Garsende die Feder sinken und starrte auf die Zeilen, die sie mit ungeübter Hand verfasst hatte. Die Buchstaben verschwammen vor ihren Augen. Schließlich rollte sie das kleine Stück Pergament zusammen und träufelte ein wenig Siegelwachs aus dem Vorrat des Burggrafen darüber, bevor sie die Rolle dem Boten überreichte, den sie gemietet hatte.
    »Du weißt, was du zu tun hast?«
    Der Bote nickte. »Ich bringe die Botschaft in den Harudengau im

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