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Das Geheimnis der Burggräfin - Roman

Das Geheimnis der Burggräfin - Roman

Titel: Das Geheimnis der Burggräfin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag <München>
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entgangen war, aber Ragnolds Unmut erregt hatte. Zwar konnte sie den gedrungenen Mann nicht mehr sehen, weil Lothar ihr die Sicht versperrte, aber sie hörte die Abneigung in seiner Stimme, als er antwortete:
    »Ihr seid erst gestern in der Stadt angekommen und maßt Euch schon an, mir Ratschläge zu erteilen? Der geheimnisumwitterte Falke, die rechte Hand der Fürsten? Pah! Nun seid Ihr nicht mehr als ein vogelfreier Streuner. Merkt Euch wohl, Falke, Ihr mögt Euch in Burgund um Graf Odos Vertrauen verdient gemacht haben, aber hier habe ich das Sagen.«
    Lothar neigte den Kopf, und obwohl Garsende sein Gesicht nicht sah, wusste sie, dass er lächelte.
    »Natürlich«, pflichtete er mit weicher Stimme bei.
»Aber Ihr seid ein kluger Mann und werdet keinen übereilten Entschluss fällen. Gewiss ist Euch bereits selbst der Gedanke gekommen, dass sie uns noch nützlich sein könnte.«
    »Meint Ihr, ja?«
    »Nun, Ihr habt es zwar zuwege gebracht, den Tod der Burggräfin vorzutäuschen und somit der Suche nach ihr ein Ende zu bereiten. Doch was geschieht, wenn die Nachricht über ihren Tod den Burggrafen in Sachsen erreicht? Schließlich sprechen wir hier nicht nur über den Tod seiner Gemahlin, sondern auch über den Tod seines Erben, den sie womöglich zur Welt brächte.« Leise lachte er. »Ich hatte das zweifelhafte Vergnügen, den Mann kennenzulernen. Glaubt mir, Ragnold, sobald Bandolf von Leyen vom Ableben seiner Gemahlin hört, wird er sich den nächstbesten Gaul nehmen und nach Worms kommen. Und dann wird binnen Kurzem hier kein Stein mehr auf dem anderen stehen. Dessen seid versichert.«
    Heilige Maria Muttergottes! Sie hatte recht gehabt. Diese Männer hielten Matthäa irgendwo gefangen! Und sie lebte!
    Schwach vor Erleichterung schloss Garsende für einen Moment die Augen. Doch sogleich flackerte neue Furcht in ihr auf. Wie lange würde Matthäa noch am Leben bleiben? Diese Männer verhandelten über den Tod der Burggräfin. Allmächtiger! Wie konnte sie das nur verhindern?
    Wie wild gewordene Bienen summten Fragen in ihrem Kopf herum: Warum hatten diese Männer Matthäa entführt? Wo hielten sie sie gefangen? War sie wohlauf? Und das Kind? Was war hier nur im Gange? Was wollten diese Männer von der Burggräfin? Und was, zur Hölle, hatte Lothar von Kalborn mit all dem zu schaffen?
    Die verzagte Stimme des jungen Winand drang in den
Wirrwarr ihrer Gedanken. »Der Falke hat recht. Bandolf von Leyen ist so hartnäckig wie – «
    »Verdammnis! Bin ich hier von alten Weibern umgeben? «, polterte Ragnold. »Was soll dieses hasenfüßige Geschwafel? Der Mann sitzt in Sachsen. Und er wird sich dort auch nicht wegrühren. Dafür haben wir bereits gesorgt.«
    »Wir?«, erkundigte sich Lothar. »Stillt meine Neugier: Wer hat dafür gesorgt?«
    »Das müsst Ihr nicht wissen«, blaffte Ragnold.
    Lothar zuckte mit den Schultern. Dann begann er gemächlich, sich von Garsendes und Joschuas Versteck zu entfernen und gab ihr den Blick auf die Männer wieder frei.
    Offenkundig beunruhigt, trat der junge Winand von einem Fuß auf den anderen, während jeder Zoll von Ragnolds gedrungener Gestalt Feindseligkeit auszudrücken schien. Der Welsche hingegen war aus Garsendes Blickfeld verschwunden. Vorsichtig reckte sie den Hals, konnte ihn aber nirgends entdecken.
    Eine gute Armeslänge vor Ragnold blieb Lothar stehen. »Mir kommt da in den Sinn …« Er verstummte und schüttelte den Kopf.
    »Was?«, knurrte Ragnold.
    »Es ist belanglos«, winkte Lothar ab.
    »Heraus damit!«
    »Mir ging lediglich durch den Kopf, dass es schwer sein dürfte, den Beweis dafür zu erbringen, dass die Burggräfin noch lebt, wenn sie erst einmal tot ist.«
    »Einen solchen Beweis wird es nicht brauchen«, erklärte Ragnold.
    Wieder zuckte Lothar mit den Schultern. »Wie ich schon sagte, es ist ohne Belang.«
    Mit zusammengekniffenen Augen starrte Ragnold ihn an. Sein breiter Kiefer mahlte. Dann wandte er sich langsam
ab und murmelte etwas, das Garsende nicht verstehen konnte. Angespannt schob sie sich ein weiteres Stück nach vorne.
    »Wo ist Thierry de Savosaint?«, fragte der junge Winand plötzlich.
    »Er ist mit den Knechten zum Hafen zurück, um den Bootsmann zu entlohnen«, gab Lothar zur Antwort. »Er wird uns später im Quartier des – «, hörte Garsende noch, als Joschua sie plötzlich heftig am Ärmel zog.
    Erschrocken fuhr sie herum.
    Für einen Augenblick sah sie die angsterfüllten, weit aufgerissenen Augen des jungen Juden. Seine

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