Das Geheimnis der Burgruine
uns«, sagte Isabel, während die Männer die Geräte in den groÃen ehemaligen Kuhstall schleppten.
Die Frau meinte Leo. In einem kleinen Stall, der stabil gebaut war wie ein Gefängnis, hatten sie ihn eingesperrt und zusätzlich mit einer in die Wand eingelassenen Stahlkette gefesselt. An einem Ende mündete die Kette in eine von Antons Handschellen, die sich um Leos Knöchel spannte und hart ins Fleisch schnitt.
Leo hatte eine breite Holzbank, die vordem ihren Platz beim Küchengarten gehabt hatte, als Bettstatt. Dazu hatten sie ihm zwei zerlumpte Decken überlassen für die Nacht. Der Boden in diesem Verlies war bedeckt mit jahrealtem, fauligem Stroh.
Der Schüler war seelisch am Boden zerstört. Denn sie hatten ihm gesagt, dass es Wochen dauern könne, bis er freigelassen werde.
Was er nicht ahnte, war die Ãberlegung dahinter: Das Quartett wollte zuallererst die unterirdische Schatzkammer plündern und mit diesen Kostbarkeiten auÃer Landes abhauen. Erst aus sicherer Ferne sollte dann ein anonymer Anruf bei der Polizei eingehen - mit dem Hinweis auf Leos Verbleib. Allerdings: Jeder der vier Gangster wusste, dass dieser Anruf keineswegs garantiert war. Es würde abhängen von ihrer Stimmung, ihrer Zufriedenheit mit der mittelalterlichen Beute.
Für Leo konnte das bedeuten, dass ihm ein grausiges Schicksal bevorstand: durch Verschmachten im ehemaligen Schweinestall.
Wohl noch nie hatte jemand sein kriminelles Vorhaben so bitter bereut.
15. Katastrophe am Hindernis
Für den restlichen Nachmittag arbeiteten TKKG mit Hochdruck in den Katakomben am Hindernis. Auch Tim hatte inzwischen Schwielen an den Händen. Aber er kam gut voran mit der Brechstange. Mehr als zwei Drittel des Nadelöhrs waren zum »bekriechbaren« Tunnel erweitert und mit den Brettern vom Ansitz abgestützt.
»Wenn es so weitergeht«, prophezeite Tim, »schaffen wir morgen den Durchbruch.«
Spätnachmittags riefen sie Wespe an. Er teilte mit, dass die Observierung ( Beschattung ) der mutmaÃlichen Geldübergabe-Lokalitäten im Hauptbahnhof nichts erbracht hatte. Keiner vom Quartett, auf den eine der Beschreibungen passte, war aufgetaucht. Und Leo schon gar nicht.
»Das heiÃt«, stellte Gaby fest, nachdem Tim sein Handy ausgeschaltet hatte, »sie haben Leo erwischt. Das macht mir Gänsehaut.«
Tim nickte. »Die vier Typen lassen sich bestimmt nicht in die Suppe spucken. Allerdings wäre es Wahnsinn, ihn umzubringen. Wie eine solche Tat natürlich immer der reine Wahnsinn ist. Ich will da um Himmels willen keine Unterscheidung treffen.«
»Das Quartett macht offensichtlich Raubzüge«, sagte Karl. »Es sind keine hiesigen Ganoven und wahrscheinlich putzen sie irgendwann wieder die Platte. Wenn sie ihn bis dahin einsperren, würde das völlig genügen. Vorausgesetzt, sie haben dazu eine Möglichkeit.«
»Wenn sie in einem Hotel oder einer Pension wohnen«, nickte Tim, »geht das natürlich nicht. Aber ich tippe eher, sie haben sich ein unauffälliges Haus gemietet. Wespe wird ohnehin eine Art Fahndungsblatt als Rundschreiben an die Hotellerie schicken.«
»Vielleicht bringt die Fahndung was«, meinte KlöÃchen. »Aber wenn morgen das Phantombild in den Zeitungen veröffentlicht wird, könnte das dazu führen, dass zumindest dieser Sterbenskranke vorsichtig ist und sich nicht mehr blicken lässt.«
»Wahrscheinlich lesen sie keine Zeitung«, grinste Karl.
In der Nacht schlug das Wetter um. Der Mittwoch zeigte einen tief hängenden Himmel mit grauen und fast schwarzen Wolken. Die Sonne hatte eingepackt. Aber es sollte wenigstens nicht regnen.
TKKG waren schon um halb zwei am Hindernis unter der Erde. Tim kroch tief ins Nadelöhr, wobei er die Brechstange vor sich herschob. Die Arbeit war grob und man saute sich ein. Deshalb hatte der TKKG-Häuptling, der fast allein für die Schwerarbeit zuständig war, einen alten Overall mitgebracht und sich jedes Mal vor der Arbeit umgezogen. Jeans, Sweatshirt und Jacke lagen unten auf einem Felsblock.
Tim arbeitete wie besessen. Schutt und Wasser rieselten auf ihn herab. Mit einem Spaten, dessen Stiel auf 30 Zentimeter verkürzt war, schaufelte er den Schutt aus dem Tunnel.
Dann - um 14.51 Uhr - nach einem kraftvollen Stoà mit der Brechstange war der Durchbruch geschafft.
Schutt und Gesteinsbrocken fielen auf der anderen Seite des
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