Das Geheimnis der Contessa - Historischer Roman
ernst. Es ließ keinen Zweifel daran aufkommen, dass er den Genuss dieser Pilze missbilligte.
»Ihr habt tief geschlafen, Sua Altezza. Zu tief. Wir konnten Euch nicht wecken. Euer Sohn hat mich gebeten, nach Euch zu sehen.«
Di Nanini fiel es schwer, sich in der Wirklichkeit des neuen Tages zurechtzufinden. Er wusste, es waren zu viele Pilze gewesen.
»Die Gäste aus Rom sind zur Abreise bereit«, sagte Umberto leise und wies mit dem Kopf zum Fenster, »könnt Ihr sie verabschieden, oder soll ich Euch entschuldigen?«
Unwillig knurrte der Fürst etwas, dann schlug er energisch das Laken zurück und setzte sich auf. Schweigend half sein Lieblingsdiener di Nanini beim Ankleiden. Der Principe machte einen Schritt zum Fenster. Cassandra stand bereits vor ihrer Kutsche; Fabrizio war an ihrer Seite und trat von einem Bein auf das andere. Sie neckte ihn und versuchte, lustig zu sein, aber er quittierte alle ihre Versuche mit missmutigen Blicken.
Am Vorabend war die Hochzeit zum kommenden Osterfest beschlossen worden. Seitdem trug Fabrizio eine Miene, wie sie finsterer nicht sein könnte. Als er seiner Braut nun zum Abschied die Hand küsste, murmelte er:
»Man kann mich zwingen, Euch zu heiraten, aber man kann mich nicht zwingen, Euch zu meinem Weib zu machen.«
Er wusste, er verletzte Cassandra mit seinen Worten, aber seine eigene Seele war so sehr verwundet, dass er nicht anders konnte, als auch ihr weh zu tun. Die junge Frau sah ihn nachdenklich an. Dann entzog sie ihm langsam ihre Hand und bestieg die Kutsche. Fabrizio wollte sich schon abwenden, da drehte sie sich um. Ihre Augen blitzten kalt.
»Ich würde mich eher mit einem Hund paaren als mit dir«, sagte sie so laut, dass es die umstehenden Diener hören konnten. Dann raffte sie ihre Röcke, der Diener schloss die Tür.
Fabrizios Wangen brannten vor Scham, als wäre er gerade geohrfeigt worden. Als sich eine Hand auf seine Schulter legte, zuckte er zusammen. Es war sein Vater. Dankbar für diese unerwartete Geste wurde sein Gesicht weich; er lächelte. Nachdem auch der Principe seine Gäste verabschiedet und sich der Tross in Bewegung gesetzt hatte, nahm di Nanini seinen Sohn beiseite.
»Ich weiß, wie es ist, eine ungeliebte Frau zu heiraten, glaub mir. Aber ich weiß auch, was daraus an Gutem erwachsen kann. Wenn du eines Tages einen Sohn hast, wirst du mein Handeln verstehen, du wirst dich meiner Worte erinnern.«
Der Fürst blickte in den Himmel. Die Sonne hatte wenig Kraft, aber ihr Herbstlicht war wunderschön.
»Lass uns ausreiten, Fabrizio. Wir waren lange nicht mehr gemeinsam unterwegs.«
Fabrizio nickte und begab sich auf direktem Weg zu den Stallungen. Er wusste, das war kein Wunsch, sondern ein Befehl gewesen.
»Rosenwasser? Magdalena, ich bitte dich!«
Bella sah zu Massimo auf. Der Koch schüttelte energisch den Kopf und sah sie tadelnd an.
»Wir sind hier nicht in Rom. Ich glaube fast, der Besuch der Familie Medici hat dir den Verstand geraubt. Es gibt kein Rosenwasser, basta.«
Das Mädchen stampfte unwillig mit dem Fuß auf.
»Gianni hatte auch Rosenwasser«, antwortete sie, und Tränen der Wut krochen in ihr hoch. »Gianni … in Lucca …«
Der Koch trat auf sie zu, und Bella verstummte. Sein Gesicht war rot vor Wut, und seine Augen hatten sich zu schmalen Schlitzen verengt. Er beugte sich zu ihr herab und flüsterte:
»Erwähne diesen Namen nie wieder. Nie wieder, hörst du? Wie soll ich dich schützen, wenn du deine Herkunft preisgibst? Es gibt keinen Gianni und keine Küche in Lucca – es gibt nur dich. Verstanden?«
Bella nickte. Ihr einziges Anliegen war es gewesen, die Speise für den Principe so vollkommen wie möglich zu machen. Dass sie sich mit ihren Worten in Gefahr brachte – daran hatte sie nicht gedacht.
»Es tut mir leid«, sagte sie leise und berührte Massimos Hand, »du hast Recht. Ich habe nur die Speisen im Sinn gehabt.«
Massimo betrachtete das Mädchen mit den honigblonden Haaren, das mit gesenktem Kopf vor ihm stand. Sie will wirklich nur das Beste für die Tafel, dachte er. Darüber vergisst sie jede Vorsicht. Und das Rosenwasser ist eine wunderbare Idee …
»Du hast einen ausgewählten Geschmack«, sagte er in versöhnlichem Ton, »und es ist sowohl mutig als auch richtig, die Tauben damit zu benetzen. Wir machen es, wie du vorgeschlagen hast – aber wir verraten es nicht. Sonst will der Principe ab heute nur noch Rosenwasser an seinen Speisen. Seine Zunge ist nämlich ebenso fein wie deine,
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