Das Geheimnis der Götter
hatte, die Isis angreifen wollte. Erstaunlich geschickt grub sie ihre Fänge in den Hals des Reptils und tötete es mit einem einzigen Biss.
Die Oberpriesterin von Bubastis war ganz verwirrt – noch nie zuvor hatte eine Schlange dieses Heiligtum entweiht.
»Die Katze der Sonne hat die Schlange der Finsternis besiegt«, sagte Isis. »Führe mich in die Kapelle der Göttin Bastet.«
Die Kapelle wurde von sieben Pfeilen beschützt, die Isis einen nach dem anderen in den Himmel schoss.
Sie zischten weg und bildeten einen langen Lichtschweif, der das Himmelsblau wie einen Vorhang zerriss und dann vor der Kapelle wieder auf die Erde fiel. Nun konnte Isis die bronzene Tür öffnen.
Im Inneren der Kapelle stand eine Truhe.
»Ich sehe die Kräfte, die du enthältst, ich verbinde die Macht von Seth mit der des Feindes, damit sie keinen Teil von Osiris’
Körper verletzen können.«
Mit Hilfe der Pfeilspitze, die gleichzeitig einfach und siebenfach war, öffnete Isis das Schloss.
Dann nahm sie vier Ritualstoffe aus der Truhe. Diese entsprachen den vier Himmelsrichtungen und standen für das zum Ruhme des Auferstandenen wiedervereinigte Ägypten –
mit diesen Stoffen sollte die Mumie des Osiris umhüllt werden.
»Wenn das Ritual von Abydos gefeiert wurde, bekommst du sie zurück«, versprach Isis der Oberpriesterin.
»Der Dieb, der das Buch der himmlischen Fenster gestohlen hat, wird es gegen Euch verwenden!«
»Mach dir keine Sorgen, er kommt nicht weit. Und ich lasse dir eine zweite Ausgabe dieser Schrift schicken.«
Die bildschöne Katze verlangte gestreichelt zu werden, was Isis gern tat, ehe sie wieder an Bord ihres Schiffes ging. Der Mann im Ausguck meldete, dass er etwas
Ungewöhnliches entdeckt hätte.
Im Wasser trieb der Leichnam des Priesters, der sich an den Propheten verkauft hatte. Seine rechte Hand hielt noch immer einen durchnässten, unleserlich gewordenen Papyrus umklammert.
36
Schatzmeister Senânkh legte größten Wert auf Ordnung und Planung. Dementsprechend war sein Amt ein Vorbild an Anstand und Sauberkeit. Jeder Beamte wusste genau, was er zu tun hatte, und die Pflichten kamen stets vor den Rechten. Nichts empörte Senânkh mehr als kleine Vorgesetzte, die versuchten, ihre Stellung zum Nachteil anderer, vor allem steuerpflichtiger Bürger, auszunützen. Irgendwann machte er sie immer ausfindig und setzte ihrer Laufbahn ein plötzliches Ende. Niemand wurde auf Lebenszeit eingestellt, keiner konnte faulenzen. Und alle zusammen wussten, dass sie für den Wohlstand der Zwei Länder verantwortlich waren. Als fünf Männer eines der Archive des Ministeriums stürmten, glaubte der Verwalter seinen Augen nicht zu trauen. Nachdem sie eine Wache und zwei Schreiber getötet hatten, machten sie den Unglücklichen handlungsunfähig, indem sie ihn mit einem Messer bedrohten, zerfetzten Dutzende von Rechnungsrollen, entfachten einen Brand und flüchteten. Der Verwalter dachte nicht an seine eigene Sicherheit, riss sich den Umhang vom Leib, um das Feuer zu löschen, und schrie um Hilfe. Weil er nicht mit ansehen konnte, wie die kostbaren Schriften ein Raub der Flammen wurden, verbrannte er sich Hände und Arme und wäre umgekommen, wäre nicht schnell Hilfe eingetroffen.
Da er angeblich mit dem Tod rang, arbeitete Wesir Sobek nur mit einer kleinen Zahl von besonders treuen Angestellten, die er selbst ausgebildet hatte, als er die Sicherheitskräfte neu formiert hatte.
Sie waren verschwiegen, fähig und einsatzstark und verehrten ihren Herrn abgöttisch.
»Das war ein besonders Aufsehen erregender Anschlag der Aufständischen«, meinte einer von ihnen zum Abschluss seines ausführlichen Berichts. »Glücklicherweise schweben die Verletzten nicht in Lebensgefahr. Diese finstere Tat hat einen der Widerständischen so erschüttert, dass er uns in einem Brief die Täter verraten hat. Wir wissen, wer die Schuldigen sind und wo sie sich versteckt halten.«
»Ist das glaubhaft?«, wollte Sobek wissen.
»Ja, wir haben die Sache überprüft. Gehe ich recht in der Annahme, dass wir so weitermachen wie bisher und nicht eingreifen?«
Der Wesir dachte nach.
»Sonst gab es immer eine ganze Reihe von Anschlägen. Diesmal nun einen einzelnen und diesen Verräter. Etwas Neues also! Eine Probe vielleicht… Ja, das muss es sein! Der Herr über die Aufständischen will wissen, wie schlagkräftig wir wirklich sind. Sollten wir trotz des gefundenen Fressens untätig bleiben, weiß er, dass wir ihm eine Falle
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