Das Geheimnis der Götter
seinem ganzen Weg begegnete er keinem, der ein möglicher Helfershelfer hätte sein können, und kehrte dann in seine Behausung zurück, wo ihn ein einfaches Mahl erwartete. Sekari war beschämt und hätte sich eigentlich zurückziehen müssen.
Aber seine innere Stimme befahl ihm, sich nicht von der Stelle zu rühren.
Dann wurde er Zeuge eines erstaunlichen Schauspiels. Offenbar in einem Anfall von Wut stürzte der Diener des ka plötzlich aus seinem Haus, zerbrach eine hölzerne Tafel in tausend Stücke und verscharrte sie mit den Füßen in der Erde. Sekari wartete, bis der Ritualist gegangen war, sammelte dann die zerbrochenen Teile ein und setzte das Brett wieder zusammen.
Es trug ein säuberlich eingeritztes Zeichen, das unschwer zu erkennen war: den Kopf von Seths Tier mit seiner langen Okapi-Schnauze und den aufgestellten Ohren – das Erkennungszeichen der Anhänger des Propheten.
MONAT KHOIAK
Einundzwanzigster Tag (9. November)
ABYDOS
Dieser entscheidende und gefährliche Tag war der Zeitpunkt, an dem alle Gottheiten den Himmel betraten und der pflanzliche Osiris zu keimen aufhörte.
Isis und Nephthys nahmen den Stein weg, der eine Öffnung im Dach der Kapelle verdeckte, in der sich die Schale befand, die seit dem zwölften Khoiak mit dem Wasser des Nun begossen wurde.
Die Verbindung zwischen den drei Osiris dauerte an. Nun musste ein schwieriges Unterfangen versucht werden: Sie mussten die aus zwei Teilen zusammengesetzte goldene Schale aus der schwarzen Bronzewanne herausholen.
Sollte sie dabei Sprünge bekommen, war die Hoffnung dahin. Mit ernster Miene und sicherer Hand prüfte Isis die Schale, konnte aber keine Fehler entdecken. Nachdem sie die beiden Teile mit Weihrauch überzogen hatte, band sie sie mit vier Schnüren aus Papyrus fest zusammen.
Auf diese Weise drohten der Kehle, der Brust und der weißen Krone, die die Mumie trug, keine weiteren Veränderungen. Die Sonne schickte ihre Strahlen zu der Schale, der Wanne und dem pflanzlichen Osiris.
»Ruh dich ein wenig aus«, empfahl ihr Nephthys. »Du bist ganz erschöpft.«
Isis betrachtete Iker.
»Wenn er vom Tod befreit ist, werde ich mich an seiner Seite ausruhen.«
Erschüttert sah der Kahle die Tafel an, die Sekari zusammengesetzt hatte.
»Der Diener des ka soll ein Gehilfe des Propheten sein… Das kann ich einfach nicht glauben!«
»Aber hier ist der Beweis«, wiederholte Sekari.
»Hatte er Helfershelfer?«
»Ich glaube nicht, aber ich werde ihn weiterhin ständig überwachen.«
»Wäre es nicht besser, man ließe ihn festnehmen und brächte ihn zum Reden?«
»Der Mann scheint ziemlich zäh zu sein – er würde schweigen. Ich möchte ihn lieber sein nächstes Verbrechen vorbereiten lassen und dann auf frischer Tat ertappen.«
»Das ist aber sehr gefährlich, Sekari!«
»Mach dir keine Sorgen, er entkommt mir nicht. Und bitte Bega, wachsam zu sein. Falls er irgendetwas Verdächtiges bemerkt, soll er uns sofort verständigen.«
MONAT KHOIAK
Am selben Tag
MEMPHIS
In Memphis war wieder Alltag eingekehrt; die Stadt ahnte nichts von der schrecklichen Gefahr, die ihr drohte. Sobald der Sondertrupp von seinem Einsatz zurück war, begab sich General Nesmontu zum König.
»Es gibt keine Spur vom Propheten, Majestät. Der Steinbruch im Roten Gebirge ist geschlossen und verlassen. Meine Jungen waren äußerst vorsichtig, haben aber keine Spur von Menschen entdeckt. Wie Ihr es befohlen habt, haben unsere Soldaten das Gelände abgeriegelt. Sollte sich der Prophet doch dort versteckt halten, kann er nicht auf Hilfe von außen rechnen.«
»Er versteckt sich dort, das ist ganz sicher«, beharrte Sesostris, »und niemand könnte ihn entdecken, solange er sich nicht zeigt.«
»Wartet dieses Ungeheuer vielleicht den fünfundzwanzigsten Khoiak ab?«
»Wahrscheinlich«, stimmte ihm der Pharao zu. »Durch seinen Gehilfen, einen ständigen Priester aus Abydos, weiß er, wie die Mysterienfeier verläuft. Gelingt es Isis am dreiundzwanzigsten, das rote Werk zu vollenden, werden alle Felsen im ganzen Land mit neuer Kraft aufgeladen, und der Kessel bekommt wieder Kraft und Stärke. Am
vierundzwanzigsten wird Seth versuchen, eines der wesentlichen Bestandteile des Rituals zu stehlen. Und am fünfundzwanzigsten schickt er seine Trupps zum Angriff auf Osiris los.«
»Wird es dem Kahlen und Sekari gelingen sie abzuwehren?«
»Das weiß ich nicht, Nesmontu, weil der Prophet das vernichtende Feuer erst am Morgen dieses Tages einsetzen
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